Hurra, wir leben noch
wenig in internationalen Geschäftsmethoden aus … »Wenn wir noch zwei weitere Wochen verlieren, kriegen wir solche Konventionalstrafen, daß wir k.o. sind!« klang George Misaras’ Stimme über einen Kontinent und ein Weltmeer hinweg an Jakobs Ohr. »Corbett kann dann sofort liefern. Der hat massig vorfabriziert, habe ich rausgekriegt. Und wir stehen auf der Schwarzen Liste!«
»Dafür geht mir der Corbett jetzt in’n Knast!« sagte Jakob, gefährlich leise.
»Einen Dreck geht er! Denn wir können nicht beweisen, daß er hinter dem Streik steckt, daß er ihn angezettelt hat! Was glaubst du, was ich schon alles versucht habe, um es zu beweisen? No can do. Die haben das wasserdicht gemacht. Wie gesagt: Noch zwei Wochen, und sie haben uns in die Pfanne gehauen!«
»Das glaube ich nicht«, hatte Jakob in Düsseldorf gesagt. »Ich komme sofort, George.« Bevor er losflog, telefonierte er noch mit seinem alten Freund, dem Senator Connelly im Weißen Haus in Washington. Er telefonierte eine halbe Stunde. Connelly versprach, in Kürze zurückzurufen. Er rief in Kürze zurück. Was er sagte, stimmte Jakob frohgemut. Und frohgemut flog er dann vom Flughafen Köln-Wahn aus nach Los Angeles. Jetzt kann ich auch den Hasen suchen, hatte er gedacht. Er war ein Mann, der stets so viele Fliegen wie möglich auf einen Schlag erledigte. Nur klappte es diesmal nicht. Die Suche nach dem Hasen blieb erfolglos. Und die Arbeiter in den Fabriken streikten weiter. Die Zeit, die Jakob verblieb, um wenigstens ein Geschäft zu retten, wurde kürzer und kürzer. Am Morgen des 28. Juni 1961 trank er gerade im Haus seines Freundes George Misaras an der Rossmoyne Street in dem Nobelvorort Glendale von Los Angeles seine Kaffeetasse leer, als das Telefon läutete.
Misaras nahm den Hörer ab. Er lauschte kurz, dann sagte er: »Okay, Chief. Tausend Dank. Wir kommen sofort.«
Jakob war aufgesprungen, noch bevor Misaras den Hörer wieder in die Gabel gelegt hatte.
»Ist es soweit?«
»Ja«, sagte Misaras. »Es geht los!«
15
Sie hatten drei Wagen – einen Lincoln Continental und zwei Chevrolets –, und sie fuhren auf der verkehrsreichen Straße einmal vor und einmal hinter dem schwarzen Chrysler. Der Mann am Steuer des schwarzen Chrysler war hager, hatte weiße Haare, schwarze Augenbrauen und ein hartes Gesicht …
In seinem Telefonat mit dem Senator Connelly, das Jakob am 22. Juni noch von Bonn aus geführt hatte, war lange die Rede davon gewesen, daß die Polizei normalerweise in den mit größter Wahrscheinlichkeit von Corbett inszenierten Streik nicht eingreifen konnte, ebensowenig wie sie Telefonleitungen anzapfen, einzelne Menschen, von denen nichts Nachteiliges bekannt war, überwachen oder gar gegen ganze Gruppen Fahndungsmaßnahmen einleiten konnte in der Hoffnung, irgendwelche Verdächtige werde man schon zu fassen kriegen. Als der Senator dann Jakob in Bonn zurückrief, war das anders …
»Ich habe mit dem Polizeipräsidenten von Los Angeles gesprochen, Jake. Der ist ein College-Freund von mir. Ich habe ihm die Sachlage geschildert und erreicht, daß Sie ab sofort Hilfe bekommen.«
»Danke, Senator, danke!«
»Schon gut. Sie haben Glück. Der Polizeipräsident will ein Exempel statuieren! Solche Sachen nehmen überhand, sagt er. Von dieser Minute an arbeiten Detektive einer Sonderkommission für Sie, Jake …«
Nun, die Sonderkommission hatte nach kurzer Zeit bereits herausgebracht, daß Jakobs Konkurrent John A. Corbett eine gewisse Kanzlei Dickins, Stark, Holloway, Holloway & Crown (ohne Wissen seiner hausinternen Rechtsabteilung!) beschäftigte, und die Detektive der Sonderkommission waren daraufhin dazu übergegangen, alle Anwälte der erwähnten Kanzlei, die Fabrik im Stadtteil Compton und Corbetts Haus in Beverly Hills rund um die Uhr zu überwachen. Dann, am 28. Juni 1961, morgens, hatten die Beamten im Präsidium diesen Anruf bekommen: »Jerry Stark wird in einer Stunde seine Kanzlei verlassen – nach einem Telefongespräch mit Corbett!« (Corbetts Telefonanschluß war schon seit Tagen angezapft.)
Daraufhin hatte der Chef der Sonderkommission bei George Misaras angerufen, und der und Jakob waren losgesaust.
Der Mann in dem schwarzen Chrysler mit dem harten Gesicht, den weißen Haaren und den schwarzen Augenbrauen war also der Anwalt Jerry Stark. Sie verfolgten ihn praktisch von dem Augenblick an, in dem er seine Kanzlei in dem Wolkenkratzer am Pico-Boulevard verlassen hatte.
Jakob saß mit Misaras und
Weitere Kostenlose Bücher