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Ich bin da noch mal hin

Ich bin da noch mal hin

Titel: Ich bin da noch mal hin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Butterfield
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wenig von den Menschenmassen zu erholen.
    »Auf Pilgerreise soll man nicht mit der Menge wandern. Einsamkeit ist vonnöten, um nicht von der Selbsterforschung abgelenkt zu werden … Vermeide Eile und Unruhe, nimm es als spirituelle Übung.«
    Pater Augusto hatte mir diesen Text nach der Messe in Triacastela gegeben. Er hatte mich gebeten, die englische Übersetzung des Gebets zu verbessern, und ich hatte die Gelegenheit ergriffen, ihm eine Frage zu stellen.
    »Entschuldigen Sie, señor . Ich treffe hier viele Pilger, die sagen, dass der Camino sie verändert. Aber bei mir kann ich keine solche Wirkung feststellen.«
    Er schwieg einen Augenblick, und ich dachte schon, er würde mir jetzt seinen Rettungsplan für Pilger präsentieren, die kurz vor Santiago zu scheitern drohen. Aber er schaute mich einfach nur an.
    »Ähm … haben Sie das denn schon erlebt, dass der Camino das Leben von Menschen verändert?«, stammelte ich.
    »¡Sí! Viele Pilger schreiben mir später und teilen mir mit, wie sehr der Camino ihnen geholfen hat, ihr Leben zu ändern.«
    »Ich habe das Gefühl, ich weiß genau, was ich ändern müsste, aber es tut sich gar nichts beim Wandern.«
    »Aber Sie haben angefangen, darüber nachzudenken?«
    »Ja. Wenigstens glaube ich das …«
    »Nun, dann haben Sie doch schon einen Anfang gemacht.«
    »Wirklich?«
    »¡Sí! Und schreiben Sie mir!«
    Was sollte ich ihm denn schreiben? Dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte angesichts der lärmenden Scharen von Späteinsteigern, die voller »Eile und Unruhe« einherstapften? Dass meine kleinen Fortschritte nun meiner aufkeimenden griesgrämigen Menschenfeindlichkeit zum Opfer fallen? Nein, das könnte ich ihm nicht schreiben, das wäre wirklich armselig. Wenn ich den Grundsätzen des Camino nicht folgen konnte, während ich noch auf ihm unterwegs war, wie sollte ich es dann erst im Alltagsleben schaffen? Ich musste mir mehr Mühe geben, auch die Leute zu akzeptieren, die von Sarria aus losliefen: »Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen rede, Liebe aber nicht habe, so bin ich ein tönendes Erz …«
    Es fiel mir nicht leicht, kein tönendes Erz zu sein und meine Mitmenschen in Sarria zu mögen. Auch wenn mich ihre rosa-weißen Sportschuhe, ihre kleinen orangen Rucksäcke mit den Tigger-Figuren und die iPod-Kabel in ihren Ohren nervten, ich musste mir Mühe geben. Ein paar Kilometer vor Portomarín sah ich meine Gelegenheit. Zwischen den Steinmäuerchen, diein ganz Galicien die Wege von den Feldern und Wiesen trennen, machte ich eine Gruppe katholischer Jugendlicher aus. Es waren Hunderte. Mir war mehr danach, sie zu zählen, als mit ihnen zu reden. Sie zu lieben wurde zusätzlich durch den Gedanken an die vielen Betten erschwert, die sie in Beschlag nehmen würden. Wenn sie vor mir in der Herberge ankamen, würde ich mir ein teures Hotelzimmer nehmen müssen. Um der Gerechtigkeit willen muss ich aber auch sagen, dass ich während des ganzen Camino nicht gespart hatte und sie jetzt nicht für die Höhe meiner Kreditkartenabrechnung verantwortlich machen konnte. Also beschloss ich, kurz Pilgerfreundschaft zu schließen, um sie dann rasch zu überholen und vor ihnen in Portomarín anzukommen.
    Als ich zu der zügig voranschreitenden Truppe aufgeschlossen hatte, erkannte ich, dass es sich keineswegs um einen eintönigen Zug austauschbarer Klone, sondern um lauter Individuen handelte. Sie trugen bunte Halstücher, die sie nach Altersgruppen unterschieden. Ich kam mir unter ihnen wie ein Kuckuckskind vor. Teenager marschierten Schulter an Schulter mit Älteren. Schließlich machte ich auch den Priester aus, der diesen belgischen Pilgerzug nach Santiago führte. Die beste Gelegenheit, dachte ich, etwas über die Messe herauszufinden, das ich mich schon immer gefragt hatte. Außerdem würde es mir viel leichter fallen, die Pilger zu lieben, wenn sie mir zu etwas nutze waren.
    »Entschuldigen Sie, könnten Sie mir etwas erklären, was ich nie verstanden habe?«, wandte ich mich an den Priester.
    »Bitte. Ich hoffe, ich kann Ihnen helfen«, antwortete er bescheiden.
    »Oh, ganz bestimmt. Was heißt es denn eigentlich, dass Jesus unter uns weilt, wie immer in der Messe gesagt wird? Das habe ich mich schon immer gefragt, aber nie verstanden. Wo genau ist er denn?«
    Es war gar nicht so einfach, mit dem kräftig ausschreitenden Priester Schritt zu halten und dabei noch zu reden. Ich hüpfte auf und ab wie die Tigger-Figuren an den Rucksäcken und hoffte, er

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