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»Ihre Freundin, das ›Opfer‹, kann sich ihr Eigentum bei mir abholen. Sie sollten mit ihr einen Termin vereinbaren. So, gnädige Frau, das war’s. Der Reederei gegenüber habe ich Sie aus der ganzen Sache herausgehalten. Ich denke, dass das ist in Ihrem Sinne ist. Auch Ihrem Gatten haben wir damit viel Aufregung erspart.«
»Kapitän, ich danke Ihnen sehr für ihre Mühe und Ihr Entgegenkommen.« Dankbar schüttelte ich
seine Hand.
***
Auf dem Weg zum Pool blieb ich an einer Bar hängen. Einen Cognac konnte ich jetzt gut gebrauchen.
Einige Runden Schwimmen danach brachten mich wieder ins Gleichgewicht. Der komische Kerl, der
an der Bar saß, war mir in geringem Abstand gefolgt und beobachtete mich. Nicht mein Typ – keine Chance!
So verließ ich den Pool, schnappte meine Badetasche und eilte zum Lift. Ich fuhr nur zwei Etagen nach oben, wechselte in den Lift nach nebenan, und hoffte, so das Arschloch abgehängt zu haben.
In meiner Suite zog ich mich um, ging zum Speisesaal und stürzte mich mit Heißhunger auf das
reichhaltige Buffet.
Auf dem Rückweg schaute ich an dem Schuhgeschäft vorbei, wollte sehen, was mein kleiner Franzose macht. Er war aber nicht da. Durchs Schaufenster erkannte ich seine Kollegin – auch ein hübsches Kind!
– und die stramme Besitzerin.
So schlenderte ich weiter und begab mich in meine Kabine, wo ich mich aufs Bett legte und sofort einschlief.
***
Gegen vierzehn Uhr wurde ich wieder vom Telefon aus dem Schlaf gerissen. Das ist ja schlimm heute, dachte ich.
Der Kapitän war dran und fragte, ob er mich in einer Stunde besuchen dürfte.
»Natürlich«, antwortete ich. »Möchten Sie Kaffee und Kuchen?«
»Ja, gern, aber bitte keine Sahnetorte, lieber Obst«, war seine Antwort.
Ich bestellte beim Romservice und alles wurde pünktlich geliefert. Auch der Kapitän war auf die
Minute da und brachte einen wunderschönen Blumenstrauß mit, den er mir mit einem bezaubernden
Lächeln überreichte.
Er berichtete mir vom »Muskelmann«. Dieser hätte so sehr in der Gefängniszelle herumgetobt, dass er gefesselt werden musste und vom Arzt eine Beruhigungsspritze erhalten hatte.
»In zwei Tagen legen wir im nächsten Hafen, in Nassau, an, dann sind wir ihn endlich los!« Der
Kapitän rieb sich die Hände. »Übrigens, ich möchte dort einen alten Freund besuchen. Haben Sie Lust, mich zu begleiten? Ihre Hochzeitsreise ist ja nun unglücklicherweise buchstäblich ins Wasser gefallen.
Sicher könnten Sie etwas Abwechslung gebrauchen.«
Sämtliche Gedanken schossen mir durch den Kopf: Der wird doch wohl nicht damit rechnen, dass ich meine Hochzeitsnacht mit ihm nachhole! Damit könnte er seine Position als Kapitän sehr in Gefahr bringen.
»Gern«, sagte ich stattdessen. »Da gibt es allerdings ein Problem: Mein ›Opfer‹, wie Sie es nennen, braucht unbedingt einen Ablenkung, und ich hatte vor, mit ihr im nächsten Hafen einen Tagesausflug zu machen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir sie mitnähmen?«
Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch er versicherte: »Natürlich nehmen wir sie mit, wenn sie das möchte. Bitte sagen Sie mir rechtzeitig Bescheid.«
Wir tauschten noch ein paar belanglose Sätze aus, dann verabschiedete sich der Kapitän und lächelte mich an. Er machte aber keinen sehr glücklichen Eindruck.
Gut sieht er aus, dachte ich. Für dreiundfünfzig und zum zweiten Mal geschieden, hat er sich topfit gehalten.
Er zählte zu den Vertrauten der Reederei und war bereits achtzehn Jahre in Diensten meines Mannes.
Motive, mit der Frau seines Chefs zu schlafen, waren schon vorhanden. Aber wollte er das wirklich?
Dass ich sehr gut aussah und eine aufregende Figur hatte, sah jeder, das war kein Eigenlob. Dass mir die Geilheit aus den Augen sprang, hat man mir das erste Mal gesagt, als ich sechzehn war und später, wenn auch mit anderen Worten, immer wieder. Dass Sex einfach zu mir gehört, und dass ich es gern mit Männern und Frauen treibe, hatte man mir nachgesagt, als ich noch Angestellte der Reederei gewesen war. Allerdings beruhte das nur auf lüsternen Vermutungen. Beweisen konnte es mir niemand.
Einen Mann wie den Kapitän würde ich schon gern mit Haut und Haar vernaschen – das stand außer
Zweifel – und ich vermutete, dass er es auch ahnte. Aber was würde aus mir werden, wenn Frank
erführe, dass ich mit seinem besten und vertrautesten Mitarbeiter im Bett war? Eine sehr gut bezahlte Stelle mit Lebenszeitgarantie und
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