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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Albrecht schüttelte den Kopf. Treffer hin oder her. Zum ersten Mal war er ins Grübeln gekommen. Wenn die Fetischszene nun doch der Ausgangspunkt war? In diesem Moment würden die heimlichen Filmaufnahmen ein völlig anderes Gewicht bekommen. Dann war es möglich, dass es sich bei der gerüchteweisen Erpressung und den Morden doch um einen einzigen Fall handelte.
    «Nein», sagte er. Er musste später darüber nachdenken. «Nein, auch im zweiten Mordfall haben wir es mit einem außergewöhnlichen Wissen zu tun. Einen Menschen mit einer massiven Strahlendosis zu töten setzt nicht allein den Willen voraus, die Öffentlichkeit möglichst massiv zu schockieren, sondern auch …»
    «Eine Strahlenquelle», murmelte Wolczyk. «Er könnte Physiker sein. Mein Schwager arbeitet in Hamburg an diesem Teilchenbeschleuniger. Aber der trägt einen Bart.» Der Nachsatz kam so hastig, dass Albrecht im ersten Moment gar nicht begriff, was er sollte.
    Aber natürlich, der Täter trug keinen.
    «Oder Arzt», fügte Börstel – oder Börnsen – hinzu. «Oder Zahnarzt vielleicht? Mit Sicherheit lässt sich die Strahlendosis an den Röntgenapparaten, Tomographen und so weiter justieren. – Ein Physiker oder Arzt also, der in der Fetischszene unterwegs ist? Beides Berufe, für die man studieren muss.»
    Maja Werden sagte kein Wort. Sie sah Albrecht einfach nur an.
    Kein Triumph. Sie wollte nicht mehr als ihre eigenen Schlüsse ziehen. Und Jörg Albrecht hätte ihr diese Möglichkeit beinahe verstellt.
    Der Hauptkommissar schüttelte stumm den Kopf.
    Er hatte nicht herkommen wollen.
    Er hatte befürchtet, dass ihm jemand die Fäden seiner Ermittlung durcheinanderbringen würde.
    Dass es einen, nein, mehrere Menschen geben sollte, die ihre Laufrichtung besser erkennen konnten als er selbst, hatte er nicht für möglich gehalten.
    ***
    Eilig entfernten sich die Schritte des Fernsehteams.
    Hinterher!, war mein erster Reflex. Aber das war Unsinn. Albrechts Anweisung war eindeutig: Kein Eingreifen, solange nicht Gefahr im Verzug ist. Das war eindeutig nicht der Fall. Nicht hier in St. Georg. Wenn ich Stahmke festsetzte, war nichts gewonnen.
    Ich drückte die Zwei, die Kurzwahl des Reviers.
    «Joa? PK Königstraße, Kriminalkommissar Klaus Matthiesen.»
    «Die Alsterquelle!», zischte ich. «Irgendwo bei Henstedt-Ulzburg. Stahmke hat gerade einen Anruf gekriegt.»
    «Hä?»
    Ich verfluchte die Schlafmütze. Natürlich konnte er nicht wissen, dass ich an der Pressefrau dran gewesen war, doch selbst Matthiesens langsamem Verstand musste doch aufgehen, was das bedeutete!
    «Ruf die Kollegen in Schleswig-Holstein an!», fauchte ich. «Sie sollen sofort was da hinschicken! Das ist …» Der nächste Tote, dachte ich. Albrecht war in Braunschweig, Matthiesen auf dem Revier. Jeder andere konnte es sein. «Das ist der nächste Tatort! Aber fang nicht an, denen das zu erklären! Sie müssen auf der Stelle dahin! Gib das durch!»
    «Ja … ja.» Ich sah vor mir, wie er sich schüttelte wie ein begossener Pudel. «Ich ruf da an. Jetzt gleich.»
    Ich beendete das Gespräch.
    Henstedt-Ulzburg, jenseits der Stadtgrenze. Quer durch die Stadt, bei Schnelsen auf die Autobahn, die übernächste Ausfahrt wieder raus. Die Quelle würde ich finden, und wenn ich selbst bei den Kollegen anrufen musste.
    Ich begann zu laufen. Mein Wagen stand drei Straßen entfernt. Ich war eben im Begriff, das Handy wieder zu verstauen, tippte dann aber auf die Eins im Kurzwahlspeicher.
    «Dennis Friedrichs …»
    «Dennis, ich …»
    «… und Hannah Friedrichs. Leider sind wir im Moment nicht zu Hause. Hinterlassen Sie doch bitte eine Nachricht, und wir rufen so schnell wie mög…»
    Mit einem Knurren schnitt ich unserem Anrufbeantworter das Wort ab, beendete auch dieses Telefonat.
    Zweiundzwanzig Uhr durch. So lange dauerte keine Abstimmung über irgendein Sanierungsobjekt dieser Welt. Weder mit Iris Gunthermann noch mit sonst wem.
    Es sei denn, die beiden stimmten was ganz anderes aufeinander ab.
    Oder es gab da noch ein weiteres
Objekt
, das er zu
bearbeiten
hatte.
    Unterdrückt schimpfend stopfte ich das Handy in die Tasche, ohne langsamer zu werden.
    So ging das nicht weiter mit uns beiden. Irgendwas musste passieren. Doch darüber durfte ich mir jetzt nicht den Kopf zerbrechen.
    Die Alsterquelle, Henstedt-Ulzburg. Schon tastete ich nach meinem Autoschlüssel.
    St. Georg ist ein seltsames Pflaster, wie gesagt. Direkt am Hansaplatz parken die Sportwagen, und zwei

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