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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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bloß damit sagen wollen, dass ich weich gefallen war. Nämlich auf den flauschigen Teppich.
    »Meine Schuhe«, sagte ich kläglich, während ich versuchte, mich aufzusetzen.
    »Ah. Ich sehe es.« Er kam noch näher und fummelte an meinen Knöcheln herum. Sofort fing mein Herzschlag wieder an, sich selbstständig zu machen. Doch diesmal konnte ich mir darüber nicht den Kopf zerbrechen. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mich auf Adrians Hände zu konzentrieren, die langsam meinen Knöchel abtasteten und nach der kleinen Schnalle von meinem linken Schuh suchten. Vielleicht auch vom rechten. Ich konnte sie in dem Augenblick nicht mehr auseinanderhalten.
    »Das hätten wir. Tückische kleine Verschlüsse.« Adrians Finger streiften sacht meine Wade, und ich musste scharf einatmen.
    »Ich glaube, du hast da eine Laufmasche«, sagte er rau.
    »Das macht nichts«, erwiderte ich. Das heißt, ich wollte es erwidern, aber es kam eher als unartikuliertes Ächzen heraus.
    Er beugte sich näher zu mir. »Charlotte«, murmelte er. »Dein Parfüm riecht gut.«
    »Es heißt Wusser der Wander.« Irgendwie klang das seltsam, aber ich kam nicht auf Anhieb darauf, wieso.
    Etwas tropfte auf meine Stirn. Du liebe Güte. Heulte er etwa? Oder war das ein Schweißausbruch?
    Dann traf mich noch ein Tropfen, diesmal direkt auf die Nase. Für eine Träne oder Schweißperle war er ungewöhnlich kühl. Außerdem war es physikalisch ausgeschlossen, dass er von Adrian kam, denn sein Gesicht war noch ungefähr eine halbe Armlänge von meinem entfernt. Es war so was wie ein Wunder.
    Wunderwasser, dachte ich wie betäubt. Ich blinzelte ein paarmal ungläubig, und dann fielen mir zwei Dinge gleichzeitig auf: Der Teppich unter meinem Kopf war feucht, und an der Decke über mir war ein großer dunkler Fleck. Dann war Adrians Gesicht auf einmal genau über meinem, und das Tropfen hörte auf.
    Adrian blickte mich intensiv an. »Weinst du etwa?« Er strich mir sanft über die Wange.
    »Nein.« Schnell fügte ich hinzu: »Und ich schwitze auch nicht.« Dann wollte ich das Ganze noch um die entscheidende Information ergänzen, nämlich dass es von der Decke tropfte, doch die Fähigkeit, Worte zu bilden, war mir von einem Moment auf den anderen abhandengekommen. Mein Kopf war wie leer gefegt. Ich konnte nur noch in diese silberblitzenden Augen blicken. Sie waren von Lachfältchen umgeben. Auch auf der Stirn hatte er ein paar Falten, die sich deutlich vertieften, während er die Hand hob und sich über den Hinterkopf strich, bevor er hastig zur Decke hinaufschaute und den Fleck entdeckte.
    »Ach du je«, sagte er (in Wahrheit sagte er was anderes, aber das will ich hier lieber nicht wiederholen).
    Er sprang auf, half mir hoch und rannte zur Tür. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
    Oben rissen wir Doro aus dem Tiefschlaf. Sie lag quer über meinem Bett und blinzelte überrascht, als Adrian und ich wie ein Sondereinsatzkommando hereingestürzt kamen.
    »Was …?«, stammelte sie und kämpfte sich hoch.
    Mäxchen spielte derweil im Badezimmer Kapitän. Mit geschäftiger Miene stand er auf dem Deckelkorb, in dem ich die Schmutzwäsche sammelte. Er hatte am Waschbecken den Abflussstopfen reingesteckt und gleichzeitig die Überlauföffnung großzügig mit Klopapier ausgestopft, damit das Becken immer schön randvoll blieb und seine Legoschiffe gut schwimmen konnten. Bei laufendem Wasserhahn, wohlgemerkt. Das ganze Bad war ein einziger See.
    »Oh! Mein! Gott!«, schrie Doro entsetzt. »Er hat so schön geschlafen! Ich schwöre, er lag wie ein kleiner Engel im Bett und hatte die Augen zu!«
    Adrian drehte den Hahn zu und ließ das Wasser ablaufen, während ich mir den Kleinen schnappte und ihn allen Protesten zum Trotz aus dem Badezimmer trug. Doro wuselte mit Putzlappen und Wischeimer herum und heulte zum Steinerweichen.
    »Komm schon«, sagte Adrian. »Es gibt doch echt Schlimmeres.«
    »Meinst du?«
    »Klar. Zum Beispiel, wenn du nicht haftpflichtversichert wärst.«
    »Oh, aber das bin ich!« Doro hörte auf zu weinen und lächelte unter Tränen. »Ich habe eine wirklich erstklassige private Haftpflichtversicherung!«
    »Ich weiß. Dirk hat’s mir neulich ausführlich erzählt. Er hat deine Versicherung sogar auf die doppelte Schadenssumme aufgestockt. Für das Geld könnte man bestimmt mindestens zehn Häuser fluten.«
    Das war in Anbetracht der Lage zwar keine gute Empfehlung, doch wenigstens ein kleiner Trost. Jemand würde für den

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