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Ich bin da noch mal hin

Ich bin da noch mal hin

Titel: Ich bin da noch mal hin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Butterfield
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zu. Ich glitt in eine Kirchenbank und fragte flüsternd die Frau vor mir, was vor sich ging.
    »Eine lateinische Messe«, flüsterte sie zurück.
    »Etwa die Abendmesse für die Pilger?«, fragte ich leise, erschrocken bei dem Gedanken, dass die Reformen von Papst Johannes dem XXIII. Portomarín vielleicht nicht erreicht hatten.
    »Nein. Das haben wir vorab arrangiert. Der Priester ist auf unsere spezielle Bitte hin hier.«
    Ich wollte mich schon zum Gehen wenden, als sich die Frau umwandte und mir sagte, dass die Messe vorbei sei und der Priester nun einen Heilsegen für die Wunden der Versammelten sprechen würde.
    »Du kannst ihn auch empfangen, wenn du möchtest«, bot sie an.
    »Oh ja, gerne!«, antwortete ich. Vielleicht bekam eine Prise Katholizismus meinen nagellosen Zehen und strapazierten Achillessehnen doch besser als mein puritanischer Anglikanismus.
    Der Priester, der sehr verkniffen wirkte, ließ mich in den Kreis ein, hielt mir mit ausgestrecktem Arm das Holzkreuz entgegen und murmelte einige unverständliche Worte, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Ich verspürte zwar keine unmittelbare Linderung meiner Leiden, doch vielleicht dauerte das ja ein wenig. Bei der nächsten Runde Einzelsegnungen stellte sich bei mir aber doch eine sehr unmittelbare und deutliche Reaktion ein. Ich bereute zutiefst, mich auf dieses esoterische Ritual eingelassen zu haben, als ich sah, wie ein Pilger nach dem anderen den silbernen Jesus an dem Kruzifix küsste, den der Priester ihnen an die Lippen hielt. Ich musste unbedingt von den Knien hochkommen, bevor ich etwas tat, das ich als einen heuchlerischen Akt von Duckmäusertum empfunden hätte. Außerdem war es Zeit fürs Abendessen.
    Meiner Statistenrolle in der lateinischen Messe entflohen, rannte ich über den Platz und landete im Restaurant Arenas Parrillada. Als ich mir an der Bar ein Bier holte, blitzte eine Kamera auf. Zwei Frauen in der entgegengesetzten Ecke des Raums hantierten wie zufällig mit einem Fotoapparat herum,den sie auf die Tischplatte gestellt hatten. Fing ich an zu spinnen oder hatten sie mich etwa eben fotografiert? Fragen konnte ich sie wohl kaum, ohne eingebildet und aggressiv zu wirken.
    Wer glauben Sie denn, wer Sie sind?, hätten sie vielleicht geantwortet. Warum sollten wir Sie fotografieren?
    Statt sie also anzusprechen, suchte ich mir einen Platz hinter einer Säule und vertiefte mich in die Speisekarte. Doch als ich dann zum Tresen ging, um meine Bestellung aufzugeben, blitzte es erneut. Nun hatten sie schon zwei Fotos von mir mit einem vermutlich verblüfften Gesichtsausdruck. Wozu brauchten sie bloß mein Konterfei auf dem Kaminsims? Ich aß meinen Flan und floh zum zweiten Mal innerhalb einer Stunde über den Platz, aber diesmal in die Kirche, um an der in Spanisch gehaltenen Messe für alle teilzunehmen. Jürgen hörte die Tür quietschen und winkte mir über die Köpfe der Gläubigen hinweg zu.
    »¡Ultrey-ey-ey-a! ¡Ultrey-ey-ey-a! ¡Y Suseya en el camino a Compostela!«, sangen sie zu den Klängen von Gitarren, deren Saiten die belgischen Pfadfinder schlugen.
    Zum ersten Mal seit Trinidad, als ich noch unsichtbar auf einem Fahrrad unterwegs war, vernahm ich diesen Ruf der Ermutigung.
    Auf dem Rückweg zum Hotel blieb ich vor dem Schaufenster eines Buchladens unter den Arkaden stehen. »Bueno, me largo« stand dort in einem verstaubten Winkel halb verdeckt von »Das Sakrileg«, als ob Dan Brown sich dafür rächen wollte, dass Hans ihn seinerzeit vom Spitzenplatz der deutschen Bestsellerliste verdrängt hatte.
    Rache! Rache für 2006!, dachte ich, die ich Parallelen zur WM entdeckte, wo ich auch ging und stand.
    Ich spähte nach dem Untertitel: »El Camino de Santiago, el camino más importante de mi vida«. Hans hatte die, wie er schrieb, »wichtigste Reise meines Lebens« ohne jedes Zeichen von Ungeduld angesichts der großen Aufmerksamkeit, die er auf sich zog, bewältigt, und ich fragte mich nun, was wohl die seltsame SMS zu bedeuten hatte, die er mir am Tag meiner Abreise aus England geschickt hatte:
    »Trink immer genug Wasser. Nimm regelmäßig deine Vitamine und zieh jeden Tag frische Socken an! Sei nicht zu kritisch mit den Deutschen, sie sind auch nur Pilger wie du, mein Herz! ;--) luv Hans«
    Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte, zumal er um meine besondere Beziehung zu und meine Neigung für Deutschland wusste. Hatte er etwa geahnt, dass ich ganz gewöhnlicher Mensch plötzlich im Rampenlicht stehen und darunter

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