I love you, honey
Schicksal und setze mich zu ihnen in den Garten. Am Tisch sitzen drei junge, mittelgroße Männer, die mich aufgekratzt begrüßen. Alle haben schon ziemlich viel getrunken. Kamal kommt und stellt die Suppe und Geschirr auf den Tisch. Außerdem gibt es noch frisches Fladenbrot dazu. Alle bedienen sich und es scheint ihnen gut zu schmecken. Mir ist der Appetit ob dieser Umstände vergangen. Ich frage mich, ob es gut ist, dass Kamal durch die Arbeit das Café mehr Geld zur Verfügung hat. Es hat vielleicht einen Grund, dass ihm seine Mutter nur drei Euro am Tag zuteilt. Ich habe den Eindruck, dass er das verdiente Geld meistens für Alkohol ausgibt und davon auch noch seine Freunde einlädt.
Nach einiger Zeit verabschieden sich seine Freunde tatsächlich und ich bin mit Kamal alleine. Auf einmal hat er Tränen in den Augen. ,, I´m nothing“, sagt er leise. Mir zerreißt es das Herz, ihn so reden zu hören. ,, Rede nicht so“, versuche ich ihn zu trösten, ,,natürlich bist du etwas wert.“ Er scheint mit den Anforderungen des täglichen Lebens Schwierigkeiten zu haben. Ein normales Leben zu führen, ist zwar für ihn erstrebenswert, aber er bekommt sein Alkoholproblem nicht in den Griff. Seine Freunde, die er abends trifft, sind ein zusätzliches Problem. Er stromert mit ihnen nachts durch die Straßen und sie trinken Alkohol an versteckten Ecken. Er ist nicht in der Lage dieses für ihn schädliche Umfeld zu verlassen. Die nächtlichen Streifzüge mit seinen Freunden üben eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Ich kann es nachempfinden, aber ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann. Das macht mich ganz traurig. Er weint jetzt leise und Tränen der Verzweiflung strömen ihm über das Gesicht. Ich halte ihn im Arm und versuche ihn zu trösten ,, Es wird alles gut werden“, verspreche ich ihm, aber momentan weiß ich selbst nicht, wie alles weitergehen soll. ,, Hör´ doch jetzt auf den Wein zu trinken“, bitte ich ihn inständig. Er beharrt aber darauf, noch die halbvolle Flasche Wein zu leeren. Trotz guten Zuredens, gelingt es mir nicht, ihn davon abzuhalten. Er holt sich mein Radio aus dem Wohnzimmer und geht in den Garten. Das Radio habe ich aus Deutschland mitgebracht. Es ist ein buntes Badradio in Form eines Fisches. Kamal liebt dieses Radio über alles. Ich lege mich in mein Bett und höre leise arabische Musik und das Klicken des Feuerzeugs. Kamal, ich liebe dich doch, was soll ich denn bloß machen?, denke ich. Ich empfinde immer noch große, wahre Liebe für ihn, aber irgendetwas geht zu Bruch.
Als ich morgens gegen acht Uhr aufwache, ertönt immer noch Musik aus dem Garten. Schnell stehe ich auf und öffne die Tür. Strolchi rennt sofort hinaus. Die Sonne scheint mir hell ins Gesicht. Auf dem Tisch stehen eine leere Weinflasche und ein halbvolles Glas mit Wein. Das Radio schalte ich aus. Ich blicke mich um und sehe Kamal auf der Veranda schlafen. Sanft versuche ich ihn, aufzuwecken. Unwirsch dreht er sich zur Seite und murmelt etwas auf Arabisch. Ich gebe meine Bemühungen auf und lasse ihn in Ruhe. Dann muss ich eben wieder alleine im Café arbeiten. Ich hole eine Decke und lege sie behutsam über ihn. Strolchi kommt und kuschelt sich schnurrend in seinen Arm. Instinktiv hält ihn Kamal ganz fest. So ist er wenigstens nicht alleine.
Ich räume schnell den Tisch ab. Danach dusche ich mich, ziehe mich an, verlasse die Wohnung und laufe zum Taxi. Unterwegs kaufe ich mir zum Frühstück ein Fladenbrot beim Bäcker. Im Café angekommen, erledige ich die notwendigen Vorbereitungen. Ich wische die Tische ab, rücke die Stühle zurecht, lüfte und fülle die Kaffeemaschine auf.
Heute lassen die Gäste auf sich warten. So habe ich viel Zeit zum Nachdenken. Ständig sehe ich Kamal vor mir, wie er auf dem Boden schlief. Er tut mir leid und ich fühle mich hilflos ihm gegenüber. Er muss selbst den Willen haben, etwas an seinem Leben zu ändern. Ich nehme mir vor, bei der nächsten passenden Gelegenheit mit ihm darüber zu sprechen.
Am Nachmittag kommt Kamal im Café vorbei. Er sieht unausgeschlafen aus und seine Stimmung ist mies. Lustlos fängt er an, hinter dem Tresen zu arbeiten. Heute werde ich wohl nicht mit ihm über die vergangene Nacht reden können, denn die Unterhaltung würde zu keinem Ergebnis führen. Daher verhalte ich mich still.
Nachmittags kommt eine junge Studentin, um sich als Aushilfskraft zu bewerben. Es hat sich herumgesprochen, dass wir eine Aushilfe suchen. Sie heißt Samira ,
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