Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
nicht mehr haben.
    »Besten Dank für den guten Tipp«, sagte ich deshalb freundlich.
    »Keine Ursache.« Er zog ein letztes Mal an seiner Zigarette, ließ sie auf den gepflasterten Boden fallen und trat sie aus. Dann hob er die Kippe auf und warf sie in eine der Mülltonnen, die im Torbogen der Ausfahrt standen. »Eigentlich will ich damit aufhören«, sagte er.
    »Guter Plan«, antwortete ich.
    »Tja, die guten Pläne …«
    »Sind oft schwer umzusetzen«, stimmte ich dem unausgesprochenen Ende seiner Bemerkung zu.
    Er nickte und lächelte dabei leicht. Auf dem Weg ins Haus blickte er kurz zurück. »Tschüss dann, bis demnächst mal!«
    Nur eine Minute später tauchte Lars Liebermann auf. »Alles wieder in Ordnung, der Fenstergriff ist angeschraubt. Wenn es drauf ankommt, ist auf den Knettenbrecht wirklich Verlass.« Er betrachtete mich fragend und wirkte dabei ein wenig angespannt. »Sind Sie gerade Herrn Köhler begegnet?«
    »Ja, wieso?«
    »Äh … haben Sie sich über die Wohnung unterhalten? Haben Sie ihm erzählt, dass Sie eventuell einziehen? Hat er was dazu gesagt?«
    Ich setzte ein Pokerface auf. »Nichts, was mich davon abhalten würde, sie zu mieten. Wo ist der Vertrag?«
*
    Als wir abends bei einem Glas Wein zusammensaßen, lobte mich Doro für meine Geschäftstüchtigkeit. Sie hatte mein Exemplar des Mietvertrags mehrmals gründlich gelesen, aber keinen Haken gefunden, und über die gesparte Provision war sie völlig aus dem Häuschen. Außerdem musste ich ihr sofort alles über meinen neuen Nachbarn aus dem dritten Stock erzählen. Es ärgerte sie, dass ich kaum was über ihn wusste, nicht mal, ob er einen Ring am Finger gehabt hatte, und als ich sagte, er habe irgendwie alternativ ausgesehen, so wie eine Art bärtiger Alt-Hippie, verlangte sie sofort genaue Detailbeschreibungen seines Barts (»War er eher struppig oder eher seidig?«) und seiner Kleidung.
    »Hatte er eins von diesen tuntigen Eso-Hängerchen an oder eher etwas, was auch ein echter Kerl anziehen würde?«
    Bei echter Kerl schmiegte sie sich an Dirk, der sich gerade durch alle Sportkanäle zappte und schließlich bei einem Fußballspiel hängen blieb.
    »Es sah eher männlich aus«, sagte ich, während ich mir und Doro Wein nachschenkte. »So, als würde er gleich mit der Axt in den Wald gehen und Holz schlagen.« Ich schnupperte an meinem Glas und sog den feinen Duft ein. Zur Feier des Tages hatte ich eine Flasche Pinot noir von der Côte d’Or aufgemacht, aus einer meiner Weinkisten, die ich unter Aufbietung all meiner Überzeugungskraft vor dem unerbittlichen Zugriff des Gerichtsvollziehers bewahrt hatte. Weil ich meine Weinvorräte mangels passender Lagerung nur noch begrenzte Zeit aufheben konnte (Doro hatte keinen geeigneten Keller, und ein Klimaschrank war mir zu teuer), mussten sie sowieso sukzessive aufgebraucht werden.
    »Sagtest du gerade Axt? «, fragte Doro. »Vielleicht gibt es ja ganz andere Gründe, warum die Wohnung über ihm nicht mehr vermietet werden sollte.«
    »Ja, klar«, sagte ich. »Er ist ein Serienkiller und wartet nur auf neue Opfer.«
    »Jedenfalls werde ich ihn mir genau ansehen«, erklärte Doro. Sie trank einen Schluck von dem Wein. »Mhm, lecker. Und davon hast du noch eine ganze Sechserkiste? Bist du sicher, dass du nicht noch eine Weile bei mir wohnen bleiben willst?«
    »Bis zum nächsten Ersten musst du mich sowieso noch ertragen.« Ich bemühte mich, Dirk nicht beim Trinken zuzusehen. Er legte den Kopf in den Nacken und ließ sich den Burgunder zu dreißig Euro Einkaufspreis die Kehle runtergluckern wie Bier. Mit der freien Hand streichelte er Doros Hüfte. Sie hatte sich mit angezogenen Beinen neben ihn aufs Sofa gefläzt, während ich ihnen auf dem Sessel gegenübersaß und alles gut im Blick hatte, einschließlich Dirks Fingern unter Doros T-Shirt.
    Ich zwang mich, nicht hinzuschauen, und blätterte in Doros IKEA-Katalog, in dem ich alles ankreuzte, was ich mir anschaffen wollte. Allein von der ersparten Provision konnte ich mir das komplette Wohnzimmer einrichten, inklusive Gardinen und Lampen. Lars Liebermann wusste noch gar nichts davon, dass ich seine Maklerrechnung nicht bezahlen wollte, aber das würde ich ihm natürlich noch vor meinem Einzug sagen müssen. Blieb nur zu hoffen, dass dieser Adrian Köhler recht hatte. Doro meinte zwar, so etwas schon gehört zu haben, doch sicherheitshalber wollte sie die Anwältin fragen, die immer montags in ihre Pilates-Gruppe kam. Doro betrieb eine

Weitere Kostenlose Bücher