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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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sah fortzugehen, versicherte ihm aber gleichzeitig, daß die Werft ihn gehen lassen werde, wann immer er es wolle. »In diesem Fall«, entgegnete Askild, »wünsche ich, daß meine Verpflichtungen mit dem heutigen Tag beendet sind.«
    Nach Feierabend, als Askild sich an seinem üblichen Platz im nächsten Wirtshaus eingefunden hatte, versuchte er Ingolf Fischer zu überreden, mit ihm nach Oslo zu gehen. »Der Lohn ist höher«, sagte er, »die stellen Wohnungen zur Verfügung, uns wird’s wie Grafen und Baronen gehen!« Aber Ingolf Fischer ließ sich nicht überzeugen, und so trank Askild aus und ging heim, um der Familie die neuen Zukunftspläne mitzuteilen.
    »Nach Oslo?« rief Bjørk entsetzt. »Was ist passiert? Haben sie dich gefeuert?« Irgendwann einmal vor dem Krieg hätten Askilds Worte in ihren Ohren wie süße Musik geklungen. Damals hatte sie das Gefühl, das Wichtigste in ihrem Leben wäre es, aus der weißen Patriziervilla am Kalfarvei herauszukommen. Inzwischen fühlte sie sich jedoch eigentlich recht wohl in der Wohnung auf Skansen – mit einem Mann, der entweder arbeitete oder sich auf der Hintertreppe aufhielt. Sie wurde von Randi bedient und konnte ihre ganze Liebe dem kleinen Sohn widmen.
    »Das meinst du doch wohl nicht im Ernst!« schnaubte sie, worauf Mutter Randi sich einmischte und sagte: »Normalerweise bespricht man so etwas zunächst einmal mit seiner Frau. Ist das der Dank für alles, was wir gemacht haben? Ist das der Dank, daß wir in unserem eigenen Gästezimmer geschlafen haben, Heilige Jungfrau! Bedankt sich so ein Sohn bei seiner Mutter?«
    »Das ist mal wieder typisch!« brüllte Askild. »Rottet euch nur gegen mich zusammen! Weiber!« Und während sie sich in der Küche stritten, versteifte sich im Wohnzimmer Appelkopps kleiner Körper, denn möglicherweise würde Niels wieder anfangen, ihn zu schlagen, wenn der heimgekehrte Onkel nicht mehr da war.
    Der einzige, der an diesem Abend kein Bedürfnis hatte zu protestieren, war Vater Niels. Am späteren Abend schlich er zu seinem Sohn auf die Hintertreppe, guckte sich lange die kubistische Gestalt an, die beinahe von der Leinwand fiel, und klopfte Askild hinterher auf die Schulter.
    Askild schaute seinen Vater fragend an, einen Augenblick im Zweifel, was der Alte wollte, doch dann glitt plötzlich ein Leuchten über sein Gesicht, und er zog eine zerknitterte Reproduktion aus der Tasche, diesmal die Badende mit Spielzeugboot , und fragte, ob Niels erkennen könne, was das sei. Niels starrte lange auf das Bild, das Askild an die Katarina im Morgennebel erinnerte. »Sieht aus wie ein Spielzeugboot«, sagte er schließlich und ging zu seinem Schaukelstuhl zurück.
    In der folgenden Zeit begannen sich in der Wohnung die Umzugskisten zu stapeln, Kleider wurden eingepackt und Küchengerät wurde weitergegeben.
    Als Bjørk am Tag vor ihrer Abreise nach Hause ging, um sich von ihren Eltern zu verabschieden, hatte Vater Thorsten schon die Augen verdreht und den Kontakt zu seiner Umgebung verloren. Sie setzte sich auf die Bettkante, nahm seine Hand und erinnerte sich an eine sehr lange und schöne Jugend in einer weißen Patriziervilla am Kalfarvei – an einen Schwarm von Bediensteten, an einen Traum unter Birken, und an den sanften, melancholischen Duft eines Arztes. Mutter Ellen servierte Tee, murmelte »Herrgott, Oslo«, und dann reisten sie ab. Askild, den Blick stur auf die Zukunft gerichtet, und Bjørk mit Blick auf die winkende Familie am Bahnsteig. Bevor die Sicht durch Häuser und Bäume versperrt wurde, sah sie als letztes die Silhouette des kleinen Appelkopp, der traurig in die Luft starrte. Dann drehte sie sich um und guckte ihren Mann an, der ungeduldig mit seinem Stock auf den Boden klopfte, bevor er ihr liebevoll die Wange tätschelte und sagte: »Verflucht, Bjørk, das hätten wir wirklich schon längst machen sollen!«

3
    Das Scheißding
    S o groß waren sie nun auch wieder nicht«, sagt Stinne. Sie schaut sich die Photographien allerdings nicht besonders genau an, die ich aus Großvaters und Großmutters Haus am Tunøvej mitgebracht habe, um zu beweisen, daß ich die Wahrheit sage.
    Ich bin am Nachmittag dort gewesen. Nach dem Besuch bei Großmutter. Das Haus ist noch immer möbliert, wenn man einmal von den wenigen Dingen absieht, die Jesper und Stinne in Großmutters Pflegeheim geschafft haben. Ich ging sofort zu dem großen Schrank im Schlafzimmer und begann, ihn mit klopfendem Herzen zu durchwühlen. Meine Intuition

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