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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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ich verdrängte ihn wieder.
    »Bist du ganz sicher? Wohin ist sie gezogen?«
Sag’s mir
, dachte ich.
Es ist nicht zu spät
.
    »Ich weiß nicht mehr genau«, sagte er. »Neuseeland, glaube ich. Oder Australien.«
    Ich spürte, wie mir die Hoffnung weiter entglitt, wusste aber, was ich zu tun hatte. »Bist du sicher?«, sagte ich. Ich riskierte es. »Ich hab so eine merkwürdige Erinnerung, dass sie mir mal erzählt hat, sie würde überlegen, eine Zeitlang in Barcelona zu leben. Muss Jahre her sein.« Er sagte nichts. »Bist du sicher, dass sie nicht dahin gegangen ist?«
    »Daran hast du dich erinnert?«, sagte er. »Wann?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ist bloß so ein Gefühl.«
    Er drückte meine Hand. Ein Trost. »Das hast du dir wahrscheinlich nur eingebildet.«
    »Es fühlte sich aber ganz real an«, sagte ich. »Bist du sicher, dass es nicht Barcelona war?«
    Er seufzte. »Nein. Nicht Barcelona. Es war eindeutig Australien. Adelaide, glaube ich, bin mir aber nicht sicher. Es ist lange her.« Er schüttelte den Kopf. »Claire«, sagte er lächelnd. »Ich habe ewig nicht mehr an sie gedacht. Schon seit Jahren nicht mehr.«
    Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, grinste er mich an. Er sah beinahe dämlich aus. Jämmerlich. Ich hätte ihn am liebsten geohrfeigt. »Ben«, sagte ich, meine Stimme kaum lauter als ein Flüstern. »Ich habe mit ihr gesprochen.«
    Ich wusste nicht, wie er reagieren würde. Er tat nichts, fast so, als hätte ich gar nichts gesagt, doch dann loderten seine Augen auf.
    »Wann?«, sagte er. Seine Stimme war hart wie Glas.
    Ich konnte ihm die Wahrheit sagen, zugeben, dass ich Tagebuch führte. »Heute Nachmittag«, sagte ich. »Sie hat mich angerufen.«
    »Sie hat dich angerufen?«, sagte er. »Wie das? Woher hat sie deine Nummer?«
    Ich beschloss zu lügen. »Sie hat gesagt, du hast sie ihr gegeben.«
    »So ein Quatsch! Das ist lächerlich! Wie käme ich dazu? Bist du sicher, dass sie es war?«
    »Sie hat gesagt, ihr hättet gelegentlich miteinander gesprochen. Noch bis vor gar nicht so langer Zeit.«
    Er ließ meine Hand los, und sie fiel auf meinen Schoß, ein totes Gewicht. Er stand auf, stellte sich vor mich. »Sie hat was gesagt?«
    »Sie hat gesagt, ihr beide hättet Kontakt gehalten. Bis vor ein paar Jahren.«
    Er beugte sich dicht an mein Gesicht. Ich roch Kaffee in seinem Atem. »Diese Frau hat dich einfach so aus heiterem Himmel angerufen? Bist du überhaupt sicher, dass sie es war?«
    Ich verdrehte die Augen. »Ach, Ben!«, sagte ich. »Wer soll es denn sonst gewesen sein?« Ich versuchte zu lächeln. Ich hatte immer gewusst, dass dieses Gespräch nicht einfach werden würde, aber es schien von einer Ernsthaftigkeit durchdrungen, die mir nicht behagte. Er zuckte mit den Schultern. »Du weißt das nicht. Es haben immer mal wieder Leute versucht, an dich ranzukommen, in der Vergangenheit. Die Presse. Journalisten. Leute, die über dich gelesen hatten, die wussten, was passiert ist, und die deine Version der Geschichte hören wollten oder einfach nur rumschnüffeln und rausfinden, wie schlecht es dir wirklich ging, oder sehen, wie sehr du dich verändert hast. Manchmal hat sich einer als jemand anderes ausgegeben, bloß um dich zum Reden zu bringen. Da waren Ärzte dabei. Quacksalber, die glaubten, dir helfen zu können. Homöopathie. Alternativmedizin. Sogar Medizinmänner.«
    »Ben«, sagte ich. »Sie war viele Jahre meine beste Freundin. Ich hab ihre Stimme erkannt.« Seine Miene erschlaffte, besiegt. »Du hast mit ihr gesprochen, nicht wahr?« Ich sah, dass er die rechte Hand schloss und öffnete, sie immer wieder zur Faust ballte. »Ben?«, sagte ich noch einmal.
    Er sah auf. Sein Gesicht war rot, die Augen feucht. »Okay«, sagte er. »Okay. Ich hab mit Claire gesprochen. Sie hatte mich gebeten, mich ab und an zu melden, sie auf dem Laufenden zu halten, wie es dir geht. Wir telefonieren alle paar Monate, ganz kurz.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?« Er antwortete nicht. »Ben. Warum?« Schweigen. »Du hast einfach beschlossen, es wäre leichter, sie von mir fernzuhalten? Mir vorzumachen, sie wäre weggezogen? Ja? Genau wie du mir vorgemacht hast, dass ich nie einen Roman geschrieben habe?«
    »Chris –«, setzte er an, dann: »Was –«
    »Das ist nicht fair, Ben«, sagte ich. »Du hast kein Recht, solche Dinge für dich zu behalten. Mich zu belügen, nur weil es leichter für dich ist. Kein Recht.«
    Er richtete sich auf. »Leichter für

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