Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Alt und Jung, Herr und Gesinde, Weiße und Schwarze, Hunde und Katzen, freuten sich der schönen Gemeinschaft und jedes hatte sein eignes Eckchen. Hier saß denn der alte Burger und schmauchte ruhig sein Pfeifchen, sah mit halbgeschlossenen Augen in’s Feuer und dachte stundenlang an nichts. Die Goede Vrouw auf der andern Seite war fleißig mit Spinnen oder Stricken beschäftigt. Das junge Volk saß um den Herd gekauert und hörte mit gespannter Aufmerksamkeit einem alten Schaaf von einem Neger zu, der das Orakel der Familie war und gleich einem Raben in einem Winkel am Schornstein hockte und an langen Winterabenden unglaubliche Geschichten von den Hexen in Neu-England, von grausigen Geistern, von Pferden ohne Köpfe, von haarsträubenden Fluchten und blutigen Handgemengen daherkrächzte.
In jenen glücklichen Tagen stand eine Familie immer mit Tagesanbruch auf, aß um eilf Uhr zu Mittag und ging mit der Sonne schlafen. Das Essen war durchaus Privatgeschäft und man ließ sich darin nicht gern vom Nachbar stören. Dagegen war man bei den sogenannten Theeparthieen desto geselliger.
Diese Parthieen fanden unter den höheren Ständen statt, d. h. unter denen, die ihre eigenen Kühe und Wagen hatten. Man versammelte sich um drei Uhr und ging um sechse auseinander; im Winter war es etwas früher, damit die Frauenzimmer noch bei Tage zurück kamen, wo denn die Herrn für die galante Begleitung einen derben Kuß mit nach Hause nehmen durften. – Der Theetisch trug eine große irdene Schüssel, mit Schnitten von fettem braungebratenem Schweinefleisch, das in der Sauce herumschwamm. Die Gesellschaft saß rings um den Tisch, alle waren mit Gabeln bewaffnet und zeigten eine große Geschicklichkeit, die fettsten Stücke zu durchbohren, – so wie die Schiffer die Meerschweine oder unsere Indianer die Salmen in den Seen stießen. Zuweilen war der Tisch mit ungeheuern Aepfeltorten oder Gläsern mit eingemachten Pfirsichen oder Birnen besetzt; aber immer stand eine große Schüssel mit Ballen von süßem Teig, in heißem Fett gebacken und Teignüsse oder Olykoeks genannt, auf dem Tisch – ein köstliches Backwerk, das man in dieser Stadt fast gar nicht mehr kennt, außer bei den echten holländischen Familien.
Der Thee wurde aus einer majestätischen Theekanne aus Delft servirt, die mit Gemälden verziert war, welche kleine fette holländische Schäfer und Schäferinnen neben ihren fressenden Schweinen, und Schiffe in der Luft, Häuser in den Wolken und andere solche holländische Phantasiebilder darstellten. Die Schönen zeichneten sich in der Geschicklichkeit aus, den Theetopf aus einem ungeheuern kupfernen Theekessel zu füllen. Um das Getränk zu süßen, lag ein Klumpen Zucker neben jeder Tasse, und die Gesellschaft sog und leckte mit großem Anstande daran, bis eine gescheute und sparsame alte Dame eine Verbesserung einführte und einen dicken Klumpen mittelst einen Bindfadens von der Decke auf den Theetisch herabhängen ließ, so daß er von Mund zu Mund geschwungen werden konnte, welches bei einigen Familien in Albany und auf allen unsern unbefleckten Dörfern noch jetzt Sitte ist.
Bei diesen ursprünglichen Theeparthieen ging es denn sehr ehrbar zu; kein Gaukeln und Kokettiren, kein Spielchen bei den alten Damen, kein hölzernes Gelächter und kein Geschnatter bei den jungen, kein selbstzufriednes Aufblähen bei den reichen Herrn, die mit dem Kopf immer in der Geldtasche stecken, keine Unterhaltungsspiele und äffische Zeitvertreibe, wie sie unsere modischen jungen Herrn vorschlagen. Da saßen die jungen Damen still auf ihren Binsenstühlen und strickten sich wollne Strümpfe; sie öffneten die Lippen nur, um «yah Mynheer» oder «Yah, yah Vrouw» auf die Fragen zu antworten und sich in allen Dingen wie ehrbare wohlerzogene Jungfrauen zu benehmen. Die Herren rauchten alle in Frieden ihre Pfeifchen und schienen in Betrachtung der blau und weißen, gebrannten Steine verloren, welche die Kamine einfaßten und Darstellungen aus der Bibel enthielten. Wie Tobias und sein Hund, Haman am Galgen, oder Jonas, der lustig aus dem Wallfisch springt, wie der Hanswurst durch ein feuriges Faß.
Die Gesellschaft brach ohne Geräusch und Verwirrung auf. Nach Hause fuhren sie auf Schusters Rappen, außer diejenigen, denen der Reichthum eine Kutsche erlaubte. Die Herren begleiteten die Damen galant nach Hause und nahmen sich an der Thüre den bemeldeten kräftigen Kuß, der damals nichts Arges war, und auch noch, aus Hochachtung für
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