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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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Aussöhnung mit den Juden, die ihrerseits mit ihrer Bereitschaft zur Vergebung, nicht zum Vergessen, ebenfalls dazu beitragen, den Brückenschlag in die Gegenwart zu machen.

    Frieden schließen bedeutet auch, auf eine ganz neue Art Verantwortung zu übernehmen. Das Problem wird zwar nicht aus dem Gedächtnis gelöscht, aber es bekommt eine andere Dimension, weil ich es innerlich in Frieden abgeschlossen habe. Es stellt mich dann nicht immer wieder vor den Konflikt, der mich belastet, den ich aber nicht lösen kann.
    Frieden zu schließen mit den offenen »Baustellen« des Lebens, ist sinnvoll, doch ebenso wichtig ist es, im Alter ganz bewusst jeden einzelnen Tag versöhnlich zu beenden. Am Abend tut es gut, den Tag zu reflektieren und all das noch einmal in Gedanken vorüberziehen lassen, was er gebracht hat. Aber man sollte die einzelnen Geschehnisse nicht bewerten, sondern sie einfach betrachten und annehmen – so war es eben. Es macht wenig Sinn, bestimmten Ereignissen nachzutrauern. Sie sind vorbei, unwiderruflich.
    Die abendliche Reflexion sollte möglichst nicht erst stattfinden, wenn man schon im Bett liegt, sonst ist man dafür zu müde und schläft gleich ein. Viele führen sie auch als Ritual durch. Wenn sie zu Hause sind, zünden sie eine Kerze an, setzen sich ein paar Minuten hin und betrachten den zurückliegenden Tag. Andere legen eine gute Musik auf oder meditieren oder kümmern sich um ihre Blumen. Wie immer man den Tagesabschluss im Einzelnen gestaltet: Es tut gut, den Tag nicht beliebig auslaufen zu lassen, sondern ihn bewusst in Frieden abzuschließen. Der heilige Benedikt sagt in seiner Regel: »vor Sonnenuntergang Frieden schließen«.

    Das Testament machen
    Eine andere Form des Friedenschließens betrifft das Testament. Wer im Alter mit sich ins Reine kommen will, muss sein Leben ordnen – und dazu gehört es, sich über seinen »letzten Willen« klar zu werden. Viele scheuen sich, darüber nachzudenken, zu entscheiden und ihn niederzuschreiben, weil sie Angst vor dem Tod haben. Wir schieben den Gedanken gerne beiseite, dass der Tod eine Realität des Lebens ist – und dass jeder so leben sollte, als sei es seine letzte Stunde. Wenn ein Mensch sein Leben ordnet, kann er diese Furcht vor dem Tod überwinden und neuen Mut zum Leben finden.
    Ein Testament soll nicht nur die äußeren, materiellen Angelegenheiten regeln, sondern auch die inneren Anliegen. Damit sind tatsächlich schwierige Entscheidungen verbunden, denn die Eindeutigkeit, die das Testament von einem Menschen fordert und vor der er sich im Leben oft gedrückt hat, wird ihm jetzt bewusst. Er muss Klarheit schaffen, was für ihn Gewicht und Bedeutung hat. Wenn er die äußeren Dinge regelt, kommt er auch mit den inneren wieder ins Reine. Manche Menschen setzen allerdings mit ihrem Testament zum letzten Mal ihren Willen durch, der den Unfrieden nicht beendet, sondern getragen ist von Sturheit und Rücksichtslosigkeit, oft sogar von Falschheit. Doch wer mit dem Testament nur an jemandem Rache nehmen und ein letztes Mal zeigen will, »wer der Herr im Hause ist«, wird keinen Frieden finden. Nicht selten haben die Menschen auch Angst vor äußerem Verlust, obwohl sie wissen, dass sie über den Tod hinaus nichts mitnehmen können. Die materiellen Dinge belasten dann das Leben und verhindern, dass man auf dem inneren Weg vorankommt. Sie stören auch die Beziehung zu anderen. Deshalb ist es gut, sich darüber klar zu werden, was man im Leben will und was man – über den Tod hinaus – nicht möchte.

    Ein Mensch, der sein Testament gemacht hat, wird in seiner Grundhaltung meistens auch von seiner Umgebung klarer wahrgenommen als vorher, weil er seinen Willen in jedem Augenblick seines Lebens unmissverständlich zeigt. Beim Autofahren ist es ganz ähnlich – da lautet eine Grundregel: einschätzbar fahren! Das erfordert vom Fahrer, dass er Zeichen gibt, die jeder versteht: Wer rechts blinkt und nach links abbiegt, wird ein Chaos anrichten. Das Leben zu ordnen und mit sich selbst ins Reine zu kommen, beendet den ewigen Zickzackkurs zugunsten einer unmissverständlichen Klarheit, die den neuen Weg charakterisiert. Für viele alte Menschen kann diese Neuorientierung den Kopf frei machen und zum Herzen führen – zum eigenen wie zu den Herzen anderer Menschen.
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