Ice
vorgezogen.
»Verdammt, sie findet schon in einer halben Stunde statt!« Vater kann es wohl kaum erwarten, Ice endlich tot zu sehen. Wir hatten so gute Pläne – und jetzt sind sie alle hinfällig.
Ich wünschte, Miraja wäre bei mir, doch sie wollte in Resur bleiben, damit jemand da ist, wenn Kia zurückkehrt. Außerdem könnten die Warrior aus New World City immer noch in Resur einfallen, dann will sie bei der Evakuierung des Krankenhauses helfen. Die meisten Resurer haben sich bereits versteckt.
Damit wir nicht sofort erkannt werden, trage ich eine blonde Perücke. Die wilde Mähne verdeckt mein halbes Gesicht. Andrew hat sich einen Schnauzbart angeklebt, außerdem ein Käppi und eine modische Brille aufgesetzt. Wenn ich nicht wüsste, dass er hinter der Maske steckt, würde ich ihn auf den ersten Blick nicht erkennen.
Auch wir haben Pistolen dabei, versteckt unter unserer Kleidung. Der Gang durch die Kanalisation war die Hölle, doch die Kuppel über mir zu sehen, ist viel schlimmer. Ich fühle mich, als müsste ich ersticken, und mein Puls rast unkontrolliert.
Wir schließen uns dem Strom der Menschen an, die zum großen Platz vor dem Turm eilen. Dabei hält Andrew meine Hand, damit wir uns nicht verlieren. Ich kann nur beten, dass es Jax und die anderen schaffen, in möglichst kurzer Zeit viele Warrior auf ihre Seite zu bringen, um die Hinrichtung zu stoppen. Ich sehe jedoch schwarz, denn in den Straßen wimmelt es vor Soldaten, als ob heute alle Einheiten anwesend sind. Was Vater sicher beabsichtigt hat. Sie alle sollen live miterleben, wie mit Kriegern umgegangen wird, die sich gegen das Regime stellen.
Mein Herz klopft so schnell und fest, dass ich befürchte, jemand könne mir meine Angst ansehen. Was, wenn wir entdeckt werden? Und ich bange um Ice. Das treibt mich voran. So ähnlich muss sich wohl auch Mark gefühlt haben.
Als sich der riesige Turm vor uns auftut, erkenne ich davor ein hohes Podest, viel höher als die Rednerbühne der Senatoren. Damit auch wirklich alle Ice’ Ermordung sehen können. Zwei Metallpfosten im Abstand von eineinhalb Metern sind darauf montiert, jeder über zwei Meter hoch und dick wie ein Oberschenkel. Dazwischen werden sie ihn festketten … Und was ist das davor? Eine automatische Schießvorrichtung? Sieht fast aus wie ein Fernrohr auf einem Stativ, aber ich erkenne das Mordinstrument sofort. Man kann es über einen Computer steuern. Der Senat hat an alles gedacht, Ice wird nicht von einem Warrior erschossen, der sich weigern könnte, einen seiner Brüder zu töten, sondern diesmal erledigen sie es selbst …
Mein Magen rumort, mir wird schlecht und ich drücke Andrews Hand so fest, dass er zu mir sieht. »Tief durchatmen, Nica, wir schaffen das.« Leider klingt er nicht sehr überzeugend.
Wir? Ich will, dass es Ice schafft. Zu diesem denkbar ungünstigsten Zeitpunk fallen mir Vaters Worte ein, die sich leider in unserer Situation bewahrheiten: Wir müssen alle Opfer bringen.
Nein, ich werde Ice nicht opfern, auch nicht für solch eine große Sache! Es muss einen anderen Weg geben, die Warrior auf unsere Seite zu ziehen, es muss ausreichen, wenn sie sehen, dass der Senat einen ihrer Brüder umbringen will.
Zu allem Übel hat man rund um das Podest Panzerglas angebracht, und davor führt eine Gasse über den ganzen Platz bis zu einem der Häuser. Die Absperrung besteht ebenfalls aus zwei Meter hohem Panzerglas. Offenbar wird Ice dort hindurchlaufen, seinen letzten Auftritt vor Publikum haben. Wie makaber. Er hat die Show ohnehin gehasst. Ich darf nicht daran denken, was ich alles von ihm weiß, was er bereits alles durchlebt hat. Und nun soll er auf diese Weise sterben? Das hat er nicht verdient.
Mein Atem rast, alles dreht sich vor meinen Augen. Ich muss mich zusammenreißen, sonst kann ich nicht mehr klar denken!
Solange er durch den Gang schreitet oder sich auf dem Podest befindet, können wir ihm nicht helfen, es gibt kein Durchdringen. Auf dem oberen Rand der Scheiben ist ein Metallband angebracht, durch das sicher Strom fließt. Sollte Ice versuchen, über die durchsichtige Mauer zu entkommen, wird ein Stromstoß ihn töten. Eine Rettung ist aussichtslos. Ich kann nur hilflos zusehen!
Ruhig bleiben, Veronica, denk nach! »Meinst du, er ist schon in diesem Gebäude?«, frage ich Andrew und nicke zu dem Hochhaus, in das der Glasgang hineinführt.
»Vermutlich.«
»Dann ist das unsere einzige Chance, ihn dort herauszuholen.« Ich will zu dem Gebäude
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