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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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oder Physiker?
    Die These, die Maja Werden und ihre Kollegen entwickelt hatten, stand nicht im Widerspruch zu Jörg Albrechts Theorie. Sie war eine Erweiterung. Nicht mehr, nicht weniger.
    Damit konnte er leben.
    Täter mit medizinischem Hintergrund sollte sich das Team für die zurückliegenden Fälle von nun an mit besonderen Argusaugen vornehmen. Diese Botschaft an Kommissar Faber und seine Mitstreiter würde Jörg Albrecht morgen mit nach Hause nehmen.
    Vielleicht konnte er ja noch einen Hinweis auf eine gewisse schicke Zahnarztpraxis am Niendorfer Gehege fallen lassen.
    Natürlich war Joannas Wunderdentist nicht der Mörder.
    Aber so häufig ergab sich die Gelegenheit dann doch nicht, Dr. Hannes Jork einen richtig miesen Tag zu bescheren.
    Albrecht lehnte sich zurück und sah auf die Uhr. Kurz vor Mitternacht. Der akademische Diskurs schien sich dem Ende zuzuneigen. Möllhaus hatte in den letzten Minuten sehr viel genickt und noch mehr notiert.
    Jetzt blickte der Professor auf, sah aufmerksam in die Runde. Wie von selbst begann das Gespräch zu verstummen. Letzte Argumente wurden ausgetauscht, dann nickte Möllhaus erneut. Ein abschließendes Nicken diesmal.
    «Dann danke ich Ihnen», sagte er, warf einen kurzen Blick auf seinen Zettel und gab noch einmal die wichtigsten Thesen wieder, die die Runde erörtert hatte. Ein Einzeltäter oder doch mehrere? Mann oder Frau? Was war das wahre Ziel der kriminellen Operation?
    Einige der Theorien waren miteinander vereinbar, andere widersprachen sich. Die These, dass Albrecht selbst im Fadenkreuz stehen könnte, war diskutiert, aber nicht einhellig befürwortet worden. Börstel – oder Börnsen? Womöglich hieß er auch einfach Behrens? – schien sich noch am ehesten damit anfreunden zu können.
    Für den Hauptkommissar spielte das keine große Rolle.
    Die aufgeweckte Analystenrunde besaß ihre Fähigkeiten, ohne Zweifel.
    Doch keiner von diesen jungen Leuten, deren neugierige Nachwuchspsychologenaugen immer wieder in seine Richtung gewandert waren, steckte in Jörg Albrechts Haut.
    Und der spürte noch andere Augen auf sich, seit bald achtundvierzig Stunden schon. Augen, die heute Abend mit Sicherheit nicht anwesend waren.
    Die Augen des Täters.
    Es war ein Duell. Noch immer hatte die Gestalt seines Gegners keine deutlichen Konturen angenommen.
    Aber vielleicht konnte die endgültige Einschätzung des Professors ein Stück dazu beitragen. Die schuldete Möllhaus dem Hauptkommissar, und die ließ sich nicht im Kollektiv treffen.
    «Gut.» Möllhaus ließ seinen Zettelstapel sinken und wandte sich an Albrecht. «Für gewöhnlich nehme ich mir für mein Gutachten wenigstens ein bis zwei Wochen Zeit. Doch unter diesen Umständen ist mir selbstverständlich klar, dass Eile geboten ist. Also werde ich mir die Causa gleich heute Nacht noch einmal vornehmen.»
    Heute Nacht? Überrascht hob der Ermittler die Augenbrauen.
    Möllhaus’ Mundwinkel zuckte. «Keine Sorge. Wie Sie wissen, habe ich meine spezielle Technik. Zehn Minuten sind so gut wie zwei Stunden Schlaf. Wenn ich mich gegen halb eins an die Arbeit mache, bin ich um drei, halb vier durch und kann noch in aller Ruhe nach Hause fahren und packen.»
    Die spezielle Technik. Albrecht sah den Teppich und die weiß verputzte Wand vor sich.
    Er musste erfahren, was es mit diesem Putz auf sich hatte.
    Die Doktoranden packten ihr Arbeitsmaterial zusammen. Mit einem leichten Bauchgrummeln beobachtete der Hauptkommissar, wie die Kopien seiner Aussage in Aktenmappen und fröhlichen Dritte-Welt-Taschen verschwanden.
    Maja Werden sprach noch einige Worte mit dem Professor, Jonas Wolczyk dagegen steuerte Albrecht an.
    «Also, äh …» Ein Hüsteln. «Ich hab mir noch was überlegt. Selbst wenn da nicht viel zu sehen ist: Wenn Sie denken, das hilft vielleicht, kann ich mir ja Ihre Phantombilder mal ansehen. Vielleicht passiert ja auch noch mal was und es kommen noch welche dazu?»
    «Ich hoffe, dass wir das vermeiden können», erwiderte der Hauptkommissar sachlich.
    «Na ja.» Wolczyk hob die Schultern und fingerte eine zerknitterte Visitenkarte aus der Hosentasche. «Am besten per Mail. Wissen Sie, das meiste ist natürlich Wahnsinn, was die sich damals zurechtgelegt haben mit den Verbrechergesichtern – aber ab und zu spiegelt sich wirklich was von der Persönlichkeit der Leute in der Physiognomie. Was sie erlebt haben im Laufe ihres Lebens. Das prägt sich ein. Und da kann man manchmal Rückschlüsse anstellen. Vorstrafen

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