Iacobus
und erkennt ihn als einen Mendoza an. Ich werde dasselbe als De Born tun. Ich wollte ihm nicht ohne Eure Einwilligung die Wahrheit sagen. Sicher könnte mein Vater ihn adoptieren, wenn ich ihn darum bäte, allerdings steht Euer Geschlecht höher als das meinige, und wie Ihr Euch vorstellen könnt, wünsche ich mir, daß er ein Mendoza wird. Ihr würdet nicht viel verlieren, Euer Bruder und Ihr seid die letzten Mendozas, und beide entbehrt Ihr legitimer Nachkommenschaft. García bekäme dadurch die Stellung, die ihm von Geburt an zusteht. Wenn ich nach Rhodos zurückkehre, lasse ich ihn in der Obhut meiner Familie, die ihn im Alter von zwanzig Jahren in den Ritterstand erheben soll. Er ist ein bewundernswerter Junge, Isabel, er ist so anständig und intelligent wie Ihr. Und bildhübsch. In Paris brachte ihn jemand, der Euren Bruder Manrique kannte, sofort mit Eurer Familie in Verbindung. Vielleicht ist er für sein Alter zu groß; manchmal fürchte ich, daß es ihm seine Glieder verrenkt, weil er so mager ist. Und in seinem Gesicht sprießt schon der erste Flaum.«
Ich sprach ununterbrochen, denn ich wollte in Isabel Gefühle der mütterlichen Zuneigung wecken. Doch bedauerlicherweise hatte ich keinen Erfolg. Vielleicht hätte ich es erreicht, wenn ich zu einer List oder Strategie gegriffen hätte, aber das war mir nicht einmal in den Sinn gekommen. Ich bin zwar ein Lügner und leiste Meineide, das stimmt, indessen gibt es gewisse Dinge, die mein Gewissen nicht duldet.
»Nein, Don Galcerán, ich kann auf Euren Vorschlag nicht eingehen. Falls Ihr mich nicht deutlich genug verstanden habt, kann ich nur wiederholen, daß – neben den zu diesem Zeitpunkt schon geklärten Erbfragen, die sich schwerlich ändern lassen würden – ich keinen Sohn habe.«
»Aber das ist doch nicht wahr!«
»Doch, das ist durchaus wahr!« erwiderte sie beharrlich. »Man beerdigte mich hier im Alter von fünfzehn Jahren; ich bin also tot, und die Toten können für die Lebenden nichts mehr ausrichten. An jenem Tag, an dem ich die Schwelle dieses Klosters überschritt, wußte ich, daß für mich alles zu Ende war und ich hier nur noch auf den Tod warten konnte. Es gibt mich nicht mehr, ich hörte zu existieren auf, als ich die Ordensgelübde ablegte, ich bin nur noch ein Schatten, ein Gespenst. Auch Ihr existiert nicht mehr für mich, und selbst dieser Sohn nicht, der dort draußen wartet …« Ausdruckslos sah sie mich an. »Tut, was Ihr wollt; wenn es Euch beliebt, so erzählt ihm, wer seine Mutter ist, aber sagt ihm auch, daß er sie nie kennenlernen wird. Und nun, lebt wohl, Don Galcerán. Die Stunde der None rückt näher, und ich habe mich in die Kirche zu begeben.«
Und während Isabel de Mendoza für immer hinter den steinernen Blättern und Blüten verschwand, die den Türbogen zierten, riefen die Glocken des Klosters die Nonnen zum Gebet. Dort blieb die Frau zurück, die mein Leben für alle Zeiten geprägt hatte so wie auch ich das ihre. Keiner von uns beiden wäre je zu dem geworden, was wir in jenem Augenblick waren, wenn wir uns nicht kennengelernt und ineinander verliebt hätten. Auf irgendeine Weise blieben ihr und mein Schicksal jedoch miteinander verknüpft, und unser Blut würde vereint in Jonas' Nachkommenschaft die Jahrhunderte überdauern … Jonas! kam mir plötzlich in den Sinn. Ich mußte unverzüglich ins Hospiz zurückkehren.
Ich verließ das Kloster und eilte zum Hospital del Rey. Es wurde schnell dunkel, und schon zirpten die Grillen im Gebüsch. Ich fand den Jungen auf dem Vorplatz gegenüber dem Hospiz, wo er mit einer großen graubraunen Katze spielte, die schnell ungeduldig zu werden schien.
»Man serviert schon das Abendessen, Sire!« rief er, als er mich von weitem sah. »Beeilt Euch, ich habe Hunger!«
»Nein, Jonas, komm du zu mir!« rief ich zurück.
»Was ist los?«
»Nichts! Komm!«
Auf seinen langen Beinen rannte er mir entgegen und blieb kurz darauf neben mir stehen.
»Was wollt Ihr von mir?«
»Ich möchte, daß du das Frauenkloster vor dir genau anschaust.«
»Gibt es dort irgendeine Spur zu den Templern zu entdecken?«
»Nein, keine Fährte zu den Templern.«
Wie sollte ich nur beginnen?
»Was dann?« drängte er mich. »Ich habe nämlich wirklich großen Hunger.«
»Schau, Jonas, was ich dir zu sagen habe, fällt mir nicht leicht; deshalb möchte ich, daß du aufmerksam zuhörst und schweigst, bis ich geendet habe.«
Ohne auch nur einmal Luft zu holen, legte ich ihm alles dar,
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