Hulamädchen auf Abwegen
Wasser.«
»Welche Art von Unfall?« fragte
Reid.
»Oh — Feuer zum Beispiel«,
versetzte Eddie freundlich. »In Sekundenschnelle wird Ihre ganze hübsche Jacht
bis zum Kiel niedergebrannt sein.«
Reid starrte mit dem Ausdruck
völliger Hoffnungslosigkeit zu Choy hinüber. »Und
wer«, fragte er schließlich, »fährt alles mit dem Motorboot und dem Gold mit?«
»Nur wir beide«, antwortete Choy bereitwillig, »Eddie und ich.«
»Und die übrigen?«
»Die Crew wird in ihren Kajüten
eingeschlossen«, erklärte Eddie, »und der Rest im Salon.« Er lachte leise. »Wir
sind fair, das müssen Sie uns lassen, Reid. Wir lassen Sie sterben wie den
rechtmäßigen Besitzer und Gentleman, mitsamt Ihren Untergebenen und so!«
Choy ging langsam auf Reid zu.
»Noch eins«, sagte er freundlich. »Sie kennen ja die chinesische Mentalität.
Wie Sie vorher ganz richtig bemerkten, sind wir Chinesen nicht nur gute Köche,
wir verfügen auch über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Wie du mir, so
ich dir. Altes chinesisches Sprichwort. Und wer ein Geschenk erhalten hat, muß
sich revanchieren.« Damit hob er seine Hand und schlug Reid mit sorgfältig
bemessener Wucht zweimal ins Gesicht. Dann trat er zurück und wartete mit dem
Ausdruck höflicher Erwartung auf Emersons Reaktion.
Reid ging in die Knie und
preßte beide Hände gegen die blutende Unterlippe. In seinen Augen stand nackte,
mit Entsetzen vermischte Angst.
»Wissen Sie, was?« Choys Bemerkung richtete sich an die Allgemeinheit. »Ich
glaube, er ist, verglichen mit anderen menschlichen Lebewesen, eine
ausgesprochene Fehlkonstruktion.«
Ich hatte immer noch den Whisky
in der Hand, den Eddie mir gegeben hatte. Bevor er es sich plötzlich anders
überlegte, stürzte ich ihn hastig hinunter und stellte das leere Glas auf die
Bar.
»Es ist an der Zeit, daß Sie
Virginia im Salon Gesellschaft leisten, Danny«, sagte Choy .
»Sie wird sich schon Sorgen um Sie machen!«
»Die Jacht wird verbrannt — wir
werden verbrannt — ich werde verbrannt? Entspricht das Ihrer Vorstellung?«
fragte ich.
»Tut mir leid«, bedauerte er.
»Und ich dachte, Sie könnten
mich ein bißchen leiden. Sie sagten, Sie hätten Respekt vor ehrlichen
Spitzbuben!«
»Hab’ ich auch, Danny«,
bestätigte er ernsthaft. »Aber alles zur rechten Zeit, wie ein anderes
chinesisches Sprichwort lautet. Die anderen haben ihren Platz im Salon. Und Sie
ebenfalls.«
»Vielen Dank«, sagte ich
bitter. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Eddie mit auf mich gerichteter
Waffe auf mich zukam. Unter dem Druck dieses Ereignisses ging ich gemessenen
Schrittes auf die Tür zu.
»Einen Augenblick!« rief Choy mir nach. »Einen kleinen Gefallen kann ich Ihnen noch
tun, Danny. Und ich tu’s gern.« Er zeigte auf Rochelle, der immer noch an
derselben Stelle regungslos am Boden lag wie vorher. Unter seinem Kopf hatte
sich eine Blutlache gebildet, die zusehends größer wurde.
»Meinen Sie nicht, er könnte
Ihnen im Salon Gesellschaft leisten? Oder der hier?« Er deutete auf Reid, der
sich ebenfalls noch in derselben Stellung befand. Er hielt sich die Hände vor
seine blutenden Lippen und starrte mit glasigem Blick ins Leere. Entweder war
er schon in Trance, oder er stand kurz davor.
»Nein«, dankte ich. »Ich verzichte!«
Er machte zwei Schritte auf ihn
zu, setzte Emerson Reid die Zweiunddreißiger an die
Schläfe und drückte ab. Noch während Reids Körper langsam in sich zusammensank,
drehte Choy sich um, kniete neben Rochelle nieder und
wiederholte die Prozedur. Er stand auf, klopfte sich sorgfältig den Staub von
der Hose und lächelte mir zu. »So«, sagte er. »Jetzt haben Sie freie Bahn für
die zauberhafte Virginia, Danny. Je näher der Tod ist, desto süßer erscheint
einem das Leben. Auch ein altes chinesisches Sprichwort.«
Plötzlich bekamen seine Augen
einen träumerischen Ausdruck. »Ich hatte selbst einmal viel mit ihr vor«,
meinte er versonnen. »Ich habe ein kleines, aber sehr hübsches Haus auf der
anderen Seite von Oahu . Es liegt ziemlich abgelegen,
und die wenigen dienstbaren Geister sorgen dafür, daß diese Zurückgezogenheit
nicht gestört wird. Daneben wollte ich ihr einen Bungalow errichten lassen, in
dem sie auf mich hätte warten können. Wir hätten Stunden herrlicher Zweisamkeit
dort verleben können.« Er seufzte und zuckte resigniert die Achseln. »Schade«,
sagte er beinahe traurig. »Aber andererseits kann ich mir mit dem Gold so viele
Bungalows leisten, wie ich will
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