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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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erwies sich als richtig. Ich fand die alten Briefe, die Großvater in Ramlösa geschrieben hatte. Sollen nach meinem Tod verbrannt werden, danke , stand außen auf dem Konvolut. Großmutter hatte sie nicht verbrannt, allerdings hat sie sich wohl auch nicht vorgestellt, daß ich ihre Sachen einmal auf eine so rücksichtslose Weise durchwühlen würde. Ich fand das Scheißding, einige Malsachen, die ich mit zu Stinne nahm, und dann stieß ich auf die alten Kinderbilder von Vater. Die Ohren sind nicht einfach nur gut ausgebildet. Sie sind enorm. Ich versuche, Stinne von dem Mißverhältnis gegenüber dem restlichen Kopf zu überzeugen, aber sie will lieber meine Meinung über den Zustand unserer Großmutter hören.
    »Na, und?« fragt sie. »Was meinst du?«
    »Gehört sie nicht eigentlich in ein Krankenhaus?« antworte ich.
    Ich war ziemlich schockiert über ihren Anblick. Sie lag auf dem Rücken im Bett, als ich kam. Ein langer Schlauch, der in einer kleinen grünen Klammer unter ihrer Nase endete, sorgte dafür, daß sie genügend Sauerstoff bekam. Ihre Augen waren geschlossen, die Haut aschgrau. Die Luft im Zimmer wirkte abgestanden, darin ein schwacher Duft nach Urin. Ich dachte, sie würde schlafen, und schlich mich leise ans Bett, um ihre Hand zu nehmen.
    »Hast du es also endlich geschafft«, flüsterte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Ich hatte schon Angst, daß du nie nach Hause kommen würdest.«
    Es war mehrere Jahre her, seit ich sie zum letzten Mal gesehen hatte, aber ich hätte trotzdem nicht so unvorbereitet sein dürfen. Schließlich hatte ich erlebt, wie Randi die Hundert weit überschritt, die Wirkung des Alters auf Bjørk hingegen schockierte mich: die zahlreichen Falten, die hervorstechenden Knochen, ihre zitternden Lippen.
    »Wieso hast du wieder angefangen?« platzte es aus mir heraus. Ich meinte ihre Geschichten. Eigentlich hatte ich mir gedacht, sie erst im Laufe der kommenden Woche danach zu fragen, doch nun war es der erste Satz, den ich sagte, und meine Stimme klang gleichzeitig vorwurfsvoll und merkwürdig erleichtert.
    »Mach den Schrank auf«, bat sie.
    Ich guckte mich verwirrt um. Es gab mehrere Schränke im Zimmer, ich ging zu dem größten, öffnete die Tür, und da kamen sie mir auch schon entgegen. Insgesamt waren es wohl dreißig, vierzig Stück – leere Konservendosen, die aussahen wie Sardinenbüchsen, beklebt mit verschiedenen Luftbildern aus Großmutters goldener Stadt, und darunter der Text: Frische Luft aus Bergen . Auf den Rückseiten klebten norwegische Briefmarken, und ich erkannte sofort Appelkopps charakteristische Handschrift.
    Stinne hatte mir erzählt, daß Appelkopp ungefähr einmal pro Woche eine neue Dose schickte. Vielleicht glaubt er, daß er Großmutter damit ein wenig zum Lachen bringen könnte, sie nimmt die Konservendosen jedoch sehr ernst.
    »Gib mir eine«, flüsterte sie.
    Es wurde mir ziemlich schnell klar, daß sie tatsächlich die frische Luft schnuppern wollte. Auf der einen Seite hatte die Dose drei kleine Löcher, offenbar sollte man dort schnüffeln. Ich entfernte den Sauerstoffschlauch, stützte ihren Kopf mit einer Hand und hielt ihr mit der anderen die Konservendose hin, so daß sie tief durch die Nase einatmen konnte. Als sie die frische Luft inhaliert hatte, glitt Großmutter zurück ins Bett, bekam einen träumerischen Ausdruck ins Gesicht, und dann erlebte ich die magische Wirkung der Konservendose: Plötzlich setzte sie sich auf. »Es ist der Eissplitter«, flüsterte sie und griff sich ans Herz. »Dieser verdammte Eissplitter hat mich beinahe mein ganzes Leben lang gequält, aber in letzter Zeit ist es immer schlimmer geworden.«
    Ein großer Teil war Gefasel. Sie wiederholte sich, konnte sich nicht mehr an die Namen von Leuten erinnern, sinnierte immer wieder über das große Landschaftsbild, das an der Wand hing, war aber in einzelnen Phasen so klar im Kopf, daß ich einige wichtige Details einordnen und verschiedene Zweifelsfragen klären konnte, zum Beispiel die Größe von Vaters Ohren. Auch Großmutter bestand darauf, daß seine Ohren schlicht enorm gewesen waren.
    Aber bei Stinne hilft es nichts, mit der Zeugenaussage einer alten Dame zu kommen. Sie will handfestere Beweise, und auch die mitgebrachten Photos akzeptiert sie nicht.
    »Die Aufnahmewinkel verzerren«, behauptet sie.
    Stinne weiß genau, daß der größte Teil seiner Kindheit von diesen Ohren geprägt war, und im Augenblick ist sie nur darauf aus, recht zu

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