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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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mich an keinen Moment mit Ben erinnern außer heute Morgen, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe. Mein Kopf fühlt sich vollkommen leer an.
    Ich schließe die Augen, versuche, mich auf etwas zu konzentrieren. Irgendetwas. Gestern. Letztes Weihnachten. Irgendein Weihnachten. Meine Hochzeit. Da ist nichts.
    Ich stehe auf. Ich gehe durchs Haus, von Zimmer zu Zimmer. Langsam. Ziellos, wie ein Gespenst. Ich lasse meine Hand an den Wänden entlanggleiten, über Tische und Möbel, ohne jedoch etwas richtig zu berühren.
Wie bin ich hier gelandet?
, denke ich. Ich sehe mir die Teppiche an, die gemusterten Läufer, die Porzellanfigürchen auf dem Kaminsims und die Zierteller auf den Regalen im Esszimmer. Ich versuche, mir einzureden, dass das mir gehört. Alles mir gehört. Mein Zuhause, mein Mann, mein Leben. Aber diese Dinge gehören nicht zu mir. Sie sind nicht Teil von mir. Im Schlafzimmer öffne ich die Kleiderschranktür und sehe Reihen von Kleidungsstücken, die ich nicht kenne, ordentlich aufgehängt, wie leere Versionen einer Frau, der ich nie begegnet bin. Einer Frau, durch deren Haus ich wandere, deren Seife und Shampoo ich benutzt habe, deren Morgenmantel ich ausgezogen habe und deren Hausschuhe ich trage. Sie bleibt mir verborgen, eine geisterhafte Präsenz, distanziert und unberührbar. Heute Morgen habe ich mit schlechtem Gewissen meine Unterwäsche ausgewählt, habe zwischen Slips, Socken und Strumpfhosen gekramt, als hätte ich Angst, ertappt zu werden. Ich hielt die Luft an, als ich ganz hinten in der Schublade Dessous aus Seide und Spitze fand, die eindeutig nicht nur getragen, sondern auch gesehen werden sollen. Ich sortierte alles wieder genauso, wie ich es vorgefunden hatte, nahm nur einen blassblauen Slip heraus, zu dem es einen ähnlichfarbigen BH gab, und zog beides an, ehe ich dicke Socken überstreifte, dann eine Hose und eine Bluse.
    Ich setzte mich an den Frisiertisch und musterte mein Gesicht im Spiegel, näherte mich vorsichtig meinem Bild an. Ich strich über die Linien auf meiner Stirn, die Hautfalten unter den Augen. Ich lächelte und betrachtete meine Zähne, die Fältchen, die sich um die Mundwinkel zusammenzogen, die Krähenfüße, die sichtbar wurden. Ich bemerkte Flecken auf meiner Haut, eine Verfärbung auf der Stirn, die aussah wie ein nicht ganz verblasster Bluterguss. Ich sah mich nach Make-up um und schminkte mich ein bisschen. Ein wenig Puder, ein Hauch Rouge. Ich stellte mir eine Frau vor – meine Mutter, wie mir nun klar ist –, die dasselbe tat und es ihre
Kriegsbemalung
nannte, und heute Morgen, als ich meinen Lippenstift mit einem Kosmetiktuch betupfte und den Lidstrich noch einmal nachzog, schien das Wort genau passend. Ich hatte das Gefühl, als würde ich in einen Kampf ziehen oder als würde ein Kampf auf mich zukommen.
    Mich zur Schule schicken. Make-up auflegen. Ich versuchte, mir meine Mutter vorzustellen, wie sie etwas anderes tat. Irgendetwas. Vergeblich. Ich sah nur konturlose riesige Lücken zwischen winzigen Inseln der Erinnerung, Jahre der Leere.
    Jetzt bin ich in der Küche und öffne Schränke: Nudeltüten, Reispackungen mit der Aufschrift
Arborio
, Dosen mit Kidneybohnen. Ich erkenne diese Nahrungsmittel nicht. Ich erinnere mich, Käse auf Toast gegessen zu haben, Fisch aus dem Kochbeutel, Sandwichs mit Corned Beef. Ich nehme eine Dose heraus, auf der
Kichererbsen
steht, ein Beutelchen mit etwas, das
Couscous
heißt. Ich weiß nicht, was diese Dinge sind, und erst recht nicht, wie man sie kocht. Wie überlebe ich denn dann, als Ehefrau?
    Ich sehe zu der Wischtafel hoch, die Ben mir gezeigt hat, bevor er ging. Sie hat eine schmutziggraue Farbe, Worte sind daraufgeschrieben und weggewischt worden, ersetzt, verbessert, und jedes hat einen schwachen Rückstand hinterlassen. Ich frage mich, was ich wohl finden würde, wenn ich in der Zeit zurückgehen und die Schichten entziffern könnte, ob es möglich wäre, auf diese Weise in meine Vergangenheit einzutauchen, doch mir wird klar, dass es zwecklos wäre, selbst wenn es mir gelänge. Ich bin sicher, dass ich lediglich Botschaften und Listen finden würde, einzukaufende Lebensmittel, zu verrichtende Aufgaben.
    Ist das wirklich mein Leben?
, denke ich.
Ist das alles, was ich bin?
Ich nehme den Stift und schreibe eine weitere Notiz auf die Tafel.
Für heute Abend packen?
, lautet sie. Nichts Weltbewegendes, aber von mir.
    Ich höre ein Geräusch. Eine Melodie, die aus meiner Handtasche kommt. Ich öffne sie und

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