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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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noch nicht. Es gab einfach zu viel zu sagen, zu viel, das ich wissen wollte. Mein ganzes Leben.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Es ist schwierig …«
    Ich hatte wohl aufgewühlt geklungen, denn sie sagte: »Chrissy, Liebes. Was hast du denn?«
    »Nichts«, sagte ich. »Mir geht’s gut. Bloß …« Der Satz verlor sich.
    »Chrissy?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. Ich dachte an Dr. Nash, daran, was ich alles zu ihm gesagt hatte. Konnte ich sicher sein, dass er nicht mit Ben sprechen würde? »Ich bin einfach durcheinander. Ich glaube, ich hab was Blödes gemacht.«
    »Ach was, bestimmt nicht.« Wieder Schweigen – ein Lauern? –, und dann sagte sie: »Hör mal. Kann ich kurz mit Ben sprechen?«
    »Der ist unterwegs«, sagte ich. Ich war erleichtert, dass das Gespräch auf etwas Konkretes, Sachliches geschwenkt war. »Arbeiten.«
    »Okay«, sagte Claire. Erneutes Schweigen. Das Telefonat nahm plötzlich etwas Absurdes an.
    »Ich muss dich sehen«, sagte ich.
    »Du ›musst‹?«, sagte sie. »Willst du es denn nicht?«
    »Nein«, setzte ich an. »Natürlich will ich …«
    »Ganz ruhig, Chrissy«, sagte sie. »Das sollte ein Witz sein. Ich will dich auch sehen. Kann’s kaum erwarten.«
    Ich war erleichtert. Ich hatte befürchtet, dass unser Gespräch ins Stocken geraten könnte, dass wir uns mit dem vagen Versprechen, irgendwann mal wieder zu telefonieren, höflich voneinander verabschieden würden und eine weitere Tür in meine Vergangenheit für immer zuschlagen würde.
    »Danke«, sagte ich. »Danke …«
    »Chrissy«, sagte sie. »Du hast mir wahnsinnig gefehlt. Jeden Tag. Jeden Tag habe ich gehofft, dass das verdammte Telefon klingelt und du dran bist, obwohl ich nicht mehr damit gerechnet habe.« Sie stockte. »Wie … wie geht’s deinem Gedächtnis, inzwischen? Wie viel weißt du?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagte ich. »Mehr als vorher, glaube ich. Aber an viel kann ich mich noch immer nicht erinnern.« Ich dachte an all die Dinge, die ich aufgeschrieben hatte, all die Bilder von mir und Claire. »Ich erinnere mich an eine Party«, sagte ich. »Ein Feuerwerk auf einem Dach. Du malst. Ich studiere. Aber danach eigentlich nichts mehr.«
    »Ah!«, sagte sie. »Die Nacht der Nächte! Mensch, ist das lange her! Da muss ich ja jede Menge Lücken bei dir füllen! Jede Menge.«
    Ich hätte gern gewusst, was sie meinte, fragte aber nicht nach. Das kann warten, dachte ich. Mir brannten wichtigere Dinge unter den Nägeln.
    »Bist du je weggezogen?«, sagte ich. »Ins Ausland?«
    Sie lachte. »Allerdings«, sagte sie. »Für knapp sechs Monate. Mit einem Typen, ist Jahre her. Es war ein einziges Desaster.«
    »Wohin?«, fragte ich. »Wohin seid ihr gezogen?«
    »Barcelona«, erwiderte sie. »Warum?«
    »Ach, nur so«, sagte ich. Ich fühlte mich verunsichert, schämte mich, solche Einzelheiten aus dem Leben meiner Freundin nicht zu kennen. »Mir hat bloß jemand erzählt, du wärst nach Neuseeland gegangen. Muss wohl ein Irrtum gewesen sein.«
    »Neuseeland?«, sagte sie lachend. »Nein. Da war ich noch nie. Niemals.«
    Dann war also auch das eine von Bens Lügen. Ich wusste noch immer nicht, konnte mir keinen Grund denken, warum er es für nötig erachten sollte, Claire so komplett aus meinem Leben auszuschließen. Ging es dabei wieder um mein Wohl, so wie bei all seinen anderen Lügen und Unterschlagungen?
    Auch das werde ich ihn fragen müssen, wenn wir das Gespräch führen, das jetzt dringender denn je geworden ist. Wenn ich ihm erzähle, was ich alles weiß und woher.
     
    Wir unterhielten uns noch eine Weile, das Gespräch durchsetzt von längeren Pausen und hektischen Wortschwallen. Claire erzählte mir, dass sie verheiratet gewesen war und jetzt mit Roger zusammenlebte. »Er ist an der Uni«, sagte sie. »Psychologe. Der Kerl will, dass ich ihn heirate, was ich so bald bestimmt nicht tue. Aber ich liebe ihn.«
    Es war schön, mit ihr zu reden, ihre Stimme zu hören. Es war irgendwie locker, vertraut. Fast wie nach Hause kommen. Sie verlangte wenig, schien zu verstehen, dass ich wenig zu geben hatte. Schließlich stockte sie, und ich dachte schon, sie wollte das Telefonat beenden. Mir fiel auf, dass weder sie noch ich Adam erwähnt hatte.
    »Also«, sagte sie stattdessen. »Erzähl mir von Ben. Wie lange seid ihr, na ja …«
    »Wieder zusammen?«, sagte ich. »Ich weiß es nicht. Ich hab nicht mal gewusst, dass wir je getrennt waren.«
    »Ich hab versucht, ihn anzurufen«, sagte sie. Ich

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