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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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denn da wirklich schon lesen und schreiben können?
    »In Anerkennung der Verdienste der Ordensprovinz um das deutsche Ansehen in der Welt«, sprach die Edle voll Würde, ach, soviel Würde, »ist den Rittern des Ordens nach dem neuen Ordensgesetz der Bundesrepublik Deutschland das Recht bestätigt worden, die Insignien des Grades vom Ritterkreuz über das Komturskreuz mit Krone bis zum Großen Silbernen Stern mit Cordon öffentlich zu tragen. Das kriegen Sie.«
    »Was kriege ich, bitte?«
    »Die zweithöchste Stufe nächst mir. Die Stufe des Ordensmarschalls. Weil sie am teuersten ist.«
    »Ich verstehe. Aber dafür bringen Sie mir bestimmt den Violetten nach Cap d’Antibes?«
    »Ich bringe Ihnen dafür bestimmt meinen Vetter nach Cap d’Antibes. Bei meiner Arbeitsüberlastung. Aber bitte! Wenn Sie eine entsprechende Summe bezahlen, über die wir uns gewiß einigen werden.«
    »Sicherlich, Großmeisterin Baronin«, sagte Jakob. (Ich muß so einen Violetten einfach haben! Dann platzen sämtliche Geldsäcke der Welt vor Neid, nicht nur die Säcke an der Côte!) »Arbeitsüberlastung, sagen Sie, Exzellenz. Das Geschäft blüht also?«
    »Ich komme kaum nach. Sehen Sie, Herr Formann, viele deutsche Menschen von Würde, Rang und Bedeutung nennen zwar längst alle Beweismittel gehobenen Lebensstandards ihr eigen, entraten jedoch immer noch der sozialen Wertung, als Leute von Welt zu gelten. Dem schaffe ich Abhilfe bis zur Erschöpfung – da auch weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Soweit ich sie selber nicht zum Ritter – oder zur Ritterin! – schlagen kann, weil die Herrschaften keine Zeit haben, erlauben die Regeln auch die Zusendung von Urkunde, Ordensmantel und Insignien. Ein solcher Ritterschlag per Bundespost trifft nun schon einen globalen Zusammenschluß christlich integrer Prominenz der gegenwärtig hochgestellten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst. Allein zwölf Staatsmänner habe ich zum Ritter geschlagen«, bekannte die Edle schlicht, aber ihrer Sendung wohl bewußt. »Leider sind sie schon ermordet oder abgesetzt worden.«
    »Wer denn zum Beispiel?« fragte Jakob neugierig.
    »Nun, die Staatspräsidenten von Guatemala, Kuba, Panama, Chile, Venezuela, Haiti, Ägypten – Nasser-Vorgänger Nagib –, Peru, Argentinien – Ex-Regierungschef Perron –, und von Nicaragua gleich zwei Staatspräsidenten. Der große Markt liegt natürlich in Deutschland. Die deutsche Elite braucht Ritterkreuze!«
    »Wahrhaftig, Baronin Großmeisterin!«
    »Setzen Sie sich endlich, Sie machen mich ganz nervös.«
    Jakob plumpste auf seinen Sessel zurück.
    »Damit Sie vollkommen im Bilde sind, Herr Formann«, sprach die Edle.
    »Wir – also ich – verleihen (auch gegen Ratenzahlung!) den Titel ›Ritter‹ mit dem Recht, das Ritterkreuz öffentlich zu tragen. Kostet dreitausend Mark. Den Ordenskomtur mit Kreuz am Band um den Hals zu tragen. Kostet neuntausend Mark. Den Ordensgeneral mit Großkreuz an der Schärpe. Und den Ordensmarschall, dazu noch den Silbernen Stern – mit der Anrede ›Exzellenz‹ – und, bei weiteren caritativen Zahlungen an mich, die Krone zum Kreuz und die Verdienstmedaille des Ordens. Hier liegt der Kostenpunkt nach Vereinbarung. Das werden Sie kriegen.«
    »Was Kleineres würde auch genügen, Großmeisterin …«
    »Ich denke, Sie wollen meinen Vetter aus Rom, um Ihr Haus einsegnen zu lassen, Herr Formann!«
    »Ach so, ja! Natürlich! Entschuldigen Sie! Das hatte ich momentan vergessen. Also das Teuerste … nach Vereinbarung. Ich weiß, das wird mich eine Stange Geld kosten …«
    »Da können Sie Ihr Leben drauf wetten.«
    »… nach allem, was vorgefallen ist, aber ich bin bereit.«
    »Es kommt übrigens noch eine Siegelgebühr in Höhe von zweitausend Mark für die Anfertigung des Diploms, der persönlichen Ordensinsignien und des Ordensmantels hinzu, Herr Formann.«
    »Na, darüber wollen wir uns doch nicht streiten, Großmeisterin! Wann können Sie die Verleihung vornehmen? Ich meine: Wie schnell könnte es gehen, ich bin nämlich in Eile.«
    »Wann soll Ihr Fest stattfinden?«
    »Am zweiten August, Großmeisterin.«
    »Dann ist höchste Eile geboten, Herr Formann. Ach ja, Sie können sich doch noch immer nicht anständig benehmen.« Jakob senkte beschämt das Haupt. »Darum sage ich Ihnen das Wichtigste: Mein Vetter ist mit ›Hochwürdigste Exzellenz‹ anzureden!«
    »Hochwürdigste Exzellenz, jawohl …«
    »Im allgemeinen genügt auch

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