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Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg

Titel: Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hape Kerkeling
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hinterlegt mir ein Flugticket nach Hamburg, bucht ein Zimmer im »Hotel Intercontinental« und Gage gibt es auch.
    Am Abend des Auftritts ist der Theatersaal im »Logo« rappelvoll. Meine aufstrebenden älteren Comedy-Kollegen aus der Hamburger Szene behandeln mich zwar wie provinzielle Luft, aber dafür sitzt Otto, wie ich mit einem Blick durch den Vorhang feststelle, leibhaftig im Publikum. Mein Puls steigt. Die Stimmung im Publikum ist prächtig, denn die ersten Komiker räumen auf der Bühne ab. Vor diesen Zuschauern aufzutreten kann nur großartig sein und so freue ich mich auf den Abend. Den Bühnentechniker bitte ich kurz vor meinem Auftritt darum, meinen Tisch unbedingt rechts von der breiten Säule, die mitten auf der Bühne steht, zu positionieren. Sonst können mich die meisten Leute im Saal während des Vortrags nicht sehen.
    Als ich die Bühne betrete, werde ich mit großem Applaus empfangen und erstarre im gleichen Moment. Mein Tisch steht direkt vor dem Ungetüm. Kaum jemand kann mich richtig sehen. Erst recht nicht, wenn ich mich setze.
    Heute würde ich den schweren Tisch nehmen und ihn mit einem blöden Kommentar dahin schieben, wo ich ihn haben möchte. Aber mir kommt nicht mal der Gedanke. Also setze ich mich, verschwinde quasi und fange an. Zwei Drittel der Leute können mich überhaupt nicht sehen. Aber auch die, die mich sehen und hören können, lachen nicht. Ich bin hier der Stimmungstöter. Zwanzig Minuten Programm soll ich füllen. Nach zehn Minuten und keinem einzigen echten Lacher schauen die ersten Leute auf die Uhr. Was soll ich nur machen? Ich beschließe zügig zum Schluss zu kommen. Mit einem echten Gnadenapplaus verlasse ich wie ein geprügelter Kettenhund die Bühne. Der Bühnentechniker fragt nur knapp: »Fertig?« Er meint den Auftritt. Ich sage: »Ja.« Und meine mich.
    Anschließend, so ist es verabredet, bin ich Gast an Ottos Tisch. Welche Peinlichkeit! Dem kann ich doch auf keinen Fall unter die Augen treten. Andererseits. Wir sind schließlich verabredet. Erhobenen Hauptes gehe ich tapfer durch das Publikum an seinen Tisch.
    Otto sitzt dort gut gelaunt mit fünf Freunden, die mich alle ansehen, als hätte ich gerade ein Qualifikationsspiel für die WM vergeigt. Otto steht sofort auf, nimmt mich am Arm und zieht mich in Richtung Ausgang. Seine Frau folgt uns. Erst draußen vor der Tür begrüßt er mich und sagt, dass er sich sehr freue, mich endlich kennen zu lernen. Er und seine Frau Manou sind ausgesprochen entspannt und angenehm. Otto reibt sich voller Tatendrang die Hände: »Wollen wir noch irgendwo zusammen was trinken? Ich bin froh, dass ich da raus bin. Die Luft war ja schrecklich da drin.«
    Prima, und wer hat sie erzeugt? Ich. Es platzt förmlich aus mir heraus: »Es tut mir Leid, dass ich den Auftritt so vergeigt habe. Ich versteh das selber nicht, irgendwie hat heute gar nichts geklappt.« Otto schaut mich erstaunt an: »Wieso?« Seine Frau ist genau so irritiert.
    »Na ja, es hat doch keiner gelacht. Schlimmer kann es doch wohl nicht laufen!«
    Otto lacht: »Und? Das bedeutet doch nichts. Ich fand dich großartig!« Seine Frau pflichtet ihm bei: »Das war total witzig!«
    Mein Gott, sind die süß! Die notlügen hier, was das Zeug hält, weil sie wahrscheinlich befürchten, dass ich sonst in etwa einer knappen halben Stunde vom Hamburger Fernsehturm springen werde.
    Otto merkt, dass ich wirklich unglücklich bin über meine Performance, und erklärt mir: »Die anderen sind deshalb viel besser angekommen, weil sie etwas Ähnliches machen wie ich. Das kennt das Publikum und lacht! Teilweise haben sie heute Abend doch sogar Nummern aus meinem Programm nachgespielt. Was du machst, verstehen die Leute noch nicht. Du machst was Eigenständiges. Sie müssen sich erst an dich gewöhnen. Gib ihnen Zeit! In zwei Jahren werden sie quietschen!« Das glaube ich ihm nicht, obwohl ich merke, dass der König der deutschen Komiker es gerade ernst meint.
    Otto ist mörderisch gut drauf und wir haben an dem Abend Spaß ohne Ende. Nachdem sie mich schönerweise eingeladen hat, bei ihnen zu Hause zu übernachten, tritt Manou irgendwann den Heimweg an.
    »Lust auf Promis?«, will Otto hingegen wissen. »Komm, wir gehen Promis gucken. Ich liebe das!«
    Er schleppt mich also auf eine edle Promigeburtstagsparty. Na, der Zufall will es, dass ich für den Anlass auch noch passend gekleidet bin: uralter flusiger schwarz-weißer Norwegerpulli, Jeanshose mit Fransen und dazu blau-gelbe

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