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Ich arbeite in einem Irrenhaus

Ich arbeite in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Entwicklung am Markt in ihrem Angebot noch nicht aufgegriffen hat. Oder Sie wollen hören, auf welche Weise das Unternehmen seine (neuen) Mitarbeiter fördert.
    Einsilbige Antworten lassen den Schluss zu: Ihre Gesprächspartner wollen über diese Fragen nicht sprechen – wohl deshalb, weil es nichts zu sagen gibt. Oder zumindest nichts Gutes. Auch zeugt diese Haltung von einem antiquierten Herrschaftsdenken: als würde sich der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nur für Sie entscheiden – und nicht genauso umgekehrt (wie es Firmen mit demokratischer Führungskultur begriffen haben, weshalb sie solche Fragen gerne ausführlich beantworten).
    25. Einigkeit der Gesprächsführer
    Ein Klient von mir hat folgende Situation erlebt: Er sollte in einem mittelständischen Unternehmen als Controller anfangen. Seine Gesprächspartner waren zwei Brüder, die das Unternehmen geerbt hatten und gemeinsam leiteten. Beide fragten aus völlig unterschiedlichen Richtungen: Der eine Bruder, Leiter des Finanzwesens, sang Loblieder auf das Controlling und suchte einen Fachdialog. Der andere Bruder, Leiter des Marketings, hinterfragte das Controlling kritisch und gab zu verstehen, dass er nicht viel davon hielt. Die Brüder stritten sich fast. Doch mein Klient bekam den Job.
    Im Alltag stellte sich heraus: Die Uneinigkeit im Vorstellungsgespräch war bezeichnend. Die Brüder pfuschten einander ins Handwerk, wo sie konnten. Mein Klient geriet zwischen die Fronten. Zum Beispiel verweigerte ihm der Marketing-Chef gewisse Zahlen, die er für seine Arbeit gebraucht hätte. Bald schon bereute er, dass er die Warnsignale im Vorstellungsgespräch zu wenig beachtet und einen Vertrag unterschrieben hatte. Drei Monate später kündigte er in diesem Irrenhaus.
    Merke: Wenn sich Ihre Gesprächspartner untereinander nicht grün sind, erwartet Sie nach Ihrer Einstellung ein blaues Wunder – und ein großes Irrenhaus!
    Macht die Irrenhäuser dicht!
    Wer ist mächtig genug, die Irrenhäuser dichtzumachen? Die Mitarbeiter sind es! Stellen Sie sich vor, da ist ein Irrenhaus – und keiner geht hin.
    Bislang ist dieser Boykott nur an einem einzigen Hindernis gescheitert: Die Arbeitnehmer verkennen ihre Macht. Nehmen Sie den typischen Bewerber, er kennt nur ein Ziel: Er will den Arbeitgeber von sich überzeugen. Er will zeigen, dass er den Job verdient hat. Er will die Firma für sich gewinnen.
    Warum so untertänig? Es gäbe gute Gründe, den Fragenspieß umzudrehen: »Hat der Arbeitgeber mich überzeugt? Hat die Firma mich verdient? Hat das Unternehmen genug getan, mich zu gewinnen?«
    Diese Haltung führt zu einem neuen Blick: Nicht der Umsatz einer Firma zählt, sondern die Umsetzung der Werte; nicht die Marktführerschaft, sondern der Führungsstil; nicht der Klang des Firmennamens im Lebenslauf, sondern die gelebte Firmenkultur.
    Ein bewusster Bewerber wird nicht in erster Linie von einer Firma ausgewählt. Sondern er wählt eine Firma. Er ist kein Bittsteller, sondern Partner auf Augenhöhe. Ebenso wie ein bereits eingestellter Mitarbeiter immer wieder entscheidet: »Ist die Firma so attraktiv, dass ich bleibe? Oder gehe ich?« Mit solchen Entscheidungen für oder auch gegen eine Firma ließe sich der Irrsinn in die Defensive drängen.
    Ließe! Denn im Moment haben die Irrenhäuser leichtes Spiel: Ein Geschäftsmodell kann noch so durchgeknallt, eine Führungskultur noch so heruntergekommen, eine Bürokratie noch so erwürgend sein – immer finden sich Heerscharen von Arbeitnehmern, die bei solchen Firmen als Bewerber anklopfen und später die Geschäfte des Irrsinns vorantreiben.
    Die durchgeknallten Firmen folgen dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Solange das Arbeitsklima, das bei ihnen herrscht, eine ausreichende Nachfrage bei qualifizierten Bewerbern auslöst und genügend Mitarbeiter in der Firma hält – so lange sehen sie keinen Reformbedarf.
    Doch umgekehrt wird ein Schuh daraus: Was würde passieren, wenn immer mehr qualifizierte Mitarbeiter um diese Irrenhäuser einen weiten Bogen machten? Wenn es dort zu einem Mangel an Leistungsträgern käme – während die Top-Leute zu werteorientierten Wettbewerbern wechselten, bei denen der Irrsinn nichts zu melden hat?
    Einen solchen Fall habe ich im Mittelstand schon erlebt. Bei einem bis dahin erfolgreichen Maschinenhersteller drehte sich das Personalkarussell nach einem Führungswechsel im Höllentempo. Fast jeden Monat nahm ein hochqualifizierter Ingenieur seinen Hut. Der Grund

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