Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich Bin Ein Schwein

Ich Bin Ein Schwein

Titel: Ich Bin Ein Schwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Steinlechner
Vom Netzwerk:
witterte keine Angst, als sie Sarahs Stirn küsste. Keine Panik, als sich ihre Zungen für wenige Momente einen stürmischen Kampf lieferten. Sarahs Mund war Leidenschaft und wollte mehr. Wenn alle Mitglieder ihrer Zunft so sorglos waren, hätte Judith vielleicht schon früher darauf zurückgreifen sollen. Doch sie entschied sich, nichts zu sagen. Außerdem vermutete sie bei allem stillen Spott, dass Sarah einzigartige Dokumente aufbewahrte. Für diese Zeugnisse hätte Judith sogar das Sperma ihres Agenten geschluckt. Ihre Erregung glich der eines Jägers kurz vor dem Todesschuss.
    Judith starrte gebannt auf den Bildschirm des Laptops, den Sarah aus einem Nebenraum geholt hatte. Was sie dort sah, fein säuberlich in verschiedene Kategorien unterteilt und mit kleinen Vorschaubildchen versehen, hätte sie Sarah nie und nimmer zugetraut. Auch Sarahs Stimme hatte sich plötzlich verändert. Sie war kühl:
    „Die habe ich natürlich nicht alle selbst gemacht. Aber nicht nur ihr habt eure Netzwerke.“
    „Das ist alles echt?“
    Natürlich wusste Judith, dass alles echt war. In gewissen Kreisen stand man nicht auf Gummipuppen und Theaterblut. Aber nicht Sarah. Sarah würde ihr ‚nach dem Job‘ zärtlich die Möse lecken. Ganz sanft. Ganz bestimmt. Vielleicht.
    „Und warum veröffentlichen Sie es nicht?“
    Nun schnaubte Sarah verächtlich:
    „Das fragen ausgerechnet Sie?“
    Judith wusste, dass sich das Treffen mit Sarah lohnen musste.
    „Ich gehe davon aus, dass das nicht alles ist?“
    Sarah wurde blass. Sie schwieg. Judith fuhr in forderndem Ton fort:
    „Bringen Sie es her. Geben Sie es mir. Fragen sie nicht.“
    Wie in Trance lief Sarah aus dem Zimmer. Diesmal dauerte es etwas länger, bis sie wieder zurückkam. Judith vermutete, dass sie einen Alarm ausgelöst haben könnte. Aber das war nun nicht mehr von Bedeutung. Das Haus war von schützenden Schatten umstellt. Niemand kam hinein oder hinaus. Nicht, solange Judith hier war. Sarah legte einen kleinen Computer-Chip in einem durchsichtigen Gehäuse auf den Tisch. Judith warf nur einen kurzen Blick darauf.
    „Der funktioniert sicherlich nicht überall?“
    „Nein, man braucht modifizierte Hardware.“
    „Funktioniert er in Ihrem Laptop?“
    Das Schweigen war Antwort genug. Judith wusste, dass Sarah ihren dummen kleinen Ausflug in Judiths Welt spätestens jetzt bereute. Dass sie verstand, dass sie sich auf Dinge eingelassen hatte, von denen sie bei aller Erfahrung nicht einmal etwas geahnt hatte. Judith jedoch war fast am Ziel. Das Spiel würde gleich zu Ende sein.
    „Ziehen Sie sich aus! Alles! Sofort!“
    Ihre unerwartete Aufforderung schien Sarah aus ihrer Trance geweckt zu haben. Noch bevor sie protestieren konnte, nahm Judith einen unscheinbaren Gegenstand aus ihrer Handtasche. Noch hielt sie ihn vor Sarah verborgen.
    „Zu einem Geschäft gehören Geben und Nehmen. Sie haben mir ein kleines Geheimnis offenbart und damit mein Interesse geweckt. Jetzt will ich mehr. Doch vorher ist es an der Zeit, dass ich Ihnen ein kleines Geheimnis offenbare.“
    Sie streckte ihre Hand aus und ließ Sarah einen Blick auf den Gegenstand werfen. Judith hatte schon viele Arten von Schrecken, Panik und Verzweiflung gesehen. Doch auf Sarahs Miene spiegelte sich ein Entsetzen, dass selbst Judith unbekannt war. Es entsprang keiner Furcht vor Judith. Sarah war derart schockiert, weil sie wusste, dass Judith ihre einzige Rettung war. Ein letzter Strohhalm, weit hinter dem Horizont eines grausamen Mahlstroms. Nun genügte ein angedeutetes Kopfnicken. Sarah begann, sich widerstandslos auszuziehen.
    In Situationen wie dieser verspürte Judith immer ein ungutes Gefühl, für das sie selbst nach Jahren noch keine Worte fand. Es war wie ein Bruch in der Wirklichkeit. Ein kleiner Sprung in einem ansonsten perfekten Spiegel. Jene Momente, in denen Todesangst und Lebenslust sich gleichgültig gegenüberstanden. Augenblicke, in denen ein Hauch von Heiligkeit im Raum schwebte. In denen gleichzeitig alles und nichts einen Sinn hatte. Sie konnte nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob Erregung oder stummes, tränenloses Weinen Sarahs Busen erzittern ließ. Sarah, die sich so langsam auszog. Als wollte sie Judith mit einem privaten Striptease verführen. Jetzt stand Sarah nur noch in einem unschuldig weißen String vor Judith. Ein nasser Fleck breitete sich darauf aus. Quoll sie über vor Lust oder machte sie sich panisch ins Höschen? Wahrscheinlich war es Urin, wie zumeist ins diesen

Weitere Kostenlose Bücher