Iacobus
dem Kloster geholt, ihn mit auf Reisen genommen und ihm anscheinend auch wichtige Geheimnisse anvertraut. Alles, nur nicht das, was für ihn am wichtigsten gewesen wäre.«
»Habt Ihr Manrique de Mendoza gesehen?« fragte ich sie da geradeheraus.
Sara schwieg. Ihre Hand wischte über den Brunnenrand, und dann schüttelte sie sie über dem Rock ihres Kleides aus, während sie den Blick zu mir hob.
»Nein.«
»Nein?«
»Nein. Die Diener seines Hauses gaben mir die Auskunft, daß er sich mit seiner Gattin Leonor de Ojeda und ihrem Neugeborenen im Palast von Báscones befände, etwa siebzig Meilen nördlich von hier.«
»Er hat sich vermählt und hat einen rechtmäßigen Sohn???« stammelte ich.
»So ist es. Was haltet Ihr davon?«
Mein Erstaunen kannte keine Grenzen. Ich wußte, daß nach der Auflösung des Templerordens einige aragonesische und kastilische Brüder es vorgezogen hatten, statt nach Portugal zu fliehen, in der Nähe ihrer ehemaligen Komtureien zu bleiben, entweder als Mönche in den nächstgelegenen Klöstern oder als Ritter ohne Pfründe oder, häufiger noch, wieder als das, was sie vor ihrem Eintritt in den Orden waren, da sie nach dessen Untergang von all ihren religiösen Gelübden entbunden waren. Sie lebten von den Maravedís, die mein Orden ihnen zukommen ließ. So lag es denn auf der Hand, daß Manrique geheiratet hatte, als er wieder in den weltlichen Stand zurückgekehrt war, allerdings war es gleichsam überraschend, bestand doch nicht der geringste Zweifel daran, daß die alten Tempelherren die Stellung eines Zerberus – Wächter, Verteidiger und Bewahrer von Gütern, Schätzen und Geheimnissen – innehatten und in Wirklichkeit ihrer Ordensregel treu blieben. Andererseits war es für mich nun leichter, Isabels Entscheidung zu erklären, ihren Sohn nicht anzuerkennen, und ich verstand, welcher Natur diese ›zu diesem Zeitpunkt schon geklärten Erbfragen‹ waren, die ›sich schwerlich ändern lassen würden‹: Manrique hatte einen rechtmäßigen Erben, und er würde nur widerwillig akzeptieren, daß seine Schwester einen Bastard in die Familie einbrächte.
»Es tut mir leid, Sara, es tut mir wirklich leid für Euch«, log ich. Denn eigentlich bedauerte ich es keineswegs.
»Selbst wenn seine Ehe nur aus Vernunftgründen geschlossen worden wäre«, führte sie aus, »wollte ich nicht weiter mit ihm verkehren. Ich will den Mann, den ich liebe, mit niemandem teilen und ihn auch nicht von einem ins andere Bett hüpfen sehen. Erst recht nicht, wenn das andere meines ist. Die Frau, die dies zu erdulden bereit ist, soll es tun, ich aber will das nicht.«
»Vielleicht liebt er Euch noch immer …«, wagte ich einzuwenden, begierig zu erfahren, wie weit ihre Gefühle reichten und wie stark ihr Wille war, nicht zu ihm zurückzukehren. »Ihr wißt, daß nicht die Liebe zur Ehe führt.«
»Nun, so tut's mir leid, aber für mich sind drei Menschen einer zuviel. Ich bin hierhergekommen, um ihn zu treffen, ich habe viele Meilen zurückgelegt, um ihn wiederzusehen, und es war mir egal, ob er nun Kreuzritter, Klosterbruder oder der Papst von Rom höchstpersönlich ist. Aber mit einer anderen … mit einer anderen … nein!«
»Ihr achtet also die Ehe!« stichelte ich aus purer Boshaftigkeit; ich wollte sie vor Wut auf Manrique rasen sehen.
»Ich achte nur meinen Stolz, Sire! Ich will mich nicht mit der Hälfte von dem zufriedengeben, was ich mit Leib und Seele suchte. So billig verkaufe ich mich nicht.«
»Dies im Falle, daß er Euch weiterhin in Liebe verbunden ist, denn vielleicht liebt er inzwischen ja auch seine Gemahlin.«
»Vielleicht …«, murmelte sie und senkte den Blick.
»Und was gedenkt Ihr nun zu tun? Nach Frankreich könnt Ihr nicht zurückkehren. Möglicherweise kann Don Samuel Euch helfen, hier im Judenviertel ein Haus zu einem guten Preis zu erstehen.«
»Ich will nicht in Burgos bleiben!« rief sie voller Zorn aus. »Das wäre das letzte, was ich tun würde! Ich will Manrique de Mendoza nie mehr wiedersehen, nicht einmal rein zufällig.«
»Was dann?«
»Gestattet mir, daß ich Jonas und Euch auf Eurer Wallfahrt begleite, bis ich einen Ort gefunden habe, wo ich bleiben will«, flehte sie mich an. »Ich werde auch keine Fragen stellen oder mich in Eure Angelegenheiten mischen. Ihr konntet ja schon feststellen, daß ich nicht einmal nach einem so schlimmen Vorfall wie in San Juan de Ortega die Dummheit begangen habe, auch nur irgend etwas wissen zu wollen. Blind,
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