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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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überlegte sie lange, ob sie den Anruf annehmen sollte, zog es endlich aus der Innentasche des kleinen Rucksacks und betrachtete das Display. Baumann. Das Handy brummte noch immer. Endlich drückte sie auf die Taste.
    «Was gibt’s?»
    «Wo steckst du denn? Lagebesprechung mit dem Chef. Um zwei im Präsidium.»
    Laura warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war zwanzig vor eins.
    «Worum geht’s?»
    «Es gibt da ein paar unangenehme Vorkommnisse in der Stadt. Mehr hat der Chef noch nicht verkündet. Aber es ist ein großes Treffen – mehrere Dezernate. Also komm nicht zu spät! Was macht denn dein Altersheim?»
    «Es ist sehr lebendig.»
    «Hat der Mayer was rausgelassen?»
    «Der Mayer hat.»
    «Und was?»
    «Später. Ich hasse substanzielle Gespräche per Handy.»
    «Dann eben nicht.»
    Er hatte aufgelegt. Peter Baumann machte die Hitze offensichtlich auch zu schaffen. In letzter Zeit reagierte er häufig gereizt und war schnell beleidigt.
    Laura betrachtete das Handy, steckte es weg, zog es wieder hervor und rief ihren Vater an. Sie wollte sicher sein, dass er sich vor der Hitze schützte und genügend trank. Er meldete sich nicht. Aber er musste zu Hause sein. Niemals würde er bei diesen Temperaturen draußen herumlaufen. Sie versuchte es ein zweites Mal. Ließ es einfach immer weiter klingeln. Endlich hörte sie seine Stimme.
    «Hallo, hallo?» Er war außer Atem.
    «Wo steckst du denn? Hier ist Laura.»
    «Es tut mir leid. Ich konnte das Telefon nicht finden. Früher hat man nie sein Telefon verloren. Da stand es an seinem Platz und fertig!»
    «Ja.»
    «Was heißt ja?» Emilio Gottbergs Stimme klang ärgerlich.
    «Es heißt, dass ich dir zustimme. Wie geht es dir?»
    «Wie es einem bei dieser Hitze eben geht. Ich krieche so herum. Hast du mal einer Fliege beim Sterben zugeschaut? So ähnlich.»
    «Trinkst du genug?»
    «Jaja. Meine Nachbarin hat auch schon gefragt. Mir fließt das Wasser bald aus den Ohren heraus.»
    «Welche Nachbarin?»
    «Die junge Anwältin, mit der ich ab und zu esse.»
    «Ah so.»
    «Sie hat mir einen Krug mit Wasser und Steinen gebracht. Das soll besondere Energie geben.» Er lachte.
    «Was für Steine?»
    «Amethyste.»
    «Schmecken sie?»
    «Ich esse sie ja nicht. Das Wasser schmeckt nach Wasser.»
    «Brauchst du irgendwas? Soll ich für dich einkaufen?»
    «Morgen. Heute esse ich Tomaten und Schafskäse. Das Essen auf Rädern hab ich abbestellt.»
    «Wann?»
    «Heute!»
    «Stimmt was nicht?»
    «Ich wäre lieber in Siena, wenn es dich interessiert.»
    «Da ist es noch heißer.»
    «Warum bist du so unerträglich realistisch? Macht das dieser Polizeidienst? Ich war von Anfang an dagegen, dass du in den Polizeidienst gehst!»
    «Vater, es ist zu heiß zum Streiten.»
    «Mir nicht! Du weichst aus. Ich kann es nicht leiden, wenn du mir ausweichst. Gib zu, dass du auch lieber in Siena wärst!»
    «Nein.»
    «Du weichst schon wieder aus!»
    «Nein. Ich wäre nicht lieber in Siena, weil ich zurzeit allein sein möchte.»
    «Du warst lang genug allein. Sei froh, dass du den Commissario gefunden hast.»
    «Jaja. Aber zurzeit bin ich gern allein, ohne Kinder und ohne Commissario. Ich als Einzelperson. Ist das so schwer zu verstehen, Vater?»
    «Werd nicht sarkastisch! Kann sein, dass ich es verstehe.»
    «Danke.»
    «Kannst du morgen vorbeikommen? Ich meine, wenn es dein Bedürfnis nach Einsamkeit zulässt.»
    «Jetzt bist du sarkastisch. Natürlich komme ich. Vorher rufe ich an, und du sagst mir, was ich einkaufen soll. Mach dir bitte eine Liste. Ich muss jetzt los, weil wir eine wichtige Sitzung im Präsidium haben.»
    «Wo bist du denn?»
    «Gar nicht so weit weg von dir. Ciao, und trink viel!»
     
    Laura drückte auf den Knopf, ehe der alte Gottberg etwas erwidern konnte. An Tagen wie diesem fand er immer einen Weg in Endlos-Gespräche, die Laura nur mit einer gewissen Brutalität beenden konnte.
     
    Ralf, der Steinmetz, war froh über den leichten Luftzug, der durch seinen Tunnel strich. Hier unten war die Hitze auszuhalten. Seit zwei Stunden saß er auf dem alten Korbsessel neben seinem Anhänger. Mindestens fünfmal hatte er inzwischen seine bemalten und polierten Steine umgeschichtet. Man musste sich was einfallen lassen, um seine Waren zu verkaufen. Das wusste er. Marketing. Manchmal fand er den richtigen Dreh. Heute irgendwie nicht. Absolut niemand blieb bei seinen Steinen stehen. Null. Fehlanzeige. Aber es kam ja auch fast niemand vorbei. Nicht mal seine Hundedamen, auf die

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