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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Dann zog er eine Grimasse.
    »Was hast du? Zahnweh?«
    Jakob wurde verlegen. »Das hast du alles großartig gemacht, Claudia! Nie werde ich dir genug danken können! Jeden Wunsch erfülle ich dir …«
    »Kannst du dir das denn noch leisten?«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Na ja, ich meine, du hast größere Ausgaben in letzter Zeit gehabt …« Er lachte herzlich.
    »Ach, Claudia! Das hat dir der Misaras erzählt, was? Der macht sich Sorgen, daß ich pleite gehe bloß wegen der paar kleinen Geschenke für Natascha, der Trottel, der liebe!«
    Und sanft rauschte der Wind in den Palmen, in den Eukalyptus-, Zitronen- und Orangenbäumen und in den Kiefern vor dem offenen Fenster …
    »Dann bin ich ja beruhigt. Ich werde mir schon noch etwas wünschen, Jakob. Und was wünschst du dir noch?«
    »Ich … ja … aber du darfst nicht lachen … Ich habe einen Wunsch, einen ganz großen …«
    »Welchen denn? So sag doch, Jakob!«
    »Den Violetten«, sagte er.
    »Wen?«
    »Diesen Vetter von der Edlen! Wir haben ihn im Vatikan getroffen. Ich möchte unbedingt, daß er auch zu meinem Fest kommt.«
    »Du meinst: ein Bischof?«
    »Was weiß ich, was er ist, jedenfalls kein Bischof, aber ein Violetter. Diese Violetten, das sind ganz hohe Tiere, habe ich gehört. Gleich neben dem Stuhl vom Heiligen Vater. Warte mal – so ähnlich wie Notar war der Titel … Claudia, die Krönung meines Lebens wäre es, wenn dieser Violette käme!«
    »Jetzt dämmert’s mir. Du meinst den Protonotar, den Wirklichen Apostolischen Protonotar, den Vetter der Baronin. Um Himmels willen, wozu brauchst du den, Jakob?«
    »Weil … aber, bitte, nicht lachen … Weil ich möchte, daß so ein hoher Kathole dieses Haus hier einweiht …«
    »Einsegnet!«
    »Oder einsegnet, ich kenne mich in diesen Fachausdrücken nicht aus!«
    Claudia zog die Stirn in Falten.
    »Weißt du, Jakob, so einen Violetten, den kann man nicht einfach so mieten! Diese Violetten sind selten und machen sich rar. Bist du überhaupt katholisch?«
    »Technisch gesprochen.«
    »Was heißt technisch gesprochen?«
    »Na ja, ich bin katholisch getauft. Ich habe nie Gebrauch davon gemacht, soll das heißen, ich bin – jetzt tut’s mir wirklich leid – nie in die Kirche gegangen und habe nie gebeichtet und all das Zeug. Aber hör mal, wenn der Violette, den ich meine, doch ein Vetter von der Edlen ist, und wenn die Edle ihn nun bitten würde, zu meinem Fest zu kommen – die Edle ist natürlich auch eingeladen! –, dann besteht doch vielleicht eine Chance …«
    »Die Edle wird dir was«, sagte die Contessa della Cattacasa. »Die hast du rausgeschmissen! Auf den Seychellen, als du und BAMBI gerade mitten dabei wart und wir euch gestört haben. Da hast du sie fristlos gefeuert, damals!«
    »Ach du liebes Gottchen …« Jakob war erschüttert. »Und sie ist mir noch sehr böse?«
    »Vermutlich, mein Lieber.«
    »Wo lebt sie denn? Geht es ihr dreckig? Hoffentlich! Wenn so etwas mit Geld gutzumachen ist, an mir soll es nicht liegen!«
    »Leben tut die Edle in München«, sagte Claudia. »Und dreckig gehen tut es ihr keinesfalls. Im Gegenteil. Also, so einfach mit Geld wird das nicht sein …«

19
    »… höchstens mit sehr viel Geld«, sagte die Edle drei Tage später, am 20. Juli 1962, in ihrer luxuriösen Villa im Münchner Prominentenviertel Bogenhausen. Sie saß Jakob gegenüber in einem antik eingerichteten Salon und betrachtete ihren ehemaligen Zögling mit verächtlichem Gesichtsausdruck. »Ich gehöre nicht zu den obszönen Typen, die sagen, daß man Schmach, die einem angetan worden ist, nicht mit Geld abwaschen kann. Natürlich kann man, Herr Formann, natürlich, aber mit viel Geld! Für viel Geld werde ich Sie zum Ordensmarschall des Hohen Christlichen Ritterordens ›Signum Fidei‹ – das heißt auf deutsch ›Zeichen der Treue‹, ich weiß, Sie verstehen es lateinisch nicht – schlagen, dazu bin ich berechtigt. Und ich werde Ihnen auch noch das Großkreuz mit Cordon oder besser den Silbernen Stern, die Krone zum Kreuz und die Verdienstmedaille geben. Sie zum Ritter und Marschall schlagen, und Sie werden sich ›Exzellenz‹ nennen dürfen.«
    »Das will ich gar nicht, Baronin! Wir haben uns da falsch verstanden! Was ich will, ist, daß Sie Ihren Herrn Vetter da in Rom bitten …«
    »Das habe ich sehr gut verstanden, Herr Formann«, sprach die Edle schmallippig. »Eines nach dem andern. Erst der Ritter- und Marschallschlag, dann die Auszeichnungen

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