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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Dunkelheit versetzte mich in einen Zustand der Furcht, und ich hatte panische Angst, den Hundskopf wiederzusehen.
    Weil Appelkopp seine Frau nun nachts ohnehin nicht für sich haben konnte, nahm er mich und die Enkelkinder auf Bergwanderungen mit, bei denen er uns Tiere und Blumen zeigte, Kakao überm Holzfeuer kochte, Zelte aufschlug und Forellen grillte, wobei er uns Räuberpistolen aus den dunkelsten Gassen von Singapur erzählte. Es gelang ihm mit anderen Worten, mich so sehr abzulenken, daß auch die Rhabarberburschen schließlich meine Anwesenheit vergaßen. »Jetzt fehlt uns nur noch dieser Hundskopf«, sagte er und lachte.
    Bevor der Sommer vorüber war, hatte ich außer dem Spitznamen Dänenhänfling auch noch den Namen Bandit bekommen, aber im Gegensatz zu vielen anderen schien Appelkopp nichts gegen Banditen zu haben. Und er nahm es auch nicht persönlich, daß ich ihm als Dank für freie Kost und Logis während eines Fußballspiels seinen Knöchel brach. Es passierte auf dem Rasenstück vor dem Haus, wo ein kleiner Krater, den ein explodierendes Plumpsklo hinterlassen hatte, noch immer die Bergseite verunstaltete; an einem Sonntag, an dem die ganze Familie wie gewöhnlich versammelt war. Im Laufe des Sommers hatte Appelkopp hier schon einige Fußballspiele veranstaltet.
    Ich stand im Tor, und meine Mannschaft lag schnell so weit hinten, daß die Enkelkinder anfingen, sich zu beschweren. »Lauf auf ihn zu!« brüllten sie jedesmal, wenn ein Gegenspieler sich mit dem Ball freispielte. »Sinn des Spiels ist es, daß du ihn angreifst und nicht bloß dastehst und glotzt!«
    Als Appelkopp kurz darauf mit dem Ball angerannt kam und schießen wollte, stürmte ich aus dem Tor und trat, so fest ich konnte, zu. Nur traf ich anstelle des Balles seinen Spann, man hörte ein lautes Knacken, und Appelkopp knickte um. Den Rest des Sommers humpelte er mit einem Skistock, schnitt Grimassen, wenn jemand versuchte, seinen Fuß zu berühren, und sagte nur: »Das ist nichts. Morgen geht’s bestimmt schon viel besser.«
    Auf zwei Skistöcke gestützt, begleitete mich Onkel Appelkopp Anfang August zum Hafen, wo das große Schiff wartete. Ich habe mich nicht einmal für den Aufenthalt bedankt, ich habe ihm nie gesagt, daß er mein Lieblingsonkel war und mir die Sache mit seinem Bein leid tat.
    Aber ich war wieder zu Hause, hurra! Noch immer hatte ich an vielem zu arbeiten; ich war ja trotz allem nur ein des Landes Verwiesener mit einer zeitweiligen Begnadigung und mußte meine Bewährung überstehen, bevor ich erleichtert aufatmen durfte. Gleichzeitig entdeckte ich, daß sich die Geschichten während meiner Abwesenheit ihren eigenen Weg gesucht hatten. Meine große Schwester hatte von einem Tag auf den anderen aufgehört, Briefe zu zerreißen, und der erste wirklich ernste Brief des Finanzamtes war durch den Briefschlitz gefallen und führte bei meinem Vater einen kurzen Moment lang zu einem Schwindelanfall. Er warnte sofort den Spundpfropfen, der in einem seiner smarten Wagen angerauscht kam, und gemeinsam saßen sie die ganze Nacht da, gingen die Buchhaltung durch und schmissen mit Paragraphen um sich. Kam Mutter früher mit säuerlichen Kommentaren, daß Vater doch mit dem Spundpfropfen nicht verheiratet wäre, so hätte sie nun allen Grund gehabt zu explodieren, doch sie war mit ihrem Examen beschäftigt und absolvierte ein Praktikum auf einer Kinderstation, auf der die kleinen Patienten ihr Herz zum Klopfen brachten.
    Ein neues Zeitalter war für meine Schwester und unsere Familie angebrochen. Das Zeitalter der Freier. Ständiges Geklopfe an die Fensterscheibe meiner Schwester, ein permanenter Strom von Blumen und Briefen mit primitiven Herzchen und schwachsinnigen Sätzen, der mit gleichmäßiger Kraft ins Haus floß. Das also war der Grund, warum meine Schwester aufgehört hatte, Briefe in Stücke zu reißen – zu ihrem großen Ärger hatte sie einen Liebesbrief an sich selbst zerrissen .
    Kräftig unterstützt von einer Reihe zählebiger französischer Gene, war meine Schwester in diesem Sommer von einem magischen Zauberstab berührt worden. Ohne daß ich dabei war, hatten sich ihre kleinen Zicklein zu einem Paar wohlgeformter Apfelsinen entwickelt; ihr Gesicht hatte etwas von einem Windspiel, ihre Figur war umwerfend, und sie konnte mir ganz unvermittelt einen derart bezaubernden Blick zuwerfen, daß ich total durcheinanderkam. Selbst Askild hatte aufgehört, sie zu ärgern; besoffen, wie er ständig war, schwankte er

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