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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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versetzt daneben ein niedriger, antik aussehender Holztisch, auf dem ein paar Zeitungen und Illustrierte lagen. In einer Ecke ein überdimensionaler Flachbildschirm der neuesten Generation. In dem Hi-Fi-Wagen darunter stapelten sich neben diversen Recordern Mengen von DVDs und CDs. In der Ecke gegenüber ein großer, von Magazinen und Mappen überquellender Schreibtisch mit einem brandneuen iMac. Eine alte englische Stehlampe mit grünem Schirm. Anstelle von Vorhängen verstellbare Lamellenjalousien.
    Am meisten beeindruckten mich die Bücher. Neugierig schritt ich die Regale ab, die sich in beiden Räumen dieses Doppelwohnzimmers ringsum deckenhoch an den Wänden entlangzogen. Adrian würde vermutlich nie eine neue Tapete brauchen. Der Mann musste Tausende von Büchern besitzen! Dabei schien er keinem besonderen Geschmack anzuhängen, ich sah querbeet alles Mögliche, was zwischen Buchdeckeln zu haben war: belletristische Meisterwerke der Weltliteratur ebenso wie Thriller und Krimis von deutschen und internationalen Autoren, trockene Sachbücher und Nachschlagewerke, Lyrik und antike, in Leder gebundene Ausgaben in mehreren Sprachen bis hin zu großformatigen Bildbänden. Sogar ein paar Frauenkomödien, die wie bunte Kuckuckseier aus den nachlässig und ohne erkennbares System sortierten Reihen hervorblitzten.
    Mein Puls hatte sich wieder beruhigt. Er las Frauenkomödien und war einfach bloß der nette Kerl von nebenan. Das Gegenteil von einem Womanizer oder Don Juan. Er wollte nur deshalb was mit mir trinken, weil es unhöflich gewesen wäre, mich gleich nach dem Heimkommen vor meiner Tür abzuladen. Vielleicht wollte er auch noch ein paar Dinge aus dem Drehbuch mit mir durchgehen. Beispielsweise die Sache mit Klaus. Mir war klar, dass Adrian das noch irgendwie dramaturgisch würde aufarbeiten wollen, und dafür musste er mit mir besprechen, inwieweit es sich in die Story einbauen ließ, ohne dass ich als Person erkennbar wurde. Schließlich hatten wir das so vereinbart.
    Ich setzte mich auf das Sofa und versuchte, eine möglichst elegante Pose einzunehmen. Eine, bei der die Beine vorteilhaft schlank aussahen und die ich mir schon vor vielen Jahren angewöhnt hatte, für Anlässe, bei denen es auf eine ansprechend wirkende Sitzposition ankommt. Annegret Faltermeyer hatte uns die Methode beigebracht, als wir ungefähr vierzehn oder fünfzehn gewesen waren. Sie behauptete, beim Adel würden alle Frauen so sitzen, besonders die englische Königin, weshalb wir Annegret anschließend noch lange heimlich Sitting Queen genannt hatten. Aber die Sitzmethode hatten wir uns trotzdem abgeguckt und verinnerlicht. Man musste dazu aufrecht und mit durchgedrücktem Rücken sitzen, das sah anmutig aus und machte den Busen voller und die Taille schmaler. Die Beine wurden keinesfalls übereinandergeschlagen, sondern lediglich dezent gekreuzt, ein Fußknöchel hinter den anderen geschoben, aber nicht etwa ausgestreckt, sondern im Neunzig-Grad-Winkel, und die Knie wurden dabei sacht zusammengedrückt und etwas zur Seite geneigt. Die Hände lagen locker gefaltet im Schoß, und den Kopf drehte man am besten leicht zu der den Knien entgegengesetzten Seite, das wirkte zwanglos und trotzdem elegant.
    Ich hatte mich gerade in die exakte Sitting-Queen-Pose gebracht, als ich merkte, dass ich extrem dringend aufs Klo musste. Der Apfelwein drückte mir auf die Blase. Es half nichts, die Queen musste aufstehen. Ich tat es und blieb dabei mit dem rechten Fuß am linken hängen, genauer gesagt, der eine von meinen Slingpumps hakte sich im Seitenverschluss des anderen fest. Ein Missgeschick, das vermutlich ausschließlich bei königlich gekreuzten Füßen möglich war. Wie dem auch sei, ich verlor das Gleichgewicht und fiel mit rudernden Armen der Länge nach zu Boden. Und Adrian suchte sich genau diesen Moment aus, um ins Zimmer zu kommen.
    Meine Füße waren immer noch gekreuzt, nur dass es jetzt nicht mehr dezent, sondern bescheuert aussah, weil ich flach wie eine Flunder auf dem Rücken lag. Und das tolle Kleid war mir schätzungsweise bis zum Hals hochgerutscht, sodass meine halterlosen Strümpfe in voller Länge zu sehen waren.
    »Das ist jetzt nicht das, wonach es aussieht«, beteuerte ich.
    Adrian stellte behutsam die beiden Weingläser auf dem Couchtisch ab, bevor er sich über mich beugte. »Hübsche Strümpfe. Hast du dir wehgetan?«
    »Nein, ich liege gut.«
    Himmel noch mal! Wie musste sich das für ihn anhören?! Ich hatte eigentlich

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