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Ich Bin Ein Schwein

Ich Bin Ein Schwein

Titel: Ich Bin Ein Schwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Steinlechner
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Fällen. Es war ohnehin nicht mehr von Bedeutung. Sarah streifte den String ab. Ihr buschiges Schamhaar war wie von Tau benetzt. Sie folgte Judiths stummer Aufforderung und setzte sich aufs Sofa. Fast ehrfürchtig betrachtete Judith die helle Haut und den makellosen Körper. Sie hatte noch nie einen Engel mit üppigen Brüsten gesehen. Die Putten in der Kirche hatten unbehaarte Kinderpimmel. Oder waren das antike Götter? Sie vollbrachten ihre Werke, ob gut oder böse, und flatterten wieder von dannen, um die nächsten Geschundenen zu beglücken. Doch dieser traurige Engel spreizte keine Flügel, um der Schreckensszene des Schreckens zu entfliehen. Sarah spreizte ihre Beine. Konnte sie Judiths Gedanken lesen? Sehnte auch sie sich nach einem Kuss auf die vollen Lippen des feuchten Mösenschmollmundes. Doch Judith schüttelte den Kopf und Sarah verstand. Sie würden sich niemals lieben. Sie würden sich nicht privat treffen. Es würde kein ‚Nach dem Job‘ geben. Jedenfalls nicht für Sarah, aus deren Augen stumme Tränen flossen.
    Während Judith durch das dunkle Treppenhaus lief, dachte sie an Sarah. An ihre Augen, die all die Abgründe, in die sie jemals blicken mussten, nicht mehr zu verbergen suchten. Ihr Mund, der nun endlich den Wahnsinn aus seinem Gefängnis schreien konnte. Ihr süßer Duft, der bittere Panik wurde. Doch Judith dachte nicht nur an Sarah. Sie dachte auch an die Ermittler, die den leblosen Körper finden würden. Der Routineeinsatz würde zu einem persönlichen Horrortrip werden – fette Schmeißfliegen auf einer halb verwesten Leiche inklusive. Eine Lache aus Pisse und Scheiße. Es würde erbärmlich stinken. Polizisten würden sich erbrechen. „Es wird wie Einschlafen sein. Ein tiefer, traumloser Schlaf, der Sie all das Leid vergessen lässt.“ Das waren Judiths letzte Worte an Sarah gewesen, ehe sie ihr den vergifteten Vibrator gereicht hatte. Vielleicht würden Sarahs Beine nicht mehr gespreizt sein. Aber der Vibrator würde noch immer tief in ihrer Möse stecken und das Video in Endlosschleife über den Bildschirm des alten Fernsehapparates flimmern. Vielleicht würde einer der erfahreneren Ermittler einen dummen Witz reißen: „Die Erste, die sich selbst zu Tode gefickt hat. Normalerweise machen das immer die anderen.“
    Seine Kollegen würden pflichtschuldig lachen. Dankbar für jede Ablenkung. Sarah wäre die verbale Schändung ihrer Leiche nur recht gewesen. Solange keine Verbindungen zwischen ihr und Judith vermutet wurden, wäre ihre Familie in Sicherheit. Anderenfalls würde ihre Kinder vielleicht das Schicksal ereilen, vor dem Judith Sarah gerettet hatte. Es durfte unter keinen Umständen nach Selbstmord aussehen, denn niemand hätte Sarah einen Suizid zugetraut. So aber würde niemand auf die Idee kommen, dass Sarah Informationen preisgegeben haben könnte. Der Laptop und der Chip, die Judith nun an sich genommen hatte, waren Sarahs großes Geheimnis gewesen. Niemand würde an Judith denken. Judith war ohnehin mehr Phantom als Realität.
    Das Geschehen auf der Mattscheibe sprach eine eigene Sprache. Nur in seiner grotesken Überzeichnung konnte das Bild überzeugen.
    * * *
    Judith empfand keine Genugtuung, als sie beim Verlassen des Hauses bemerkte, dass ihre Vermutung bezüglich ihres Aufenthaltsortes richtig gewesen war. Es hätte überall geschehen können. Sie ignorierte den unterwürfigen Gruß des schützenden Schattens, der ihr die Wagentür aufhielt und sie mit großer Geste und einer kleinen Verbeugung hinter ihr schloss. Es gab nur einen Ort, an dem sie jetzt sein wollte. Nur einen Menschen, nach dessen Nähe sie sich jetzt sehnte. Der Schatten wusste, was zu tun war.
    Judith lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück. Mit ausruckslosen Augen sah sie auf die pulsierende Stadt. Das Nachtleben hatte einen eigenen Herzschlag, von dem die Tagmenschen keine Vorstellung hatten. Der Verkehr floss zäh wie müdes Sperma durch die engen Gassen. Sie grüßten die trunkene Hure Babylon. Neonschilder von Nacktbars und Sexshops brannten sich in ihre Netzhaut. Fliegende Händler boten Frischfleisch an. Aus aller Herren Länder für aller Herren Lenden. Sofern sie gut zahlten oder sich nicht ekelten. Billige und doch ewig zu teuere Huren drängten ihnen entgegen. Fette Hängetitten und flache Kinderbrüste pressten sich gegen die verdunkelten Scheiben der Limousine. Sie hatten keine Ahnung, wer auf der anderen Seite der Tür angewidert den Blick von ihren verfaulten Zähnen

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