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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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sollen.«
    Auch vor dem Haus nahe der Werft von Kristiansand, in das die Familie einen Monat später einzog, gab es ein Gartentor, spielende Kinder auf der Straße und einen kleinen Niels junior Segelohr, der hinaus in die Welt wollte.
    »He! Du da! Das ist ja vielleicht ein Bild! Ein Vater mit Stock und ein Sohn mit einem Paar Ohren wie …! Tja, was meint ihr, wie sehen die aus?«
    »Äh … wie Tintenfische!« schlug eine piepsige Stimme vor.
    »Pfannkuchen«, meinte ein anderer.
    »Nein, zum Teufel, er sieht aus wie ein Elefant! Seht ihr das nicht, ein richtiger Dumbo.«
    Segelohr spürte, wie sich wieder die Stille in ihm ausbreitete. Er erinnerte sich noch gut daran, nur wollte er diesmal nicht in die geborgene Welt auf der anderen Seite des Gartentors zurücklaufen. Statt dessen blieb er stehen und betrachtete die spielenden Kinder, die für einen Augenblick seine Anwesenheit wieder vergessen hatten und sich darauf konzentrierten, eine Schnur mit einem Haken in einem Gully zu versenken. Als sie kurz darauf einen alten Sack aus dem Gully gefischt hatten, brauchte die Gruppe eine neue Beschäftigung, und erneut wurden sie auf den kleinen Niels junior vor dem Gartentor aufmerksam.
    »He!« riefen sie. »Was glotzt’n du so, Dumbo?«
    Segelohr machte den Mund auf, etwas wollte heraus, und dann brüllte er seine erste Botschaft an die Welt auf die andere Seite des Gartentors: »Seid ihr doch selber!«
    »Ha«, lachte der größte Junge, der Per hieß, »habt ihr den Floh husten hören? Habt ihr …! Komm mal her und zeig uns deine Ohren.«
    »Was macht ihr da?« wollte Segelohr wissen, als er bei ihnen ankam, und einer der Burschen antwortete, daß sie im Gully Aale angelten. »Die kommen aus dem Hafen hierher, und auf der Werft kommen sie manchmal auch durch die Klos«, fuhr er mit geheimnisvoller Miene fort. Als Segelohr fragte, wozu sie die Aale brauchten, guckten sie ihn alle verblüfft an. »Er ist nicht nur häßlich, er ist auch blöd«, seufzte Per, und wieder breitete sich diese Stille in dem kleinen Niels junior aus, bis der kleinste der Jungen sich erbarmte und sagte: »Wir essen sie.«
    »Igitt!« entfuhr es Segelohr. »Ist das nicht ekelig?«
    »Nee, ganz bestimmt nicht, Dumbo! Hört mal, wollten wir uns nicht deine Ohren mal näher ansehen?« sagte Per und packte eines der Ohren von Niels junior. »Au!« schrie Segelohr. »Aua, au!«
    »Wer will das andere haben?«
    Als er zwischen den beiden großen Jungen stand, spürte Segelohr einen Schmerz, daß ihm schwarz vor den Augen wurde, die Erde verschwand unter seinen Füßen, und er schwebte im reinen Nichts. »Mal sehen, ob er wirklich fliegen kann!« rief eine Stimme. »Flieg, Dumbo, flieg!« Erst als er die Augen verdrehte und merkwürdig röchelnde Laute ausstieß, ließen die Burschen von ihm ab, und er sackte auf der Straße zusammen.
    »He, seht mal«, rief einer der Jungen, »die Ohren bewegen sich, er kann sie richtig bewegen!« Sofort beugten sich alle über ihn, um seine Ohren zu untersuchen, die wie durch ein Wunder unversehrt schienen, aber die sonderbare Eigenschaft hatten, sich zu bewegen. Es wurde geflüstert und getuschelt, und als sich die Überraschung gelegt hatte, klopfte ihm Per auf die Schulter und sagte: »Tut uns leid. Sollten wir dir nicht irgendwie helfen, damit deine Ohren wieder normal aussehen?«
    »Kann man das denn?« schniefte Segelohr, und Per erwiderte: »Aber sicher doch, holt mal den Sack!« Der schlammige Sack, den sie aus dem Gully gezogen hatten, wurde zu Segelohr gebracht, der mit dieser eigenartigen Stille im ganzen Körper auf der Straße saß. Per sprach sanft auf ihn ein: Wenn man Aalblut in die Augen bekommt, wird man blind; wenn man aber Aalschlamm in die Ohren bekommt, fangen sie an zu schrumpfen, und langsam fischte er mit dem Zeigefinger einen großen Klumpen bräunlichen Schlamm aus dem Sack. »Und wer will das andere Ohr behandeln?«
    »Das mach ich!« war die piepsige Stimme zu hören. »Nein, ich!« rief ein anderer, und eine kurze Diskussion entbrannte, bis ein kleiner Bursche, dem grünlicher Rotz aus der Nase lief, sich durchgesetzt hatte und er wie Per aus dem Sack eine stinkende Masse holte. »Rein damit ins Ohr«, sagte Per, und Segelohr spürte, wie langsam etwas Kaltes und Klebriges in seine Gehörgänge lief. »Äh, seid ihr sicher … daß es hilft?« fragte er, und die Jungen nickten eifrig, während Segelohr die Augen schloß und sich schüttelte. »Ich will auch mal«, war eine

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