Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
Vom Netzwerk:
den die Taten berechnet waren: kollektive Ängste.
    «Gut», seufzte er. «Ich werde heute Morgen zunächst Hauptkommissar Rabeck hier vor Ort aufsuchen. Vielleicht gegen zehn bin ich dann in Königslutter und telefonisch nicht erreichbar – die Handyregel gilt auch für uns.»
    Er hörte, wie Faber die Angaben notierte, verabschiedete sich und legte auf.
    Vielleicht konnte ihm Rabeck Antworten geben, wenigstens ein oder zwei. Um zwanzig nach acht würde Maja Werden mit ihrem Golf auf dem Hotelparkplatz warten.
    Rabeck und danach …
    Danach Königslutter.
    Danach der Traumfänger.
    ***
    Ich wurde zu alt für solche Spielchen.
    Joachim war nicht eben zartfühlend mit mir umgegangen. Allerdings war es auch genau das gewesen, was ich gebraucht hatte: heftig, fast brutal.
    Vergessen. Das Morgen im Jetzt vergessen.
    Aber
so
weit war ich noch nicht jenseits von Gut und Böse, dass ich nicht mehr wusste, welche Knochen einem am nächsten Morgen wehtaten – und welche nicht.
    Mir taten alle weh, jeder einzelne. Zweihunderteinundsechzig Knochen hatte der Mensch, glaubte ich mich zu erinnern. Bei mir mussten es mehr sein. Und jeder einzelne war am Pochen und Knacken und …
    Die Nummer im Park war nur der Anfang gewesen. Weitergegangen war es in seinem Jaguar, der ganz eindeutig nicht auf solche Abenteuer ausgelegt war. Wie zwei Teenager.
    Wobei Teenager so eine Nacht eben locker wegsteckten.
    Ich schleppte mich die Stufen zur Eingangstür des Reviers hoch, derselben Tür, in der ich achtundvierzig Stunden zuvor mit Joachim Merz zusammengestoßen war.
    Stahmke hatte noch gelebt, Möllhaus hatte noch gelebt – und ich hatte nicht das Gefühl gehabt, als müsste dem uniformierten Beamten, der mir jetzt im Vorbeigehen zunickte, von meiner Stirn ein scharlachroter Buchstabe entgegenleuchten.
    Ich hatte wieder meine Ermittlerinnengarderobe vom Vortag an. Frische Unterwäsche hatte ich in der Boutique gleich dazugekauft. Man dachte ja voraus als untreue Ehefrau. Ich roch sogar vorzeigbar, nachdem ich Joachims Angebot angenommen und noch rasch in seiner Zweitwohnung unter die Dusche gesprungen war.
    Trotzdem war ich davon überzeugt, dass die Kollegen mir irgendwie anmerken mussten, was passiert war.
    Doch Irmtraud Wegner begrüßte mich lediglich mit einem raschen Lächeln, während sie schon wieder mit ihren Telefonen jonglierte. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Offenbar war sie mir nicht böse nach der Konfrontation gestern am Wohnmobil.
    Klaus Matthiesen steckte den Kopf aus einer Bürotür. «Joa», meldete er über die Schulter. «Sie ist es.»
    Ein zweiter Kopf. Max Faber war schon immer einer gewesen, der sich lieber persönlich überzeugte, ob eine Information auch stimmte.
    Er nickte zur Begrüßung.
    Beruhigend. Er erkannte mich wieder.
    «Hi», sagte ich. «Wie war die Nacht?»
    «Frag besser nicht», murmelte Faber. «Wir haben die Ordner …»
    «Schafft ihr es, das aufzubereiten?», fragte ich. «Für die Besprechung? Sagen wir: in zwanzig Minuten?»
    Abwägend drehte er den Kopf hin und her.
    Bericht!
, dachte ich. Gewisse Dinge waren einfacher, wenn man Jörg Albrecht war.
    Doch im nächsten Moment grinste der Glatzkopf. «Für dich schaff ich’s in zehn.»
    Manchmal musste man die Kollegen einfach lieben.
    ***
    Zehn Minuten später saßen wir im Besprechungsraum zusammen, vor jedem von uns eine dampfende Tasse Kaffee.
    Wir waren nahezu vollzählig. Faber, Matthiesen, Nils Lehmann und Marco Winterfeldt. Seydlbacher war mit einem seiner Söhne beim Arzt, würde im Anschluss aber so schnell wie möglich aufs Revier kommen. Werfel und Jelinek, ganz hinten, waren Springer, die uns nur leihweise verstärkten, jetzt allerdings auch schon seit zwei Jahren.
    Außerdem hatte ich Irmtraud Wegner gebeten, sich zu uns zu setzen. Einem ungeschriebenen Gesetz folgend, war die Sekretärin bei Albrechts Besprechungen nie mit dabei – ein Protokoll war nicht vorgesehen. Die relevanten Dinge wurden am Whiteboard festgehalten – und nur dort. Die Verbindungslinien innerhalb der aktuellen Ermittlung.
    Ich drehte diesem Board den Rücken zu, saß mit den anderen am Tisch. Mich vor die Kollegen hinzustellen wie ein Lehrer in der Schule, das war nicht mein Ding.
    Mit ein paar Worten fasste ich noch einmal zusammen, was wir in Königslutter alles nicht herausgefunden hatten. Es fiel mir nicht ganz leicht, die genauen Regeln des Spielchens zu erklären, mit dem Freiligrath unseren Herrn und Meister vermutlich in genau diesem

Weitere Kostenlose Bücher