Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
wählbar, nachdem sie sich genung in den Dienst hineingegessen hatten, wie die Maus in den holländischen Käs.
Nichts glich der tiefen Berathung, in welcher Wouter mit seinen würdigen Räthen dasaß, rauchend und duselnd über die öffentliche Angelegenheiten, ohne durch ein Wort die so nöthige feierliche Stille zu unterbrechen. – Unter ihrem nüchternen Scepter gedieh denn die werdende Colonie trefflich, erhob sie sich aus Sümpfen und Wäldern und bot den gemischten Anblick von Stadt und Land dar, wie heutzutage Washington, die große Hauptstadt, die einen so enormen Eindruck – auf dem Papier hervorbringt.
Es war ein erfreuliches Bild, welches in jenen Tagen die ehrlichen Bürger machten, wenn sie, wie die alten Patriarchen, auf der Bank vor der Hausthüre saßen unter dem Schatten eines riesenhaften Sykomorns oder überhängenden Weidenbaums. Hier rauchte man seine Pfeife an einem schwülen Nachmittag und labte sich an den kühlenden Lüftchen aus Süden, horchte mit stillem Vergnügen auf das Gakern der Hennen, das Schnattern der Gänse und das sonore Grunzen der Schweine, diese lieblichen Melodieen der Bauernhöfe, die man warlich für silbernen Klanges erklären kann, indem sie einen einträglichen Markt verkünden.
Es herrschte eine große Gleichheit der Gaben und Kenntnisse, eine große Einfalt der Sitten und Gebräuche. Niemand schien mehr zu wissen als sein Nachbar, und jeder hatte nur seine eignen Angelegenheiten im Kopfe; der Pfarrer und der Rathsschreiber waren die einzigen in der Gemeine, die lesen konnten, und der weise Van Twiller unterzeichnete seinen Namen immer nur mit einem Kreuz.
Und wie in den alten Tagen die Götter oft zu den Menschen herabstiegen, so kam, wie wir hören, der heilige Nicolaus in den ländlichen Zeiten Neu-Amsterdams oft über die Wipfel der Bäume fahrend oder auf den Dächern reitend, herab, an einem Sonntag Nachmittag, und zog prächtige Geschenke aus seinen Pumphosen und ließ sie in die Kamine seiner Lieblinge hinabfallen, statt daß er in dieser eisernen Zeit uns nur Einmal im Jahr besucht und nur den Kindern etwas schenkt, weil die Eltern so entartet sind.
Drittes Kapitel.
Wie die Stadt Neu-Amsterdam aus dem Schlamm emporstieg und gewaltig polirt und policirt wurde – mit einer Schilderung der Sitten unserer Ururväter.
Da der weise Rath wie im vorigen Kapitel bemerkt worden, nicht im Stande war, über einen Plan zum Bau der Stadt zu entscheiden, so nahmen dieß die Kühe auf sich; wenn sie nämlich auf die Weide und zurück gingen, machten sie ihre Pfade durch die Büsche, wo denn die guten Leute zu beiden Seiten ihre Häuser bauten, und dieß ist eine der Ursachen der sonderbaren und auch malerischen Windungen oder Labyrinthe, welche manche Straßen von Neu-York noch heutiges Tages beschreiben.
Der Bau der Häuser ist bekannt. Die vordere Thür wurde nie geöffnet, außer bei Hochzeiten, Leichenbegängnissen, am Neujahrstage, am Nicolausfest oder anderen Feiertagen. Das Haus war in einem Zustand beständiger Ueberschwemmungen, unter der Herrschaft der Wischer, Besen und Schrubber; die guten Hausfrauen waren dazumal eine Art von Amphibien, und ein Geschichtschreiber jener Zeit erzählt ganz ernsthaft, daß sie Schwimmhäute zwischen den Fingern gehabt, ja von einigen sagt er sogar, daß sie in einen Fischleib ausgelaufen seyen, welches ich indessen für eine Einbildung oder für absichtliche Ungebühr halten muß.
Das große Besuchzimmer war das Allerheiligste, wo die Leidenschaft des Reinigens alles Maaß überschreiten durfte. In dieses heilige Gemach durfte Niemand treten, außer einmal in der Woche die Hausfrau und ihre vertraute Magd, um es durchaus zu reinigen und alles wieder zurecht zu rücken – immer beobachteten sie die Vorsicht, die Schuhe an der Thüre auszuziehen und andächtig nur in den Strümpfen hereinzukommen. Nachdem sie den Boden gerieben, ihn mit seinem weißen Sand bestreut und diesen mit einem Besen in schöne Winkel, Schlangenlinien und Rauten ausgeziert, nachdem sie die Fenster geputzt, das Getäfel abgerieben und geglättet und ein neues Büschel Immergrün aufs Kamin gesetzt, wurden die Fenster wieder zugemacht, damit die Fliegen nicht hineinkamen, und das Zimmer sorgfältig verschlossen, bis die wandelnde Zeit in der nächsten Woche wieder den Putztag herbeiführte.
Die Familie ging immer durch das Thor aus und ein und lebte fast ganz in der Küche. Der Herd hatte ein wahrhaft patriarchalisches Ansehen, die ganze Familie,
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