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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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und Folter gewesen, die dem mächtigsten Ritterorden der Christenheit ein Ende setzten. Zwei Jahrhunderte lang hatten die Tempelherren über mehr als die Hälfte der europäischen Territorien geherrscht und dabei so große Reichtümer angehäuft, daß niemand jemals deren Ausmaß zu schätzen vermochte. Der Templerorden war de facto der wichtigste Bankier des Adels und der bedeutendsten christlichen Reiche des Abendlandes gewesen, und in seinen Händen lag seit der Regentschaft Ludwig IX. des Heiligen der Staatsschatz von Frankreich. Wie man sich erzählte, und das völlig zu Recht, so war genau dies der Anlaß für seinen Untergang gewesen, denn der Enkel des heiligen Ludwig, Philipp IV. der Schöne, der unter ständigem Geldmangel litt und sich durch dieses wirtschaftliche Vasallentum gedemütigt fühlte, hatte seinen Siegelbewahrer und Vertrauten Guillaume de Nogaret mit der Aufgabe betraut, nach und nach die Voraussetzungen für die Auflösung und endgültige Vernichtung des Templerordens zu schaffen. Die ersten Verhaftungen waren daraufhin im Oktober 1307 erfolgt.
    Um einen solchen Affront gegen den allmächtigen Orden vor den überraschten europäischen Fürsten zu rechtfertigen, behauptete Philipp, in seiner Macht befänden sich untrügliche Beweise, die seiner Meinung nach zeigten, daß die Templer zahlreiche Verbrechen begangen hatten, die von Ketzerei, Freveltaten und Sodomie bis zu Götzendienst, Blasphemie, Zauberei und Glaubensabfall reichten. Es kam zu insgesamt vierzehn Anklagen, die auf unter Folterqualen abgelegten Geständnissen von Brüdern des Ordens beruhten. Doch während die Monarchen Englands, des Deutschen Reichs, Aragóns, Kastiliens und Portugals solche Anschuldigungen stark in Zweifel zogen, beschloß Seine Heiligkeit Papst Clemens V. – von König Philipp, der ihm zur Papstwürde verholfen hatte, stark unter Druck gesetzt –, den Orden der Tempelherren mittels der Bulle › Considerantes Dudum ‹ aufzulösen, und gleich darauf zwei weitere, › Pastoralis praeementiae ‹ und › Faciens misericordiam ‹, zu erlassen, mittels derer er sämtliche christlichen Reiche zwang, alle Templer, die sich in ihren Hoheitsgebieten befanden, der Heiligen Inquisition zu überantworten.
    Von diesem Zeitpunkt an fühlte sich der französische Monarch rechtmäßig dazu befugt, seine persönliche Rache an ihnen zu stillen; zu diesem Zweck erteilte er seinem königlichen Siegelbewahrer Guillaume de Nogaret vollkommene Handlungsfreiheit. So starben sechsunddreißig fratres militiae Tempil während der Verhöre, vierundfünfzig erlitten den Feuertod, jene, die sich weigerten, ihre Verbrechen zu gestehen, wurden zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt, und nur die, die aus freien Stücken öffentlich ihre Schuld bekannten, wurden 1312 freigelassen, woraufhin sie im Laufe der folgenden Tage eiligst aus Paris und ganz Frankreich flohen.
    An all das dachte ich, als die Stimme Seiner Heiligkeit Johannes XXII. mich wieder in die Realität zurückholte:
    »Folglich werdet Ihr auch über die Diaspora der französischen Templer in wohlgesonneneren Reichen als das der Kapetinger Bescheid wissen und über die mit unserer Erlaubnis erfolgte Gründung neuer, kleinerer und ungefährlicherer Ritterorden, die jetzt einen Teil der Dienste übernommen haben, die früher die Tempelherren leisteten. Nun gut, all dies ist jetzt in einem seltenen Gemisch miteinander verbunden, welches das heikle politische Gleichgewicht erheblich stört, das zur Zeit zwischen den christlichen Königreichen besteht. Ihr wißt, daß die portugiesischen Tempelherren eine wesentlich andere Behandlung erfuhren als ihre Brüder in anderen Ländern …«
    Beifällig nickte ich.
    »Tatsächlich war Portugal das einzige Reich der ganzen Christenheit, das sie nicht der Inquisition überantwortete und sie so vor der Folterbank und den Beinschrauben rettete. Warum dieses Reich allen päpstlichen Befehlen zuwiderhandelte? Weil Don Dinis, der portugiesische König, ein glühender Verfechter des Templergeistes ist … Und jetzt beabsichtigt er«, schrie Seine Heiligkeit plötzlich entrüstet auf, »jetzt beabsichtigt er, noch weiter zu gehen und uns gar zum Gegenstand seines Spotts zu machen!«
    Er leerte den Inhalt seines Bechers in einem Zug und setzte ihn dann mit Wucht auf dem Tisch ab. Eilfertig schenkte ihm sein Cubicularius nach.
    »Hört mir nun aufmerksam zu, Bruder: Vor kurzem sprach bei uns ein Emissär von Don Dinis vor, der uns um die

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