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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Joanna und er geteilt hatten. Bis zum Schluss hatten sie ein gemeinsames Abonnement für die Kammerspiele gehabt.
    Es war zu deutlich. Das Bild, wie der Morgen über dem alten Fachwerkhaus erwachte, in dem Hannes Jork jetzt auf
seinem
Stuhl, in
seinem
Bett …
    «Ach, ver
dammt
!», zischte Albrecht.
    Seine Stirn presste sich gegen die Fensterscheibe.
    Die Oker, träge dahinströmend zwischen herbstlichem Buschwerk.
    Wie in Zeitlupe. Die Leute sagten, je älter man werde, desto schneller ströme das Leben dahin. Ein reißender Strom auf die Staumauer zu, auf die schweigende, ruhige Stille auf der anderen Seite, von der niemand zu berichten wusste.
    An manchen Tagen hatte Jörg Albrecht das Gefühl, er hätte diesen Punkt längst schon erreicht. Keine Regung der Wellen mehr. Zeitlupe.
    Die hektischen Turbulenzen, die ihn in den letzten Tagen mit sich rissen, waren kein eigentlicher Teil
dieses
Lebens. Das war die andere Welt, eine Welt, die zu einem Teil von ihm geworden war und die doch für sich allein …
    Zu wenig, dachte er. Etwas fehlt. Und wie gewaltig die Lücke auch ist: Ich bemerke sie nicht, solange mich niemand daran erinnert, dass da etwas sein könnte anstelle dieser Lücke.
    Die Düfte der kleinen Altstadtpinte hatten sich an seinen Anzug geheftet und ihn auf das Hotelzimmer begleitet. Er würde heute ein anderes Sakko tragen, natürlich, doch er konnte sie immer noch riechen wie das Echo einer kostbaren Erinnerung.
    Wie die Erinnerung an eine Erinnerung.
    Willst du das wirklich noch einmal, dachte er. Die Pinten? Die Musik? Die Gespräche? Und die Frauen? Lässt sich die Zeit zurückdrehen, ohne dass es lächerlich wird, weil ihr nicht länger zueinanderpasst – du und die Zeit?
    Es war ein gutes Gespräch gewesen mit der jungen Frau, und er war sich sicher, dass es auch ihr gefallen hatte, doch er bildete sich nicht ein, kam keine Sekunde auch nur auf den Gedanken, dass sie …
    Doch
dieser
Gedanke bewies bereits, dass das eine Lüge war.
    Unwillig schüttelte er den Kopf.
    Die Ermittlung. Er hatte einen Fall zu klären.
    Er griff nach seinem Mobiltelefon. Keine neuen Nachrichten seit gestern Abend. Heute hatte er auch nicht damit gerechnet.
    « PK Königstraße, Kriminaloberkommissar Max Faber. Moin, moin.»
    «Moin.»
    Jörg Albrecht glaubte vor sich zu sehen, wie Fabers Haltung sich straffte.
    «Eine Stunde, und Sie haben Ihre Nachtschicht hinter sich», bemerkte er aufmunternd. Aus irgendeinem Grunde war er in versöhnlicher Stimmung heute Morgen.
    «Und meine Tagesschicht fängt an», murmelte Faber.
    Albrecht biss sich auf die Zunge. Vor ein paar Jahren noch hätte er den kompletten Dienstplan im Kopf gehabt.
    «Und?», erkundigte er sich. «Kommen Sie voran?»
    «Wir haben uns in den Traumfänger-Fall eingearbeitet, ja … Zum Glück war es ruhig heute Nacht. Wenn Sie wollen …»
    Albrecht sah auf die Uhr. «Gehen Sie das bitte mit Friedrichs durch», bat er. «Ich melde mich bei ihr, sobald ich meinen eigenen Termin hinter mir habe.»
    «Sprechen Sie noch einmal mit Freiligrath?»
    «Vorausgesetzt, er gewährt mir eine erneute Audienz», knurrte Albrecht. «Ja. Ich hatte gestern die Gelegenheit, mich noch einmal mit einer unserer Kontaktpersonen zu unterhalten. Insgesamt wie vermutet: Handys sind auf der geschlossenen Abteilung untersagt, Besuche nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen möglich. Und seine Post wird regelmäßig kontrolliert.»
    «Nicht zu beneiden», murmelte Faber.
    «Er wird’s überleben. Jedenfalls steht fest, dass er – wenn überhaupt – nur auf einem Weg Kontakt nach außen haben kann: über das Personal. Um die Personalakten werden sich die Braunschweiger Kollegen kümmern.»
    Von Dr. Seidel persönlich bis zur letzten Küchenhilfe, dachte er.
    Doch er hatte Zweifel, dass sie fündig werden würden. Kliniken und Krankenhäuser mochten mittlerweile weitgehend in privater Trägerschaft sein, doch schlechte Presse war den Betreibern so willkommen wie dem Teufel das Weihwasser. Sie würden sich regelmäßig um polizeiliche Führungszeugnisse bemühen.
    «Irgendetwas Neues von der Gerichtsmedizin?», fragte er abschließend.
    «Ja …» Ein Knistern im Hintergrund. «Margit Stahmke ist offenbar betäubt worden, bevor sie im Sumpf aufgehängt wurde. Wobei sie wohl noch ausreichend bei Bewusstsein war, um mitzukriegen, was passierte.»
    Albrecht biss die Zähne zusammen. Ein Tod, den man niemandem wünschte, auch der Zecke nicht. Exakt der Mechanismus, auf

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