Ice
hinter uns liegt, erscheint mit einem Mal unwichtig. Das hier ist Freiheit. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.
Kapitel 12 – Buschmänner und Helden
Knappe drei Stunden später kehrt das Shuttle in den normalen Flugmodus zurück.
»Wir sind gleich da.« Ice deutet auf eine Inselkette. Die fünf grünen und braunen Hügel erheben sich in der Ferne aus dem Meer.
Während des Fluges haben wir kaum gesprochen, sondern uns fast nur an den Händen gehalten. Das hat uns gereicht. Mir geht zu viel im Kopf herum und doch ist er leer. Daher habe ich beschlossen, alles auf mich zukommen zu lassen. Verrücktmachen bringt ohnehin nichts. Allein, wenn ich an Andrew und die anderen denke, bekomme ich Herzrasen und Magenschmerzen. Ich kann nur hoffen, dass sie das Chaos in den Griff bekommen und die Mehrheit auf die richtige Seite ziehen.
Ice steuert das Shuttle am Rande der Inseln entlang und zeigt auf die am weiten entfernteste. »Dort liegt New World City.«
Ich bestaune die üppige Vegetation, glaube sogar einen Vulkan auf einer der Inseln zu erkennen und … »Plantagen!«
Er bemerkt die Menschen ebenfalls, die auf riesigen Feldern Zuckerrohr ernten. »Da sind auch Pfeilmenschen darunter!«
»Fast wie bei uns«, murmele ich, und mein Herz verkrampft sich.
Trotz allem Elend kann ich den Blick nicht von der üppigen Vegetation abwenden. So viel Grün sehe ich zum ersten Mal. Was für eine atemberaubende Landschaft.
Wir überfliegen Wasserfälle, Berge und tauchen in eine Regenfront. Die dicken Tropfen klatschen auf die Scheibe, und ich verfolge fasziniert, wie sie daran herablaufen.
Die plötzlich wieder auftauchende Sonne bringt das Wasser zum Glitzern – die letzte Insel zeigt sich: aus dem Ozean ragende Berge, bestimmt über tausend Meter hoch, gezackte Klippen und Dschungel. Und mittendrin, in einem riesigen Tal, liegt eine längliche Kuppel, gleich einer dicken fetten Made.
»Das ist also New World City von außen«, sage ich mehr zu mir selbst als zu Ice. »Wenn die Menschen wüssten, wie schön es hier ist …«
Er tippt auf dem Display herum und schnaubt. »Keine messbare Strahlung, nicht das geringste Bisschen. Wenn du mich fragst, hat der Krieg diese Inseln niemals erreicht.«
»Vielleicht haben sie nicht viel radioaktive Strahlung abbekommen, denn die muss sich auf der ganzen Welt verteilt haben.«
Er landet das Schiff sicher am Rande der Klippen auf einem Felsplateau, etwa einen halben Kilometer von der Kuppel entfernt. Dazwischen befindet sich nur Dschungel, daher kann ich die Stadt nicht mehr erkennen. Dann tippt er wieder auf dem Display herum. »Okay, niemand in der Nähe, zumindest kein Mensch.«
»Das kannst du über den Bordcomputer alles sehen?«
Er nickt. »Die Kiste hat eine Menge versteckter Features. Mark hat sie ausgegraben. Es erstaunt mich, was der Arzt auf dem Kasten hat.« Hektisch kramt er in seinen Hosentaschen herum und befördert schließlich Ohrstöpsel und anderen technischen Kleinkram zutage.
»Du bleibst im Shuttle, während ich unterwegs bin, wir werden aber Kontakt halten.«
Am liebsten möchte ich Einspruch einlegen, doch er hat Recht. Ohne mich kommt er schneller voran und er muss nicht auch noch auf eine dritte Person aufpassen.
Er übergibt mir einen Ohrstöpsel, den anderen drückt er sich in den Gehörgang. Anschließend klippt er ein kleines Mikrophon an meinen Kragen. »Jetzt bist du live dabei.«
Als er die Tür öffnen möchte, kralle ich die Finger in sein Hemd. »Ice …« Tief sehe ich ihm in die Augen, mein Puls rast. »Pass auf dich auf.« Himmel, was würde ich nur tun, wenn ich ihn noch einmal verliere.
Er beugt sich zu mir und streicht mit dem Daumen über meine Wange. »Ich habe meine Hinrichtung überlebt. Schlimmer kann’s wohl nicht mehr kommen.« Sein Lächeln erreicht nicht seine Augen.
Ich liebe diesen harten Kerl mit allem, was ich bin. Er riskiert erneut sein Leben. Für mich und meine Familie. Einen größeren Liebesdienst kann er mir nicht erweisen, und trotzdem bin ich hin und her gerissen. Ich will, dass er dort reingeht und doch wieder nicht. Diesmal könnte ich ihn für immer verlieren und Mama und Melissa dazu. Es steht alles auf dem Spiel.
Ich fordere einen Kuss von ihm, indem ich meine Arme um seinen Nacken schlinge und meine Lippen verzweifelt auf seinen Mund drücke. Er zieht mich an sich und hebt mich hoch. Sein Kuss ist ungewohnt sanft und viel zu zurückhaltend.
Leise sagt er: »Du bekommst mich so schnell nicht los,
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