Ich bin alt und brauche das Geld
unvoreingenommen ihre positive Meinung geäußert hatten.
»Ich will auch!«, sagte Mäxchen und hielt mir seine Arme hin.
»Du bist doch ein Junge«, wandte Paulinchen ein.
»Ich will aber.«
Aus Gerechtigkeitsgründen besprühte ich seine Ärmchen ebenfalls, womit das kleine Probefläschchen aufgebraucht war.
*
Der Nachmittag im Zoo war eine rundum gelungene Angelegenheit. Die Kinder blieben brav an meiner Seite, während wir von einem Gehege zum anderen wanderten. Nur auf dem Weg durch das Exotarium erlebte ich ein paar Schrecksekunden, weil ich Mäxchen plötzlich nicht mehr sah, aber er war nicht zu den Krokodilen reingeklettert, sondern stand nur neben einem fetten kleinen Mädchen, das sich zwischen uns geschoben und mir die Sicht auf ihn versperrt hatte. Alles Übrige klappte jedoch perfekt. Der Spaziergang durch das Tag- und Nachthaus, die Besichtigung der Pinguine, das Füttern der Tiere im Streichelzoo. Auch wenn die vielen Fragen zeitweilig etwas anstrengend wurden.
»Wohin legen die Pinguine ihre Eier?«, wollte Mäxchen beispielsweise wissen.
»Wahrscheinlich haben sie irgendwo Nester«, sagte ich.
»Ich seh die gar nicht. Wo sind die?«
»Das weiß ich nicht.«
»Unter Wasser?«
»Hm, das glaube ich nicht. Sie müssen ja brüten, und das geht nur an Land.«
»Was ist brüten?«
»So nennt man es, wenn Vögel sich auf ihre Eier setzen.«
»Das macht Papa auch«, warf Paulinchen ein.
»Wie kommst du denn auf die Idee?«, fragte ich.
»Er hat gesagt, dass er sich einen weicheren Fahrradsattel holen will, weil ihm beim Sitzen die Eier wehtun.«
»Oh«, sagte ich verlegen. »Ach so.«
Mäxchen war noch nicht mit dem Thema Brüten durch. »Wieso sitzen die Vögel auf ihren Eiern?«
»Um sie zu wärmen. Und wenn sie dann warm genug sind, schlüpfen die kleinen Vögel aus.«
»Aus den Eiern?«, vergewisserte sich Mäxchen.
»Genau.«
»Und was machen die kleinen Vögel in den Eiern?«
»Sie schlafen«, sagte ich aufs Geratewohl.
Mäxchen verfiel in nachdenkliches Schweigen. Erst auf der Rückfahrt schnitt er das Thema wieder an. »Sind in den Eiern vom Edeka auch kleine Vögel?«
Ich ahnte, worauf das hinauslief, und suchte hastig nach einer passenden Begründung dafür, dass es noch keine richtigen kleinen Vögel waren, aber es war schon zu spät.
»Essen wir die dann auf?«, fragte Mäxchen. Sein Piepsstimmchen zitterte vor Entsetzen, wie bei einem kleinen Vogel, den gerade jemand in die Pfanne hauen wollte. Verzweifelt kramte ich sämtliches biologisches Wissen zusammen, um ihm zu veranschaulichen, dass wir in Wahrheit keine kleinen Vögel aßen, aber das, was dabei herauskam (dass ein Ei die Vorstufe zu einem kleinen Vogel war), klang auch nicht viel besser und verdarb sogar mir die Aussicht auf das nächste Frühstücksei.
Doch das war noch meine geringste Sorge. Als wir gegen fünf Uhr nachmittags nach Hause zurückkehrten, war Olga immer noch nicht aufgetaucht, worauf sich echte Beklemmung in mir ausbreitete. Ich simste ihr jede halbe Stunde und arbeitete mich an ihrer Mailbox ab, von der jedes Mal die zwitschernde Ansage »Ich bin gerade nicht da, aber sprich nach dem Piep!« kam. Also sprach ich nach dem Piep und beschwor Olga eindringlich, zurückzurufen, egal, ob sie heute frei hatte oder nicht.
»Du musst auch gar nicht heimkommen, aber sag mir wenigstens, wo du bist!«, sagte ich. Es klang schon fast flehend.
Meine Unruhe wuchs sich allmählich zur Panik aus, denn nicht nur Olga blieb weg, sondern auch Jennifer. Ihr Aber spätestens am Sonntag bin ich wieder im Lande schien sich mit jeder Stunde, die verging, immer mehr zu dem gefürchteten Falls nicht zu entwickeln.
Falls nicht bedeutete, dass ich auf einen Schlag wieder da landen würde, wo ich um keinen Preis hinwollte – in völliger Ungewissheit über meinen Status als Verantwortliche Aufsichtsperson . Höchstens eine Woche, hatte sie gesagt. Und die war jetzt verstrichen.
Ich schrieb eine nette, unverfängliche SMS an die Nummer von Jennifers Retter, Simon, in meinem artigsten und seit schätzungsweise dreißig Jahre verblichenen Schulenglisch. » Dearest Sir, would you please ask Jennifer to give me a call? Thank you very much. Sincerely, Charlotte Hagemann (the Babysitter).«
Hinterher fragte ich mich voller Selbstzweifel, ob das überhaupt korrekt war – rein sprachlich betrachtet. Vielleicht hieß to give a call gar nicht anrufen, sondern … Laut geben? Na ja, das war im Grunde genau das, was ich
Weitere Kostenlose Bücher