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Ich arbeite in einem Irrenhaus

Ich arbeite in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Das klingt nach Stress, nach Zickzack-Kurs und nach nur einer Konstanten: dem Irrsinn.
    10. Teamfähigkeit
    Eigentlich selbstverständlich, dass Sie sich als Neue(r) in ein bestehendes Team einfügen. Wenn die »Teamfähigkeit« auffallend betont wird, kann das zwei versteckte Signale beinhalten: Entweder ist dieses Irrenhaus-Team eine besondere Zumutung und nur mit der Geduld eines Engels auszuhalten. Oder die Aufstiegswege sind so verrammelt, dass Sie auf ewig das Mitglied eines Teams bleiben werden – und keines führen dürfen.
    11. Verantwortung
    Wird der Wunsch, dass Sie »Verantwortung im hohen Maße« übernehmen, wie ein Refrain wiederholt? Obwohl es sich nicht um eine leitende Position handelt? Gut möglich, dass dann Halsbrecher-Arbeit an Sie delegiert, Verantwortung auf Sie abgewälzt und Zeitbomben unter Ihren Schreibtisch gerollt werden. Die wahre Tätigkeitsbeschreibung kommt in der Anzeige nicht vor: »Sündenbock«.
    Frühwarnungen beim Bewerben
    12. Wartezeit
    Wie lange dauert es, bis Sie von der Firma hören? Gut organisierte Unternehmen schicken Ihnen nach Eingang Ihrer Unterlagen einen Zwischenbescheid mit Auskunft, wie das Verfahren weitergeht und bis wann Sie wieder etwas hören. Wenn dagegen das Erste, was nach drei bis vier Wochen bei Ihnen eintrudelt, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch ist – das womöglich auch noch übermorgen stattfindet –, könnte das der Vorbote eines irrsinnigen Durcheinanders und mangelnder Empathie gegenüber (künftigen) Mitarbeitern sein.
    13. Ton des Briefes
    Liest sich die Einladung zum Vorstellungsgespräch einladend ? Oder eher wie eine gerichtliche Vorladung? Werden die Namen und Funktionen der Gesprächsteilnehmer genannt? Und bittet man Sie, bei Rückfragen anzurufen? Wenn nicht, kann der kühle Ton auf eine kühle Firma hinweisen – und die mangelnde Bewerberfreundlichkeit auf mangelnde Mitarbeiterorientierung.
    14. Anreisekosten
    Laut Bürgerlichem Gesetzbuch 63 muss der Arbeitgeber die Anreisekosten des Bewerbers übernehmen. Doch einige Firmen setzen sich darüber hinweg und sagen im Einladungsbrief unverblümt: Wir tragen die Kosten nicht.
    Die erste Geste gegenüber Ihnen, dem Bewerber, ist also keine ausgestreckte Hand – sondern ein Schlag in die Magengrube. Offenbar zählt ein gesparter Cent mehr als ein Imageverlust und die abschreckende Wirkung auf potentielle Mitarbeiter.
    Wenn sich eine Firma in der Flirtphase schon so ruppig zeigt – wie soll das erst werden, wenn Sie eingestellt sind? Meist geht der materielle Geiz mit einem Zwilling einher: dem Knausern mit Anerkennung, Motto: »Wenn ich Sie nicht kritisiere, ist das doch auch ein Lob!«
    Frühwarnungen am Rande
des Vorstellungsgesprächs
    15. Gebäude-Innenansicht
    Schauen Sie sich das Firmengebäude genau an. Wirkt es von außen modern und hochwertig, aber von innen altmodisch und billig? Solche Differenzen können eine Kluft zwischen Selbstdarstellung und Wirklichkeit signalisieren. Zum Beispiel kenne ich einen Mittelständler, der nach außen Glas und Offenheit zeigt, aber dessen Inneneinrichtung aus den 1970er Jahren stammt. Ebenso verstaubt ist auch der Führungsstil.
    16. Tonlage der Mitarbeiter
    Wie wirken die Mitarbeiter, die Ihnen auf den Gängen der Firma begegnen? Sieht man ihnen an, dass sie Spaß an der Arbeit haben? Plaudern sie unbeschwert und fröhlich? Nickt man Ihnen als Firmenfremdem zu? Oder werden Sie – wie in einer Verdachtskultur üblich – misstrauisch als »Eindringling« beäugt?
    Fällt Ihnen auf, dass Unterhaltungen im gedämpften Flüsterton geführt werden? Oder schweigen sich die Leute an? Wirken sie gedrückt? Bedrückt sogar? Dann scheint in der Firma ein Klima vorzuherrschen, das die Lebendigkeit und das Wachstum der Mitarbeiter nicht gerade fördert. Wollen Sie sich dieser Trauergemeinde wirklich anschließen?
    17. Gehgeschwindigkeit
    Achten Sie auf das Tempo, in dem die Mitarbeiter der Firma sich bewegen: Gehen sie schnell? Rennen sie über den Flur, als wäre der Teufel hinter ihnen her? Das könnte ein Zeichen für große Hektik sein – und dafür, dass dieser »Teufel« ihr Chef und seine Forke der Termindruck ist.
    Oder schleichen die Mitarbeiter wie Schlafwandler durch die Gänge? Das könnte von einer depressiven Grundstimmung in der Firma zeugen, denn Niedergeschlagenheit kann die Gehgeschwindigkeit bis um die Hälfte verlangsamen; das hat eine legendäre Studie in Marienthal am Beispiel von Arbeitslosen nachgewiesen.

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