Hurra, wir leben noch
des Ordens …«
»Aber ich habe doch gar keine Verdienste um den Orden …«, gab Jakob zu bedenken.
»Bevor wir miteinander fertig sind, werden Sie welche haben, Herr Formann. Und was für welche! Sonst wäre die Sache ja obszön! Wir müssen uns gleich über das Geschäftliche unterhalten. Sie bezahlen … hm … nach Vereinbarung, so wollen wir es nennen und die Summe geheimhalten, mit der Sie die mir angetane Schmach tilgen
und
dafür sorgen, daß ich Ihnen meinen Vetter aus Rom hole zu Ihrem Fest – das kostet Sie einiges, glauben Sie mir, sonst wäre es ein Sakrileg. Sie sind natürlich einverstanden?«
»Was bleibt mir anderes übrig?« fragte Jakob hoffnungsvoll.
»Eben«, sagte die Edle. »Und sonst geht’s gut?«
»Ich kann nicht klagen. Sie auch nicht, sehe ich, Baronin!«
»Sie dürfen Groß- und Heermeisterin zu mir sagen und Exzellenz, Herr Formann.«
»Wie sind Sie denn auf diesen Quatsch mit dem Orden und den Rittern … um Gottes willen, stellen Sie das Ding hin, ich flehe Sie an! Wie sind Sie denn Groß- und Heermeisterin und Exzellenz geworden und dazu gekommen, Leute zum Ritter zu schlagen, wollte ich sagen?«
Die Edle stellte die schwere Bronzevase, die sie auf Jakobs Kopf hatte fallen lassen wollen, mit dessen Hilfe wieder an ihren Platz.
»Ich habe mir unsere Ahnentafeln und unsere Familiengeschichte noch einmal ganz genau angesehen, Herr Formann, und dabei bin ich auf Gerardus den Enthaltsamen gestoßen, dem es Anno 1192 gefallen hat, während des Dritten Kreuzzugs einen eigenen Hausorden zu stiften – eben diesen.«
»Aha. Aber wie kommen Sie dazu …«
»Nicht unterbrechen, bitte. Die Tradition, die von jenem Gerardus dem Enthaltsamen bis zu mir führt, ist an keiner einzigen Stelle unterbrochen.«
»Inwiefern Tradition? Nicht böse werden, Exzellenz Großmeisterin! Ich glaub’s ja, es möchte mich halt nur interessieren.«
»Wohlan denn«, sprach die Edle und gab huldvoll eine Erklärung.
Der Erklärung zufolge saß der wirklich allerletzte Adelige, der sich als Nachfahre jenes Kreuzzug-Enthaltsamen bezeichnen konnte, in Mexiko …
»… und zwar so tief im Dschungel dort, daß der Postbote jedesmal einen Fluß durchschwimmen muß«, sagte die Edle.
»Na servas!«
»Er ist Bischof einer Urwaldsekte. Hier, sehen Sie!« Die Edle entrollte eine vergilbte Pergamentrolle. Jakob las oben auf dem Pergament groß: DIPLOMA. Der Text darunter war in deutscher und spanischer Sprache geschrieben. Jakob entnahm dem deutschen Text, daß der Urwald-Bischof einem Oberstleutnant a.D. Karl-Heinz Stühlchen zu Duisburg-Ruhrort 1931 den Rang eines ›Groß- und Heermeisters der Ordensprovinz Germania superior‹ verliehen hatte mit der Berechtigung, Orden, Stern, Band und Krone zu tragen, Ritter in den Hohen Orden zu erheben et cetera et cetera.
»Der arme Stühlchen ist vor einigen Jahren gestorben«, sprach die Edle.
»Er war mit mir verwandt. So erhielt ich das DIPLOMA . Und so bin ich für den in Gott Verblichenen in die Bresche gesprungen, um nunmehr Deutschlands Prominenz im Orden fest zusammenzuschließen. Wir stehen – das möchte ich ausdrücklich betonen – den Maltesern und Johannitern gleich und verfügen über sehr weitreichenden Einfluß.«
»Donnerwetter«, staunte Jakob. »Wie weit geht der denn, der Einfluß?«
»Bis zu der Berechtigung, Vorschläge bei der Besetzung von Konsulnstellen zu machen, Herr Formann.«
»Das ist ja ungeheuer! Also fast schon hohe Politik!«
»Hm. Nun ja. Wir sind ja auch nicht eben billig.«
»Das sehe ich«, sagte Jakob, sich umblickend.
»
Sie
wird es natürlich, aber da waren wir schon, besonders teuer zu stehen kommen. Ist ihnen das klar, Herr Formann?«
»Es ist mir klar, Baronin.«
»Sie sollen Großmeisterin oder Exzellenz zu mir sagen, Formann!«
»Es ist mir klar, Großmeisterin Exzellenz«, sagte Jakob und dachte: Ich sage dir, was du nur wünschst, ich will doch den Violetten haben!
»In den Aufnahmebedingungen jenes Gerardus des Enthaltsamen heißt es, daß in den Orden in Anerkennung caritativer Verdienste jeder erhoben werden kann, der des Lesens und Schreibens kundig ist. Ich darf voraussetzen, daß Sie das sind, Herr Formann?«
»Sie dürfen, Eure Exzellenz … Großmeisterin … Baronin.« Des Lesens und Schreibens kundig, dachte Jakob, gegen seinen Willen ergriffen. Heute klingt das natürlich blödsinnig. Zwölfhundertungerade hat das gewiß gar nicht blödsinnig geklungen. Wie viele Leute haben
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