Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
Vom Netzwerk:
wiesen ihm den Weg. Jeder einzelne Schritt kam ihm jetzt schwerer vor als alle, die er im Schlamm von Vietnam getan hatte.
    Schließlich erreichte er den Ort, der seit seinem Aufbruch in Louisiana sein Ziel gewesen war. Knapp eine Meile vor dem Dorf bog er links in einen Schotterweg ein und kam nach ein paar hundert Metern zu einer Backsteinhalle, die von einem Metallzaun umgeben war. Hinter der Halle befand sich ein von drei Laternen beleuchteter Platz, auf dem zwischen aufgestapelten Rohren ein achträdriger Kranwagen, ein VW-Transporter und ein Mountaineer-Kipplader mit Schneepflug standen.
    Hier hatte er während seiner Zeit in Chillicothe gewohnt. Und dies würde auch sein Stützpunkt für die letzte Nacht sein, die er in dieser Gegend verbringen würde.
    Aus dem Gebäude drang kein Licht, also war wohl niemand da.
    Er vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, wandte sich dann nach rechts und schlich am Zaun entlang bis zu der dunkelsten Stelle, die im Schutz von ein paar Büschen lag. Dort stellte er den Seesack auf den Boden, holte eine Drahtzange hervor, die er unterwegs in einem Gemischtwarenladen gekauft hatte, und kniff gerade so viele Drähte durch, dass er hindurchschlüpfen konnte. Er sah schon die kräftige Gestalt Ben Shepards vor dem Loch stehen und fluchen, mit der zischenden Stimme, die er so gut in Erinnerung hatte. » Diese elenden Hurensöhne. Kein Respekt vor anderer Leute Eigentum!«
    Als er den Zaun überwunden hatte, ging er zu einer kleinen Eisentür, die sich direkt neben dem großen blauen Schiebetor befand. Ein weißes Schild mit blauer Aufschrift verriet jedem, der es wissen wollte, wer hier seinen Sitz hatte: » Ben Shepard – Abbruch Umbau Konstruktion«. Einen Schlüssel hatte er zwar nicht mehr, doch er wusste, wo sein früherer Arbeitgeber, sofern er diese Gewohnheit beibehalten hatte, den Ersatzschlüssel aufbewahrte.
    Er öffnete das Türchen vom Feuerlöscher und ertastete ihn direkt hinter dem roten Gerät. Mit einem Lächeln auf den gemarterten Lippen steckte er ihn ins Schloss und drehte ihn herum. Die Tür ging geräuschlos auf.
    Ein Schritt und er war drinnen.
    Im schwachen Licht, das durch die oben in alle vier Wände eingelassenen Fenster hereinkam, war ein Lager voller Geräte und Maschinen zu erkennen, Arbeitshelme, Overalls, zwei Betonmischer mit unterschiedlichem Fassungsvermögen. Auf der linken Seite stand ein langer Tisch mit Werkzeug für die Bearbeitung von Holz und Eisen.
    Die feuchte Wärme, das Halbdunkel und der Geruch waren ihm vertraut. Eisen, Zement, Holz, Kalk, Gipspappe, Schmiermittel, der scharfe Schweißgeruch, den die Arbeitskleidung ausströmte. Neu war dieser Geschmack auf seiner Zunge, der bittere Geschmack des Schmerzes, weil er nun wieder vor Augen hatte, was ihm genommen worden war. Ein alltägliches Leben, Gefühle, Liebe. Jenen geringen Anteil daran, den er Karen verdankte, weil sie ihn gelehrt hatte, was diesen Namen verdiente.
    Er tastete sich im Halbdunkel voran und passte auf, wohin er die Füße setzte. Den Gedanken, dass dieser unwirtliche Ort für ihn dasselbe bedeutet hatte, wie für andere junge Leute ein schönes Haus mit frisch gestrichenen Wänden und einem Auto in der Garage, schob er beiseite.
    Sein Ziel war eine Tür auf der rechten Seite. Hinter dieser Tür befand sich ein einzelnes großes Zimmer, das an der Halle klebte wie eine Molluske an einem Felsen. Es besaß nur ein einziges vergittertes Fenster. Kochecke und Bad vervollständigten seine ehemalige Behausung, in welcher er Aufseher, Arbeiter und einziger Bewohner gewesen war.
    Er drückte die Tür auf.
    Und blieb mit offenem Mund stehen.
    Hier drinnen konnte man besser sehen, denn das Licht der Laternen auf dem Parkplatz drang durch das Fenster und scheuchte fast alle Schatten in die Ecken.
    Das Zimmer war aufgeräumt und ordentlich, als hätte er es erst vor Stunden und nicht schon vor Jahren verlassen. Die Luft hatte nichts Staubiges. Man konnte sehen, dass hier häufig und gründlich saubergemacht wurde. Das Bett war mit einer durchsichtigen Plastikfolie abgedeckt.
    Er trat einen Schritt in sein altes Zimmer hinein, als plötzlich etwas gegen sein Bein prallte und dann um seine Waden strich. Gleich darauf sprang ein schwarzer Schatten aufs Bett und brachte die Folie zum Knistern.
    Er schloss die Tür, ging zum Nachttisch und knipste die Lampe an. Aus dem matten Schein tauchte die Schnauze einer großen schwarzen Katze auf. Grüne Augen starrten ihn an.
    »

Weitere Kostenlose Bücher