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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Walzer, Herrgott im Himmel. Du bist ja immer noch hier.«
    Ohne jedes Anzeichen von Angst kam das Tier leicht schief auf ihn zugelaufen und beschnupperte ihn. Er streckte die Hand aus, um die Katze hochzunehmen, und sie ließ es geschehen. Nun setzte er sich aufs Bett, nahm sie auf den Schoß und kraulte sie sanft unter dem Kinn. Erwartungsgemäß begann sie sofort zu schnurren.
    » Das magst du noch immer, was? Immer noch der alte philosophische Genießer.«
    Während er die Katze streichelte, berührte er die Stelle, wo das rechte hintere Bein sein sollte.
    » Offensichtlich ist es in der Zwischenzeit nicht nachgewachsen.«
    Zu der Katze und ihrem Namen gab es eine Geschichte. Er hatte in Bens Auftrag in der Tierarztpraxis von Dr. Peterson etwas repariert, als ein Ehepaar mit einer in eine blutige Decke gewickelten Katze hereinkam. Sie erzählten, dass ein riesiger Hund in ihren Garten eingedrungen sei und die Katze gebissen habe – vielleicht nur, um sie für die Sünde ihrer bloßen Existenz bezahlen zu lassen. Die Katze wurde untersucht und sofort operiert, doch das Bein konnte nicht mehr gerettet werden. Als die Ärztin aus dem Operationszimmer kam, verkündete sie es den Eigentümern, die einander bestürzt anschauten.
    Die farblose Frau im blauen Twinset, die vergeblich versuchte, ihrem allzu schmalen Mund mit Lippenstift etwas Volumen zu verleihen, wandte sich zweifelnd an die Tierärztin.
    » Ihr fehlt ein Bein, sagen Sie?«
    Dann drehte sie sich zu ihrem Mann um und hoffte wohl auf eine Bestätigung.
    » Was meinst du, Sam?«
    Der machte eine unbestimmte Geste.
    » Nun, ich glaube, mit nur drei Beinen wird das arme Tier schrecklich leiden. Es wäre ja dann sein Leben lang verstümmelt. Ich frage mich, ob es da nicht vielleicht besser wäre …«
    Der Satz blieb unvollendet. Dr. Peterson sah den Mann fragend an und vollendete den Satz an seiner Stelle.
    » … es einzuschläfern?«
    Die beiden warfen sich einen Blick zu, aus dem große Erleichterung sprach. Sie konnten es nicht fassen, dass sich so rasch ein Ausweg bot und sie die Entscheidung, die sie in Wirklichkeit längst getroffen hatten, als Vorschlag einer Autorität ausgeben konnten.
    » Sie sind offenbar ganz unserer Meinung, Frau Doktor. Dann tun Sie das doch bitte. Er wird doch nicht leiden, oder?«
    Der Blick der Tierärztin wurde eisig, und ihre Stimme überzog sich mit Raureif. Die beiden hatten es jedoch zu eilig, von diesem Ort wegzukommen, um es zu bemerken.
    » Nein, er wird nicht leiden.«
    Das Paar bezahlte und ging, ein wenig rascher als angebracht. Vorsichtig lehnten sie die Tür hinter sich an. Dann besiegelte das Geräusch eines wegfahrenden Autos das gnadenlose Urteil über das arme Tier. Er hatte der Szene beigewohnt, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Jetzt ließ er den Gips stehen, den er gerade in einem Eimer anrührte, und trat auf Claudine Peterson zu. Beide waren sie weiß, sie wegen des Kittels, er wegen des Staubs an seiner Kleidung.
    » Töten Sie die Katze nicht, Frau Doktor. Ich nehme sie.«
    Die Tierärztin musterte ihn schweigend. Nach einer Weile sagte sie nur zwei Worte.
    » Ist gut.«
    Dann drehte sie sich um, ging in ihr Sprechzimmer zurück und ließ ihn allein, nunmehr Besitzer eines Katers mit nur drei Beinen. Die drei Beine waren es auch, die dem Tier seinen Namen gaben, denn als es größer wurde, erinnerte der Rhythmus seiner Schritte immer mehr an einen Walzertakt: ein-zwei-drei, eins-zwei-drei, eins-zwei-drei …
    Und Walzer war geblieben.
    Gerade wollte er den Kater, der zufrieden neben ihm auf dem Bett schnurrte, beiseiteschieben, als die Tür aufgetreten wurde. Walzer erschrak und sauste auf seinen drei Beinen unter das Bett. Eine gebieterische Stimme drang in den Raum und an seine verstümmelten Ohren.
    » Wer auch immer du bist, komm besser raus, und zwar so, dass ich deine Hände sehen kann. Und bloß keine falsche Bewegung. Ich habe ein Gewehr und werde es im Notfall auch benutzen.«
    Der Eindringling verharrte einen Augenblick.
    Dann stand er wortlos auf und ging ruhig auf die Tür zu. Bevor er sich in dem erleuchteten Viereck sehen ließ, hob er die Hände. Das war die einzige Bewegung, die noch Schmerzen auslöste.
    Und eine Flut von Erinnerungen.

5
    Ben Shepard ging hinter einem Betonmischer in Deckung und suchte nach der besten Position, um die Tür ins Schussfeld zu bekommen. Ein staubiger Schweißtropfen rann ihm über die Schläfe und erinnerte ihn daran, wie warm es in der Halle war. Für

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