Hungry for Love
sie auch nicht mehr, was sie sagen sollte.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie wissen, wer ich bin. Es hat mich aber weder die ganze Belegschaft um ein Autogramm gebeten noch darum, ein Gruppenfoto zu machen. Und Sie reden mit mir wie mit jedem anderen stinknormalen Kerl.“
„Es tut mir leid, wenn ich respektlos war, das war bestimmt nicht meine Absicht.“
„Das ist es ja gerade, was mir an Ihnen gefällt, Teresa. Behalten Sie sich diese Umgangsform bitte bei. Ich komme gerne her, gerade deshalb, weil ich hier einfach nur ich selbst sein kann. Naja, fast.“
Sie wusste, er machte eine Andeutung darauf, wie sie ihn vorhin alle angestarrt hatten.
„Hier kann jeder ganz er selbst sein. Warum denn auch nicht? Ich meine, wer sind Sie denn schon?“
Sie wollte ihn nur ärgern, doch sobald die Worte raus waren, bereute sie sie auch schon. Sie war sicher zu weit gegangen.
„Genau das meine ich. Ich danke Ihnen!“ Er lächelte sie breit an und stand dann auf. „Bis bald, Teresa.“
„Bis bald, Mr. Nobody.“
Sie sah ihm nach. Wie konnte ein so berühmter Mensch so normal sein? So nett und so bescheiden? Sie fing an zu begreifen, dass auch Ruhm nicht immer nur seine Vorteile hatte.
4. Kapitel
Teresas Mutter war krank, und das schon seit Jahren. Ihre Arthrose wurde von Jahr zu Jahr schlimmer und sie konnte sich nicht sehr gut rühren. Und in den letzten Wochen war es so schlimm geworden, dass der Arzt ihr gesagt hatte, sie müsse für eine Weile ins Krankenhaus. Nun stand Teresa da, ohne einen Babysitter für Pablo. So oft es ging, ließ sie Beth ihn mit abholen und sammelte ihn auf dem Nachhauseweg abends ein. Doch am Wochenende wollte Beth zusammen mit ihrer Familie verreisen und Teresa fand einfach niemanden, dem sie Pablo anvertrauen konnte. Ihr blieb nur eins: Sie musste ihn mit zur Arbeit nehmen.
„ Stimmt es, dass sie den Chicago River grün färben?“, fragte Pablo auf dem Weg in die Stadt neugierig.
Heute würde die Saint Patrick`s Day Parade stattfinden, ganz Chicago würde den irischen Feiertag ehren mit einer großen Parade, in der alle – ganz in grün gekleidet – durch die Straßen marschierten. So ein Feiertag bedeutete besonders großen Ansturm im Restaurant. Und ausgerechnet heute musste sie sich nebenbei auch noch um Pablo kümmern.
„Ja, das tun sie. Die ganze Stadt wird heute grün sein.“
„Cool!“, sagte Pablo aufgeregt. „Und darf ich mir auch die Parade angucken?“
„Klar, sie führt ja direkt am Hasta Burrito vorbei. Aber du musst mir versprechen, dass du im Restaurant bleibst. Du kannst sie aus dem Fenster beobachten. Lauf mir ja nicht weg, hörst du?“
Sie nahm Pablo nicht oft mit in die Stadt. Sie hatten auch in den Außenbezirken genügend Shopping Center und andere Einkaufsmöglichkeiten. Die Stadt war gefährlich für einen kleinen Jungen, der alles spannend fand. Sie gab zu, dass sie sich wahrscheinlich viel mehr sorgte als nötig, aber Pablo war ihr Ein uns Alles. Sie wollte nicht, dass ihm irgendetwas zustieß oder dass er sich in dieser Millionenstadt verirrte.
„ Was soll das denn, Teresa?“, rief Rico ihr sauer zu, als sie eine halbe Stunde später, nachdem sie Pablo den grünen Fluss gezeigt hatte, gemeinsam mit ihm das Restaurant betrat.
„Mach keinen Aufstand, Rico. Er wird ganz lieb in der Ecke sitzen und nicht stören, versprochen!“
„Musstest du ihn unbedingt heute mit herbringen? Wir werden heute nicht einmal einen freien Tisch für ihn haben, die brauchen wir für die zahlende Kundschaft.“
„Meine Mutter ist im Krankenhaus, was soll ich denn machen? Mich krankmelden?“
„Wage es ja nicht!“
„Na, siehst du. Ich weiß doch, dass heute viel los sein wird, deshalb komme ich ja trotzdem. Ich lasse dich nicht im Stich, Rico. Aber mein Kleiner hier muss auch irgendwo bleiben. Er kann auch auf einem Stuhl da hinten am Fenster sitzen, er wird dir schon keinen wertvollen Platz besetzen. Da kann er auch viel besser die Parade sehen.“
Rico sah Teresa jetzt schon versöhnlicher an. „Ist schon okay für mich, solange er keinen Ärger macht. Hi, Pablo, möchtest du einen Lolli?“
Rico reichte Pablo einen knallgrünen Lolli, den er dankend annahm. Teresa stellte ihrem Jungen einen Stuhl direkt vors Fenster, gab ihm seine Actionfiguren zum Spielen und sagte ihm, er solle keine Dummheiten machen. Dann machte sie sich an die Arbeit.
Sie fragte sich, ob wohl auch heute Luke Cartwright vorbeikommen
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