Hungrig nach Macht (German Edition)
Hanna in sich zusammenzucken. Der Mann besaß Macht über sie. Bei diesem Eingeständnis fing ihr Körper an zu beben. Darauf folgte jedoch die beruhigende Feststellung, dass er die Macht immer nur dann hatte, wenn sie ihm dieses Zugeständnis machte.
Oder aber in schwachen Momenten, in denen Hanna ihrer Handlungsfähigkeit beraubt war. Wenn ihr Verstand aussetzte.
Als Hanna ihre Wohnung betrat, fühlte sie sich erleichtert. Das beklemmende Gefühl, nicht zu wissen, was Hansen aus ihr gemacht hatte, fiel von ihr ab. Wohl behütet in der sicheren Vertrautheit ihrer eigenen vier Wände.
Sie schaltete den CD-Spieler an, zog sich aus und wusch sich das Gesicht.
Zwar wollte sie das Geschehen des Abends ergründen, wusste aber, dass sie mit ihren Gedanken nicht weiterkommen würde. Es waren so viele Fragen offen. Zu viele Fragen nicht gestellt worden.
Also warum Antworten suchen auf etwas, das sie in diesem Stadium nicht verstehen konnte?
Sie war jemand, die Probleme anging, wenn es welche gab. Also warum sich in etwas hineinsteigern, was letztendlich kein Problem war?
Es könnte zu einem werden. Dieser Aspekt ließ sich nicht von der Hand weisen. Wenn es so kommen sollte, würde sie sich damit auseinandersetzen.
Jetzt hatte es keinen Sinn.
Hanna ging bald zu Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf. Der Gedanke an das morgige Treffen. Die schwammige Unsicherheit. Der aufregende Mann. All das ließ sie auch im Traum nicht los.
Früh am Morgen erwachte sie, ohne sich ausgeruht zu fühlen. Darum beschloss sie, eine Runde durch den Park zu joggen. Meistens half das, um durch die erhöhte Sauerstoffaufnahme ihren müden Geist zu wecken.
Als sie wieder zu Hause ankam, fühlte sie sich erschöpft und hungrig. Immerhin ließ sich ein gewisser Tatendrang im Ansatz erkennen.
Nach einer ausgiebigen Dusche entschied sie sich für ein graues, eng anliegendes Sommerkleid und schlüpfte in die dazu passenden Pumps. Sie lächelte bei dem Gedanken, lieber ihren Slip in die Schublade zurückzulegen, damit sie ihn ganz sicher auch bei ihrer Rückkehr noch ihr Eigen nannte.
Aber nein. So leicht wollte sie es diesem Adonis doch nicht machen. Damit würde sie ihm nur einen Ball zuschmeißen, den er dann schamlos zurückschmettern konnte.
Hanna erinnerte sich nicht, eine Uhrzeit ausgemacht zu haben. Sie warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel und machte sich auf den Weg.
Sie ging langsam. Eile verspürte sie nicht. Vielmehr ein unsichtbares Band, das sie zurückhielt. Selten war sie derart verunsichert und mit jedem Schritt nahm dieses Gefühl zu.
Aber sie begab sich ja freiwillig in die Höhle des Löwen. Sie hatte es in der Hand. Wenn sie nicht wollte, bräuchte sie keinen Schritt weitergehen. Und wenn dieser Kerl es zu bunt treiben würde, stand es ihr frei, jederzeit einen Abflug zu machen.
Ja, sie selber hatte die Fäden in der Hand. Und dieses Mal wollte sie besser darauf achten, dass sie auch in ihren Fingern blieben.
Warum sollte sie sich den Kopf zerbrechen? Sie entschied immer noch, wie sie reagierte. Da konnte kommen, was wollte.
Mit einem Mal gefiel es ihr richtig gut, was sich da in ihrem Kopf zusammenbraute. Sie war diejenige, die die Macht besaß. Denn nur wenn sie mitspielte, konnte Hansen im Spiel bleiben.
„Perfekt“, sagte sie zu sich selbst. Die letzten Schritte zum Hotel ging sie gewohnt zielstrebig und selbstsicher.
In der Halle des Hotels sah sie Jörg Hansen bereits warten. Er saß in einer der Sitzgruppen, die im Eingangsbereich zusammengestellt waren.
Jörg erhob sich sofort, als er Hanna hereinkommen sah. Strahlend ging er ihr entgegen. Seinen Platz hatte er so gewählt, dass niemand seinem Blick entging, der das Hotel betrat.
Sie reichten sich die Hände zur Begrüßung. Dann spürte Hanna seine Hand auf ihrer Schulter. Sie lenkte sie in den Speisesaal.
Hansen wählte einen Tisch am Rand des riesigen Raumes. Dennoch nicht weit vom Frühstücksbuffet.
Als sie mit den nett dekorierten Köstlichkeiten ihre Teller gefüllt hatten, kehrten sie zu ihrem Tisch zurück. Hanna fiel dieser unwiderstehliche Herrenduft auf, den Hansen hinter sich herzog.
Geschmack hatte er ja. Das konnte sie ihm nicht absprechen.
Sie nahmen ihr Frühstück ein, begleitet von seichtem Small Talk. Nichts erinnerte an den gestrigen Abend. Beruhigend und unheimlich zugleich.
Nach diesem ausgiebigen Mahl wollte Jörg etwas von der Stadt sehen. Höflich erinnerte er seine Begleiterin an die ausstehende
Weitere Kostenlose Bücher