Hurra, die Lage wird ernst
sehen Sie, das ist
eine ganz andere Geschichte, die muß ich Ihnen schon etwas ausführlicher
erklären, damit Sie sie begreifen. Ich sagte Ihnen ja bei unserem letzten
Gespräch, daß mir an der Sache irgendwas faul erschien. Ich wußte selbst nicht
genau, was es war, aber da sich unser Auftraggeber seit seinem ersten Besuch
nicht ein einziges Mal mehr bei mir hatte sehen lassen, kamen mir ein paar
Gedanken, die ich nicht wieder los wurde. Ich bin also hingegangen und habe
mich, gleich nachdem die Sache in Junkersdorf abgelaufen war, mit einem
leitenden Angestellten der Lord-Werke in Verbindung gesetzt. Dort wußte man
nichts von einem Auftrag, fotokopierte Pläne herbeizuschaffen, ja, man
bestätigte mir sogar ausdrücklich, daß niemals ein solcher Verdacht aufgetaucht
war. Leider waren Sie zu diesem Zeitpunkt schon auf der Reise, und ich wollte
Sie auch nicht gleich wieder zurückrufen. Also fragte ich mich nach dieser
Auskunft: Wer war der Mann, der dir den Auftrag gegeben hat? Oliver und ich
hatten zwei schwere Tage, dann wußten wir es.«
»Na?« fiel Anja ungeduldig ein. Auch
ich hatte atemlos zugehört. Das war die tollste Geschichte, die ich jemals
gehört hatte.
»Der Mann war einer von der
Konkurrenz.«
»Nein«, sagte Anja ungläubig.
»Doch.«
»Und was hätte er davon gehabt, wenn
wir unseren Auftrag weisungsgemäß ausgeführt hätten«
»Aber das liegt doch auf der Hand.
Er wollte mit Hilfe der Pläne das Geheimnis des neuen Wagens noch vor der Ausstellung
aufdecken und so die Lord-Werke um ihren Knüller bringen.«
»Aber wieso kam er dann auf diese
verrückte Idee, die Lucas oder Herr Diering könnten sie besitzen?«
»So verrückt war diese Idee gar
nicht. Er hatte durch irgend jemanden von den beiden Kündigungen gehört.
Verstehen Sie, jemand aus den Lord-Werken muß ihm das, vielleicht auf eine ganz
harmlose Art und Weise, erzählt haben, und dann hat er sich selbst einen Reim
darauf gemacht. Er war es, der die Möglichkeit ins Auge faßte, einer von beiden
könnte die Pläne haben. Wenn er ein bißchen mehr Glück gehabt hätte und wenn
ich ihm nicht vorher auf die Schliche gekommen wäre, hätte er die Pläne auch in
die Hand bekommen, und genau das wollte er. Für diesen Versuch war er bereit,
die paar lumpigen Spesen springen zu lassen. Mit dem Erfolgshonorar hätte er
sicher nicht gespart, wenn alles nach Wunsch verlaufen wäre, aber für den
Anfang hatte er nichts zu verlieren, daher der raffiniert ausgeklügelte Vertrag
mit mir. Na, was sagen Sie nun?«
»Ich bin platt. Und das haben Sie
alles erst herausgebracht, als ich schon hier war? Und warum haben Sie mir dann
nicht sofort Bescheid gegeben?«
»Ja, glauben Sie denn, ich hätte Sie
hierher fahren lassen, wenn ich es vorher gewußt hätte? Aber da Sie nun schon
einmal hier waren, hab’ ich mir gedacht, laß sie sich noch ein paar schöne Tage
auf Spesen machen.«
»Also sind die Pläne gar nicht
fotokopiert worden?«
»Natürlich nicht. Unser Mister X
hielt es lediglich für möglich, daß es so sein könnte. Und damit hatte er gar
nicht mal so eine schlechte Idee, denn so gut wie die Lucas den Safe ausrauben
konnte, so gut konnte es ihr auch um die Pläne gehen, und in diesem Falle hätte
der Mann goldrichtig gelegen. Daß die Dame einen anderen Geschmack hatte, ist
sein Pech.«
»Was hat man denn bei den
Lord-Werken gesagt, als Sie ihnen diese fast unglaubwürdige Geschichte
»erzählten?«
»Gesagt haben sie nicht viel, sie
brauchten auch erst mal eine Zeit, bis sie das alles begriffen. Sie haben statt
dessen den Beschaffungslohn für das Geld von ursprünglich zwanzig- auf
dreißigtausend Mark erhöht, das war mir lieber als Worte.«
Anja war viel zu sprachlos, um sich
über die glückliche Wendung zu freuen, sie schüttelte immer wieder den Kopf,
starrte auf das Geld in ihrer Hand und machte ein Gesicht, als könnte sie immer
noch nichts begreifen.
»Jürgen Diering haben wir damit
gründlich unrecht getan. Haben Sie ihn überhaupt schon gefunden?« Ich dachte an
Anjas enthusiastische Erklärungen, die sie noch vorgestern auf Band gesprochen
hatte. Jetzt sagte sie nur:
»Ja, ich hab’ ihn gefunden«, und
wurde puterrot dabei im Gesicht.
Ehe Herr Debray seiner Verwunderung
über diesen erneuten Erfolg Ausdruck verleihen konnte, fuhr sie fort:
»Wir müssen es ihm sagen, ich meine,
daß der Verdacht unbegründet war.«
Herr Debray schüttelte mißbilligend
den Kopf. »Aber wieso denn, davon braucht er doch
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