Ich beantrage Todesstrafe
Seine Stimme war fast akzentfrei. Er wartete, bis sich Sylvia setzte, und hockte sich ihr dann gegenüber auf einen Polsterstuhl.
Sylvia betrachtete ihn. Wie ein großer Junge, so dachte sie belustigt. Unfertig, ungelenk, etwas holzig … aber doch von einer Männlichkeit, die beunruhigend wirkte.
Die Unterhaltung floß ruhig dahin. Das Erscheinen von Sylvia hatte bei Pattis einen Riegel vor seine Gesprächigkeit gezogen. Dafür aß er um so fleißiger; vor allem Tomatenbrote.
»Bei uns in Los Angeles«, sagte er, »ist die Tomate in erster Linie Ausgangsprodukt von Ketchup. Ab und zu wird sie benutzt, um mißliebige Personen zu bewerfen.« Er lachte, während Hellmig diskret schmunzelte.
Als sich John Pattis später verabschiedete, brachte ihn Sylvia bis zur Haustür.
»Kommen Sie bald wieder, Mr. Pattis«, sagte sie unbefangen. »Es war ein netter Abend. Und rufen Sie bitte vorher an – ich kaufe dann für Sie einen ganzen Korb Tomaten …«
Pattis stammelte einen Abschiedsgruß und eilte mit langen Schritten durch den Vorgarten auf die Straße. Einen Augenblick sah er noch die Silhouette ihres schlanken Körpers hinter der Scheibe der Glastür.
»A very nice girl«, sagte er leise zu sich. Er zündete sich eine Zigarette an und blieb stehen, bis an der Vorderfront des Hauses von Dr. Hellmig die Lampen erloschen.
Langsam ging er dann die Straße hinab bis zu seinem kleinen Wagen, der an der Ecke parkte. In der Nähe des Wagens stand eine mittelgroße Gestalt in einem blauen Trenchcoat. Das kurze, flachsblonde Haar flatterte im Sommerwind.
John Pattis verhielt den Schritt und musterte den Fremden. Er warf die Zigarette fort, steckte die Hand in die Tasche seines Mantels und umklammerte den kleinen Revolver. Der Wartende drehte sich herum, als er die Schritte des Näherkommenden hörte. Über sein Gesicht zog ein breites Lächeln.
»Hallo!« sagte er leise.
Pattis blieb stehen. »Wer sind Sie?«
Dicaccio hob die Hand. »Zunächst sehe ich an deiner Wagennummer, daß du aus Wisconsin kommst. Hier ist einer aus deiner Heimat, dachte ich. Mitten in Deutschland! Woher kommst du?«
»Aus Green Bay«, sagte Pattis unwillig.
»Direkt am See. Am Michigan-See. Ich kenne Green Bay. Wenn man abends am Ufer sitzt, und die Sonne geht unter, dann ist der See wie Blut. An solchen Abenden bin ich immer hinausgeschwommen – ich war glücklich – damals, in Wisconsin …«
Pattis horchte auf. Er trat näher an Dicaccio heran.
»Um mir das zu sagen, hast du gewartet?«
»Nicht allein. Ich sah dich aus dem Haus von Dr. Hellmig kommen. Ich kenne diesen Mann … aus Zeitungsberichten. Er verurteilt die schweren Jungs.« Dicaccio lächelte schwach.
Pattis lehnte sich an seinen Wagen und sah Dicaccio starr an.
»Noch eine Minute, my friend.« Dicaccio hob die Schultern. »Ich muß mit dir reden.«
»Weshalb?«
»Weil du aus Wisconsin bist. Ab und zu hat man im Leben einen sentimentalen Dreh, weißt du?« Dicaccio atmete laut. »Man hat eine große Schweinerei vor. Morgen früh …«
Pattis durchzuckte es. »Gegen Hellmig?« fragte er stockend.
Dicaccio schüttelte den Kopf. Pattis öffnete die Tür seines Wagens und winkte Dicaccio mit dem Kopf zu. »Willst du einsteigen?« fragte er heiser vor Erregung.
»Okay.«
Dicaccio kletterte neben Pattis in den kleinen Wagen. Er legte die Hand auf den Arm Pattis', als er anfahren wollte. »Wohin?«
»Irgendwohin. Wir können aber auch hier sitzenbleiben.« Pattis nahm den Zündschlüssel wieder aus dem Zündschloß und steckte ihn in die Tasche neben den entsicherten Revolver. »Was willst du mir sagen?«
»Ich heiße Joe Dicaccio.« Dicaccio strich mit der Hand über seine Stirn. »Es ist von mir eine Schweinerei, darüber zu sprechen. Aber ich möchte mich sichern, weißt du. Ich werde keine Namen nennen, und wenn du mich festhalten willst oder sonst eine Dummheit machen willst, werde ich – –« Dicaccio klopfte gegen seine Achselhöhle. John Pattis nickte. Schulterhalfter, dachte er.
»Rede schon«, sagte er heiser.
»Wir wollen eine Bank ausräumen.«
»Ach!« Pattis horchte auf. »Modeverbrechen.« Er holte sein goldenes Etui aus der Tasche und bot Dicaccio eine Zigarette an. »Und warum sagst du mir das?«
»Die anderen wollen schießen.«
»Welche anderen?«
»Der Boß. Und ich soll es auch. Aber ich möchte die Finger davon lassen. Deshalb will ich dich fragen: Wenn ich wirklich schießen muß und einen Deutschen töte, werde ich dann an die Staaten
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