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Ice

Ice

Titel: Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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Opfer bringen. Damit meinte Vater mich. Dass er mich zum Wohl aller opfert. Doch wessen Wohl hatte er wirklich im Sinn? Sicher nur sein eigenes und das des Regimes. Wahrscheinlich herrschen gerade fürchterliche Unruhen in der Stadt, früher oder später wird sich das Volk gegen den Senat stellen. Wie ich Vater und die anderen kenne, planen sie bereits, wie sie ein grausames Exempel statuieren können, um den Sturz abzuwenden.
    »Was sollen wir jetzt tun?«, wispere ich. Niemals hab ich mich verzweifelter gefühlt.
    »Ich muss mich wieder verstecken. Ich habe mir meinen Sender herausgeschnitten und einem Straßenköter ans Fell geklebt. Vermutlich ist der Suchtrupp längst dahintergekommen, dass ich sie in die Irre geführt habe.« Er fährt sich über den Nacken und schaut sich erneut um, aber weit und breit ist niemand. Für mich sowieso nicht, es ist fast stockdunkel. Ice sieht viel besser.
    »Zeig mal«, bitte ich ihn und er geht in die Hocke. Unter dem Haaransatz erkenne ich im matten Licht dunkle Flecken. Blut. Die Wunde hat sich bereits geschlossen, die Kruste ist trocken.
    »Also wenn du nichts von deinem Sender wusstest, nehme ich an, dass die Outsider es auch nicht tun«, sagt er, während er aufsteht.
    Ich schüttele den Kopf.
    »Okay, verstecken wir uns erst mal in einer der Ruinen oder am besten in dieser Wohnsiedlung. Außer diesem Haus scheint mir keines bewohnt.«
    »Ist es auch nicht.« Das hat mir Miraja erzählt.
    »In unmittelbarer Nähe werden sie uns gewiss am wenigsten vermuten.«
    »Kann ich Miraja schnell noch eine Nachricht schreib …«
    »Pst!« Ice legt den Kopf schief. »Ein Funkspruch …«
    Mein Herz macht einen Satz. Kann er hören, dass Miraja gerade benachrichtigt wird?
    »Sie haben den Hund mit meinem Sender entdeckt. Nichts wie weg.« Er fasst mich an der Hand, und gemeinsam laufen wir am Zaun entlang durch die dunkle Nacht.

***

    Das Haus am Ende der Straße ist nicht so komfortabel wie Mirajas Heim, aber in der Küche gibt es einen Tisch mit Stühlen und sogar eine Kochmöglichkeit – erklärt mir Ice, denn ich sehe nichts.
    »Können wir kein Licht machen?«, frage ich, während er mich hochhebt und durch das Haus trägt.
    »Noch nicht, ich muss erst das Fenster abdecken.«
    Ice setzt mich auf etwas Weichem ab, womöglich einer Matratze. Dann höre ich ihn neben mir hantieren, und g efühlte fünf M inuten später schaltet er eine Taschenlampe ein.
    Wir befinden uns in einem kleinen Schlafzimmer, in dem nur dieses Bett steht. Vor dem einzigen Fenster hat Ice eine dünne Holzplatte befestigt. Im Raum lehnen mehrere dieser Platten an der Wand, außerdem erkenne ich einen Koffer mit Werkzeug und Farbeimer.
    »Wie hast du die Platte denn festgemacht?«
    Er wackelt vor meiner Nase mit dem Daumen, auf dem ein dunkler Abdruck zu sehen ist. »Hab die Nägel mit dem Finger durch das Holz gedrückt.«
    Ich zeige ihm meinen Handrücken mit dem Kratzer. »Meine Haut ist leider nicht so robust, mich hat nämlich vorher auch ein Nagel geküsst.«
    Mit skeptischem Blick betrachtet er die längliche Wunde, die zum Glück nicht mehr blutet.
    Er sorgt sich um mich. Er beschützt mich. Ob er mehr Gefühle für mich hat, als er zugibt? Mein Herz schlägt so hart für diesen Mann, dass ich es manchmal nicht glauben kann. Ich bin froh, dass er bei mir ist und sich alles, was zwischen uns stand, aufgeklärt hat.
    Ob ich meinen Vater jemals wieder sehen werde? Ich vermisse ihn nicht, kein bisschen. Aber Mary geht mir ab. Und natürlich meine Mutter und meine Stiefschwester. Mama wird sich furchtbare Sorgen machen, wenn sie von meinem Verschwinden erfährt. Falls sie es erfährt …
    Ice legt seine Waffen sowie die Schutzweste ab und bietet mir aus seinem Wasserschlauch etwas zu trinken an.
    Ich lehne dankend ab, da noch der Tee in meinem Magen gluckert.
    Miraja … Sie wird sich auch Sorgen machen. Ich wünschte, ich könnte ihr alles erzählen. Vielleicht kann ich zu ihr gehen, sobald Ice schläft. Meine überstürzte Flucht wird nicht ohne Konsequenzen bleiben. Ich muss zurück, spätestens morgen, denn wenn mein Vater nach mir verlangt und ich bin nicht da, könnte er den Angriff befehlen.
    Nachdem mir Ice die Taschenlampe überreicht hat, marschiert er ins Badezimmer. Ich höre Wasser rauschen.
    »Man soll aus der Leitung noch nich t trinken, hat Miraja gesagt«, rufe ich. In Resur haben sie zwar einen Spezialfilter, der die Schwermetalle aus dem Wasser holt, aber ein einzi ges Teil kann nicht

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