Ice
schwergefallen sein, mir nichts zu verraten.
»Dean habe ich mein Leben zu verdanken. Es war Jax’ alte Einheit, die mich im Krankenhaus festgenommen hat. Dean hat mich, sobald wir ungestört waren, über alles ausgefragt und ob es der Wahrheit entspricht, was in dem Video gezeigt wurde. Er wollte uns sofort helfen. Außerdem hat er gesagt, er wird garantiert keinen seiner Brüder erschießen und erst recht keinen Freund von Crome.«
Ich reiße die Augen auf. »Ich habe gar nicht gewusst, dass ihr Freunde seid?«
Ice grinst verschmitzt und zwinkert mir zu. »Ich hab ein bisschen geflunkert.«
Es tut so gut, ihn neben mir zu haben, ich könnte schreien vor Glück!
»Ich habe Dean alles erzählt, ich hatte ohnehin nichts zu verlieren. Und da Jax und Crome wohl zwei der besten Krieger in seiner Einheit waren und niemals einfach so die Seiten gewechselt hätten, hat er mir geglaubt und gestanden, wie verarscht sich viele von ihnen fühlen. Erst waren sie enttäuscht, dass ihnen die Shows verwehrt wurden, und nach der Videoeinspielung herrschte riesiger Unmut. Einige hatten schon länger überlegt, sich gegen den Senat aufzulehnen, aber alle wussten, wohin das führen würde. Trotzdem haben sich seit Cromes Verschwinden unter den Soldaten geheime Untergruppen gebildet, die alles daran setzen, um die Wahrheit herauszufinden. Nachdem ich ihnen erzählt habe, was die neuen Injektionen bewirken, ist die Einheit fast ausgerastet. Wenn es an unsere Männlichkeit geht, sind wir echt empfindlich. Das dürfte sich nun wie ein Lauffeuer verbreiten. Crome und Rock werden wohl keine großen Probleme haben, genug Brüder für unsere Sache zu gewinnen.«
Das sind aufregende Neuigkeiten, die uns tatsächlich weiterhelfen werden.
»Wieso die Inszenierung mit der Hinrichtung?«, frage ich mit erstickter Stimme. Plötzlich kommen die schrecklichen Erinnerungen wieder hoch.
Ice drückt sanft meine Hand. »Das musste sein, um auch noch den unentschlossenen Brüdern einen Ruck zu geben, sich für die andere Seite zu entscheiden.«
»Also war der Arzt auch eingeweiht«, sage ich.
»Na ja, Dean hat ihn gezwungen zu lügen, oder er hätte ihn erschossen.«
Daher wirkte der Mann so erschrocken.
Ich kralle meine Finger in Ice’ Hände. »Wir müssen sofort handeln, die anderen warnen. Am schnellsten geht das über Vaters Computer.«
Ice nickt. »Dann räume ich am besten zuerst Ethan aus dem Weg.«
***
»Hast du alles gepackt?«, fragt Vater, nachdem ich an seinem Türsteher vorbei gegangen bin und das Arbeitszimmer betreten habe. Er steht am Fenster und steckt Papiere in eine zweite Aktentasche.
»Alles fertig«, sage ich möglichst fest, obwohl meine Knie gummiweich sind. Ich muss irgendwie an Vaters Computer. Noch ist er angeschaltet.
Langsam schreite ich auf den Schreibtisch zu. Dort ist der Tresor eingebaut, in dem unsere Waffen liegen. Die Tür steht offen!
Ich bin so nervös, dass ich gegen den Bürostuhl laufe und die Finger in die Lehne kralle.
»Ist alles in Ordnung?« Vater sieht zu mir herüber.
»Ich bin nur aufgeregt.« Das ist nicht einmal gelogen.
Er runzelt die Stirn und packt weiter. Seine plötzliche Fürsorge ist ungewohnt. Mein Magen zieht sich zusammen. Auch wenn Vater es nicht zeigt … ich glaube, er ist froh, dass ich wieder hier bin. Doch das wird mich nicht zurückhalten. Ich muss mir nur ins Gedächtnis rufen, dass er es war, der Ice’ Hinrichtung befohlen hat, und er auf den Knopf gedrückt hat, um ihm die Kugel ins Herz zu schießen.
Als ich vor der Tür einen dumpfen Laut höre – oh Gott, war das ein Schuss? –, greife ich blitzschnell in den Tresor und ziehe meine Pistole hervor. Zu spät registriere ich, dass Vater seine Waffe bereits in der Hand hält und auf mich richtet. Er muss sie in der Aktentasche gehabt haben.
»Ethan!«, ruft er, wobei er weiterhin auf mich zielt. »Was ist los?«
Es kommt keine Antwort.
Vater kneift die Lider zusammen und schüttelt den Kopf. »Verräterin! Ich habe dir vertraut! Ich dachte, wir sind ein Team?!«
»Ein Team?« Ich schnaube, während ich rückwärts auf die Tür zuschleiche. Wo ist Ice? »Du hast den Mann hingerichtet, den ich liebe!« Ich zwinkere die aufsteigenden Tränen weg. »Du hast mich von vorn bis hinten belogen. Du hast mir meine Mutter genommen, du hast mein Leben bestimmt. Ich habe mich wie eine Gefangene gefühlt!«
»Du hattest alles! Und hättest noch viel mehr haben können.« Als er plötzlich weiß im Gesicht
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