I love you, honey
schnell geleert. Ich habe bald keine Lust mehr, mir die Nacht um die Ohren zu schlagen und laufe in die Wohnung. Kamal folgt mir und versucht mich, zum Bleiben zu überreden. Als er einsieht, dass seine Bemühungen umsonst sind, gesellt er sich wieder zu seinen Freunden. Ich bin traurig, dass dieser Tag, der so schön anfing, so enden musste. Es dauert lange, bis ich einschlafen kann, zu viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Kaum bin ich kurz eingenickt, werde ich unsanft von Kamal geweckt. Er redet laut auf mich ein. Seine Freunde sind jetzt gegangen und er möchte sich mit mir unterhalten. Er ist jetzt ziemlich betrunken und redet arabisch und englisch durcheinander. Ich versuche ihn zu überzeugen, mit dem Taxi nach Hause zu fahren, aber er besteht darauf weiterhin im Garten zu bleiben, auch ohne mich. Ich möchte aber nicht um fünf Uhr morgens ein Gespräch führen und so lasse ich ihn alleine und versuche, noch etwas Ruhe zu finden.
Das ist der Anfang von einem anstrengenden Leben, in dem Kamal j ahrelang die Nacht zum Tag machen wird.
Al s ich morgens den Garten betrete, ist Kamal verschwunden. Der Tisch ist leer und sauber abgewischt. Ich bin ziemlich niedergeschlagen, denn ich mache mir Sorgen um ihn. Er lässt sich so leicht von seinen Freunden beeinflussen. Ich hoffe, dass er es durch die geregelte Arbeit im Café schafft, seinem Leben eine positive Richtung zu geben.
Jetzt fahre ich mit einem Taxi zu der Elektrizitätsgesellschaft etwas außerhalb von Salé, um den Strom anzumelden. Im Vorraum des Gebäudes muss man eine Nummer ziehen. Vor mir sind ungefähr sechzig Leute, aber erstaunlicherweise werde ich schon nach zwanzig Minuten an einen Schalter gebeten, obwohl meine Zahl noch nicht aufgerufen wurde. Inmitten der Einheimischen bin ich wahrscheinlich aufgefallen und genieße eine Sonderbehandlung. Das kann mir nur recht sein! Der junge Angestellte erklärt mir geduldig alle Einzelheiten und füllt zügig die notwendigen Unterlagen für mich aus. Ich muss nur noch unterschreiben. Das ging aber schnell! Der Strom wird übermorgen angestellt werden. Endlich kann ich dann auf die Kerzen verzichten. Ständig verspüre ich wegen der Brandgefahr ein gewisses Unbehagen.
Kaum bin ich wieder zu Hause angekommen , klopft der Handwerker zum vereinbarten Termin, um die Gastherme zu warten. Es ist ein älterer, einfacher Mann in einen dunkelblauen Overall und spricht nur wenig Französisch. Er trägt einen schwarzen Werkzeugkoffer. Ich geleite ihn ins Bad und er überprüft fachkundig die Therme. Danach zeigt er mir, welche Knöpfe man an der Therme drücken muss und an welcher Stelle man die Gasflamme mit einem Feuerzeug entzündet. Sie rattert ziemlich laut und ist mir immer noch nicht geheuer. Trotzdem muss ich sie benutzen, denn ich möchte mich mit warmen Wasser duschen und mir die Haare waschen. Als der Installateur gerade die Wohnung verlassen hat, ruft mich Kamal an und wir verabreden uns in Rabat. Wir wollen die restlichen Einkäufe für das Café erledigen. Als ich ihn vor der Medina treffe, wirkt er verlegen. Etwas unterkühlt begrüßen wir uns. Ich möchte aber Vorwürfe ihm gegenüber vermeiden, um die Stimmung nicht noch mehr zu verderben. Wir halten in der Medina Ausschau nach Wandlampen, aber ich bin nicht in der richtigen Laune, um Einkäufe zu machen. Wir entscheiden deshalb, den Nachmittag lieber am Meer zu verbringen und nehmen eine Abkürzung, die durch einen schäbigen Hinterhof führt. In einer Ecke kauert eine alte, runzlige Frau in einem schwarzen Umhang vor einer Schüssel und schält Kartoffeln. Während wir an ihr vorbei laufen, guckt sie uns mit blicklosen Augen an. Sie ist blind. Bettelnd hält sie eine geöffnete Hand in unsere Richtung und Kamal legt fünf Dirhams hinein. Sie murmelt einen Dank und wir laufen geradeaus, bis wir eine halbhohe Steinmauer erreichen. Dahinter liegt das Meer, ich kann schon die Brandung hören und die frische Seeluft riechen. Wir klettern über das Hindernis und befinden uns an einem verlassenen Strandabschnitt. Während des Spaziergangs kann ich mich etwas entspannen und auch Kamal taut etwas auf. Er kauft mir von einem fliegenden Händler ein paar Granatäpfel. Ich kenne sie gar nicht aus Deutschland. Sie schmecken mir sehr gut und ich glaube, in Zukunft werde ich mir öfters welche besorgen.
Gegen Abend kehren wir zurück in meine Wohnung und Kamal schließt mir die Gasflasche für die Therme an. Dann trennen wir uns; Kamal fährt nach Hause
Weitere Kostenlose Bücher