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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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von Anfang bis Ende, ohne etwas auszulassen oder ihm zu ersparen, ohne mich zu entschuldigen, hingegen aber seine Mutter sehr wohl in Schutz zu nehmen, und als ich fertig war – die Nacht war schon hereingebrochen –, tat ich einen tiefen Seufzer und verstummte erschöpft. Lange blieb es still. Der Junge sprach nicht, er rührte sich nicht einmal. Alles um uns herum schien den Atem anzuhalten: die Luft, die Sterne, die in die Höhe ragenden Schatten der Bäume … Alles war nur Stille und Schweigen, bis Jonas plötzlich und unerwartet aufsprang und, bevor ich überhaupt Zeit hatte zu reagieren, schnell wie der Wind in Richtung Stadt davonrannte.
    »Jonas!« schrie ich und lief hinter ihm her. »He! Halt ein, komm zurück!«
    Doch ich konnte ihn schon nicht mehr sehen. Der Junge war von der Nacht verschluckt worden.
    Ich sah und hörte nichts von ihm bis zum nächsten Nachmittag, als ein Diener Don Samuels, Saras Verwandten, zu mir kam und mich bat, ihn ins Judenviertel zu begleiten. Von Anfang an hatte ich geahnt, daß er zur Zauberin geflüchtet war.
    Don Samuels Haus war mit Abstand das größte in der Gasse, und auch wenn seine Fassade nicht danach aussah, stellte sein Inneres doch die maurischen Palästen eigene Pracht zur Schau. Eine Vielzahl an Bediensteten lief geschäftig durch all die Räume, die ich durchquerte, bis ich in einen hellen Innenhof kam, in dem mich Sara auf dem Rand eines kleinen Brunnens sitzend erwartete. Sie zu sehen, zerstreute zwar nicht meine Besorgnis, es erleichterte aber wenigstens mein Herz.
    »Ich wollte nicht, daß Ihr Euch um Euren Sohn Sorgen macht, Sire Galcerán. Jonas geht es gut, und jetzt schläft er. Er hat die Nacht hier verbracht und kam den ganzen Tag nicht aus seinem Zimmer, das Don Samuel ihm im oberen Stockwerk richten ließ«, erklärte mir Sara, als sie mich sah. Wie blaß sie war (ihre Muttermale stachen übermäßig hervor) und wie müde sie schien, als habe sie mehrere Tage lang nicht geschlafen. »Jonas hat mir erzählt, was geschehen ist.«
    »Dann muß ich dem ja nichts weiter hinzufügen. Ihr wißt schon alles.«
    »Setzt Euch neben mich«, bat die Zauberin, während sie mit der Hand auf den Stein wies und ein sanftes Lächeln über ihr Gesicht huschte. »Euer Sohn ist empört. Eigentlich ist er einzig und allein auf Euch böse.«
    »Auf mich?«
    »Er behauptet, Ihr wärt zwei Jahre lang nicht von seiner Seite gewichen, ohne ihm die Wahrheit zu sagen, und hättet ihn dabei immer wie einen gewöhnlichen Knappen behandelt.«
    »Und wie wollte er, daß ich ihn behandle?« fragte ich, während ich mir bedauerlicherweise schon genau die Antwort vorstellen konnte.
    »Laut seinen eigenen Worten«, und Sara senkte ihre Stimme, um die von Jonas nachzuahmen, »›gemäß der Achtung, die meine Sippe verdient‹.«
    »Mein Sohn ist ein Dummkopf!«
    »Er ist doch noch ein Kind …«, meinte Sara vermittelnd. »Ein Kind von vierzehn Jahren.«
    »Er ist bereits ein Mann und außerdem ein Einfaltspinsel!« rief ich aus. Ich hatte allen Grund, entrüstet und zornig zu sein! Jonas war weder ein De Born noch ein Mendoza! Er war ein Esel, einfach nur ein Esel! »Das war sein ganzer Kummer?« fragte ich wütend. »Deshalb ist er mitten in der Nacht weggelaufen und zu Euch gerannt?«
    »Ihr versteht überhaupt nichts, Sire Galcerán. Natürlich ist es nicht diese Dummheit, die ihn schmerzt! Aber da er es auf andere Weise nicht auszudrücken vermag, so sagt er eben das nächstbeste, was ihm gerade in den Sinn kommt. Höchstwahrscheinlich hat er im Laufe seiner vierzehn Jahre mehrmals über seine Herkunft nachgedacht, wer er ist, wer seine Eltern sind, ob er Geschwister hat … Nun, das Übliche eben. Und jetzt plötzlich entdeckt er, daß sein Vater ein Ritter vornehmer Abkunft ist und außerdem ein großer Medikus und seine Mutter nicht mehr und nicht weniger als eine Dame königlichen Geblüts. Er, der arme, nach der Geburt ausgesetzte Novize García ist ein Sohn von Euch und Isabel de Mendoza!« Saras Augen waren von dunklen Ringen umschattet und ihre Lider leicht gerötet und geschwollen, und obwohl sie mit derselben Anmut wie immer sprach, spürte man, daß es sie viel Kraft kostete, die Worte und Gedanken aneinanderzureihen. »Fügt dem ganzen dann noch hinzu, daß Ihr, sein Vater, zwei Jahre an seiner Seite gelebt habt, ohne ihm irgend etwas davon zu verraten, wo es doch offensichtlich war, daß Ihr Pläne für sein Leben hattet, denn nicht umsonst habt Ihr ihn aus

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