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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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psychische Belastung im Ernstfall. Ach ja, von Neverding gab’s auch eine Reihe von Aufträgen.»
    «Neverding?»
    «Der Reeder. Der in Bergedorf.»
    «Ich
weiß
, wer Neverding ist!»
    Klaus Matthiesen war ein netter Kerl, aber seine Phantasielosigkeit konnte mich manchmal um den Verstand bringen. Jedes Kind in der Stadt kannte Focco Neverding, den Grandseigneur der Hafenindustrie.
    «Das war zu der Zeit, als er anfing, in andere Branchen zu investieren», erklärte Matthiesen. «Also Neverding. Dieser Freizeitpark in der Heide. Und alles rund um die Stiftung natürlich, die Kinderkrippen, die Heime und so weiter. Die Einrichtung und alles – solche Sachen müssen wohl von Psychologen geprüft werden. Wobei: Ich weiß nicht, ob das Pflicht ist.» Er hob die Schultern. «Jedenfalls gab’s immer wieder Aufträge.»
    «Okay.» Ich nickte. «Freiligrath hat damals also eine ganze Stange Geld verdient. Wie hat er es angelegt?»
    «Immobilien.» Klaus Matthiesen blickte in seinen Kaffee, als hätte er einen Stapel Notizen in der Tasse versenkt. «Zum größten Teil. Das meiste davon konnte ich schon abklären, über das Grundbuchamt. In Hamburg hat er jedenfalls nichts mehr. Ist nach und nach verkauft worden, in der ersten Zeit nachdem er hinter Gitter kam.»
    «Also hat er heute keine Mieteinnahmen mehr», murmelte ich. «Zumindest hier in der Stadt.»
    «Danach sieht es aus. Aber ich bleibe dran.»
    «In Ordnung», nickte ich. «Sobald du die aktuelle Übersicht hast, gibst du mir Bescheid.»
    Ich zögerte. Konnte so was wie kriminalistische Intuition ansteckend sein? In letzter Zeit stellte ich fest, dass ich hin und wieder zu denken begann wie Jörg Albrecht. Oder, nein, nicht denken. Es war eher wie ein … ein Aufflackern. Ein plötzlicher Blitz:
Das
ist jetzt wichtig!
    «Schau dir die Zahlen ganz genau an», bat ich. «Nennt es ein Gefühl, aber irgendwas sagt mir, das da was im Busch sein könnte.»
    Matthiesen sah mich an, in den Augen ein großes Fragezeichen.
    Phantasielosigkeit hat einen Namen, dachte ich.
    «In Ordnung. Danke. – Max?», sagte ich rasch, als Matthiesen noch einmal den Mund öffnete. Über Dr. Seidel würde ich zuerst mit Jörg Albrecht sprechen.
    «Gut.» Max Faber hatte sich einen Stapel Blätter mitgebracht. «Alois und ich haben ja erst mal alle Namen abtelefoniert, die in der Akte zu finden waren. Also alle, die noch leben. – Nein, die, die schon tot sind, sind ganz normal gestorben», fügte er hastig hinzu. «Ausgenommen diejenigen, von denen wir schon wissen. Dann haben wir uns die unterschiedlichen Theorien vorgenommen, die es damals gab. Überlegungen, wer Freiligrath vielleicht unterstützt haben könnte oder das womöglich heute noch tut.» Er sah in die Runde.
    Ich nickte ihm zu. Bitte weitermachen.
    «Gut», murmelte er. «Familienangehörige hat er in Deutschland nicht mehr. War nie verheiratet, keine Kinder. Es gab eine Schwester, aber die ist lange tot. Ein Neffe wohnt heute mit Familie in Chile. Wir prüfen das noch, aber für mich sieht er unverdächtig aus. Hat das Land verlassen, bevor die ganze Geschichte damals losging. Okay?»
    «Okay», sagte ich.
    «Dann diese Traumfänger-Jünger.» Das zweite Blatt. «Das muss ein großes Ding gewesen sein damals. Ein, zwei Jahre lang war das wirklich wild. Eine Band aus der Heavy-Metal-Szene hat sogar eine CD rausgebracht. Konzeptalbum – jeder Song ein Opfer. Manche Leute machen aus
allem
Geld.»
    Ein Hüsteln.
    Alle Blicke gingen zu Marco Winterfeldt – oder dem, was von seinem Schopf hinter dem Laptop zu sehen war.
    «So übel ist die gar nicht», murmelte er. «Also rein musikalisch.»
    Wahrscheinlich machte ich ein ganz ähnliches Gesicht wie alle übrigen am Tisch. «Bitte weiter», murmelte ich.
    Faber seufzte. «Der oder die Mitwisser.» Das letzte seiner Blätter. «Er selbst hat immer behauptet, er habe allein gehandelt. Schien fast beleidigt zu sein, wenn jemand es wagte, etwas anderes zu vermuten. Das sei einzig und allein
seine
wissenschaftliche Leistung. Im Prozess ist das jedenfalls lange diskutiert worden. Natürlich waren seine Mitarbeiter im Verdacht – er hat eine Sekretärin beschäftigt und ein paar Aushilfskräfte –, aber da hat sich nichts erhärtet. Trotzdem blieb eine Art Restverdacht, der nie ausgeräumt werden konnte. Es gab wohl sogar ein paar Phantombilder … Leute vom Hagenbeck-Personal und von der Hafenaufsicht glaubten jemanden gesehen zu haben, der eindeutig nicht Freiligrath

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