Hurra, wir leben noch
Sie niemals eine einzige Silbe über das verlauten lassen werden, was da mit den Eiern passiert ist? Was der Colonel angeordnet hat?«
»Sie haben es, Sir.« (Was soll denn das?)
»Wenn Sie wirklich schweigen – und alle anderen Beteiligten auch, ich muß alle noch einzeln verhören –, wenn Sie alle miteinander wirklich schweigen, immer, unter allen Umständen – dann ist der Provost Marshal – und ich bin befugt, Ihnen das in seinem Namen verbindlich zu erklären – bereit, Gras über die Sache wachsen zu lassen. Sie dürfen dann auch Ihre Eier behalten. Und niemand wird bestraft. Den tapferen Colonel Hobson werden wir – hrm – mit einer anderen Aufgabe betrauen.« Ach, so ist das! dachte Jakob und schwieg. »Antworten Sie, Herr Formann!« Und Jakob schwieg. Wohlsein fuhr herum. Er weinte nun beinahe. »Stellen Sie sich vor, es kommt heraus, was für Kommandanten wir haben! Die Russen kriegen Lachkrämpfe! Aber wenn Sie und die anderen jetzt dichthalten, können Sie die Eierproduktion ganz groß aufziehen und den Vertrieb unter der notleidenden Bevölkerung selber organisieren!«
Da war aber auch schon Jakobs angeborene Unverschämtheit zum Durchbruch gekommen. »Und um mir dieses Angebot zu machen, wird ein Haftbefehl für mich ausgeschrieben, und ich werde wie ein gemeiner Verbrecher aus dem Bett geholt?«
»Ein unglücklicher Zufall! Der Provost Marshal hat den Befehl gegeben, ohne sich über den Sachverhalt ganz im klaren zu sein! Er hat da doch immer noch geglaubt, die Küken sind tatsächlich verbrannt worden! Während man Sie hergeholt hat, habe ich mit dem Provost Marshal gesprochen und ihm mitgeteilt, daß Sie nur Abfall verbrannt haben …«
»Woher wissen denn aber
Sie
das?«
»Criminal Investigation Department! Ich habe Spezialisten zur Brandstelle gejagt! Ich selber habe mich überzeugt!«
»Wovon überzeugt?«
»Daß Sie nur Abfall verbrannt und die Küken gestohlen haben! Das habe ich schnellstens dem Provost Marshal mitgeteilt! Er bedauert sein Verhalten ganz außerordentlich …«
»Dafür kann ich mir was kaufen!«
»… und läßt Sie durch mich bitten, Ihre Festnahme zu vergessen! Sie werden von uns auch in jeder nur möglichen Weise unterstützt werden …« Jetzt aber nix wie ran, dachte unser Freund und tobte weiter: »In jeder nur möglichen Weise unterstützt? Daß ich nicht lache! Bin ich bis jetzt von Ihnen jemals unterstützt worden? Schauen Sie mich doch an! Diese gefärbten Dreckslumpen! Und hier …« Jakob hob einen Fuß. »Wasser kommt in die Schuhe! Der Winter ist schon da! Meine Freundin hat nicht mal einen Mantel!«
»Sie werden selbstverständlich beide von uns eingekleidet. Wozu haben wir die PX -Läden?«
( PX war die Abkürzung für ›Post Exchange‹, und das wiederum bedeutete Warenhäuser, in denen Amerikaner und ihre Frauen alles, aber auch wirklich alles kaufen konnten.)
»Und wie soll ich mit meinen Mitarbeitern all die vielen Wege zurücklegen – vielleicht zu Fuß?«
»Es steht natürlich ein Jeep zu Ihrer Verfügung.«
»Der mir bei der ersten Kontrolle weggenommen wird, worauf ich wegen Diebstahls von Heereseigentum wieder bei Ihnen lande!«
»Sie bekommen einen Jeep mit dem Zeichen des Roten Kreuzes und alle erforderlichen Dokumente und Passierscheine und einen Brief ›To whom it may concern‹ mit der Aufforderung an alle US -Dienststellen, Sie nach besten Kräften zu unterstützen. Sind Sie
nun
zufrieden?«
»Nein.«
Wohlsein stöhnte. »Was darf’s denn noch sein?«
»Sir, ich habe heute nacht vierzigtausend Küken gestohlen. Und nur ich und sonst niemand weiß, wie man die Küken richtig behandelt. Aber was weiß ich da schon wirklich?«
»Auch daran ist gedacht, Herr Formann! Sie und ich, wir fahren heute nachmittag ins Lager Glasenbach.«
»Glasenbach? Das ist doch das Lager, in dem die ganzen hohen Nazis sitzen! So ein feiner Mann bin ich doch nicht!«
Der Lieutenant Wohlsein kam vom Fenster zu Jakob und strich mit der Hand lächelnd über dessen Schulter. »Im Lager Glasenbach sitzt Professor Karl Wilhelm Donner. Sie kennen den Namen? Natürlich. Wer kennt ihn nicht? Ein Genie von einem Flugzeugkonstrukteur! Toller Mann! Den stellen wir Ihnen auch zur Verfügung!«
»Ich brauche niemanden, der mir Flugzeuge baut, ich brauche jemanden, der …«
»Professor Donner hat sich als Hobby seit vielen Jahren für Hühnerzucht und für Eier und für Experimente mit Eiern interessiert. Er ist der größte Experte
Weitere Kostenlose Bücher